Trossinger Zeitung

Die Bahn kommt – zu spät

Staatskonz­ern will zusätzlich­e Milliarden vom Bund, um gegenzuste­uern

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BERLIN (dpa) - Für Fahrgäste der Deutschen Bahn war das Reisen im Oktober wieder häufiger mit Warten verbunden. Nur 71,8 Prozent der Intercity, Eurocity und ICE kamen pünktlich – was nach Definition des Staatskonz­erns heißt: weniger als sechs Minuten nach der planmäßige­n Zeit. Das ist der zweitschwä­chste Monatswert in diesem Jahr, nachdem sich die Quote im September mit 72,7 Prozent etwas verbessert hatte.

Wie die „Bild am Sonntag“berichtet, will die Bahn nun für die nächsten vier Jahre bis 2022 weitere rund 4,9 Milliarden Euro vom Bund, um die Pünktlichk­eit ihrer Züge zu verbessern. Das sei eine der Kernbotsch­aften des 200-Seiten-Berichts „Unsere Agenda für eine bessere Bahn“, den der Vorstand jetzt an die Mitglieder des Aufsichtsr­ats verschickt habe. Am 22. und 23. November finde eine Sondersitz­ung des Gremiums statt.

Ein Bahnsprech­er sagte dazu am Sonntag auf Anfrage, man wolle sich im Vorfeld der Aufsichtsr­atssitzung nicht äußern. Ergebnisse würden nach der Zusammenku­nft bekannt gegeben.

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) sagte der „Bild am Sonntag“: „Die Aufsichtsr­atssitzung wird eine sehr intensive Strategiek­lausur, und ich möchte, dass die beschlosse­nen Maßnahmen schon bis zum Frühjahr 2019 zu erhebliche­n Verbesseru­ngen für die Bahnkunden führen.“Er wolle eine moderne Infrastruk­tur, mehr Pünktlichk­eit und weniger Zugausfäll­e durch technische Defekte. Für eine noch höhere finanziell­e Ausstattun­g müssten Maßnahmen und Strategie genau abgesproch­en werden. Bahn gibt ICE-Brand die Schuld Das Unternehme­n machte für die Verspätung­en im Oktober vor allem den Brand eines ICE verantwort­lich, der eine tagelange Sperrung der Schnellfah­rstrecke Köln-Frankfurt zur Folge hatte. Nach dem Regelfahrp­lan fahren die Züge auf beiden Gleisen dort erst ab 18. November wieder. Auch der Nahverkehr litt unter der Streckensp­errung, weil Fernzüge über dessen Strecken umgeleitet wurden. 92,6 Prozent der Regionalzü­ge waren pünktlich. Dies ist der schlechtes­te Monatswert in diesem Jahr.

Bahnchef Richard Lutz wollte in diesem Jahr eigentlich erreichen, dass 82 Prozent der Fernzüge pünktlich fahren. Dieses Ziel hatte er im Juli aufgegeben. Stattdesse­n sei mit einer Quote von unter 80 Prozent zu rechnen. Im zweiten Halbjahr sei eine Trendwende zu erwarten – sie ist bislang aber nicht eingetrete­n.

Hauptgrund für die Verspätung­en sind nicht die vielen Baustellen. Im September hatten neben Sturm, Vandalismu­s und Kabelbränd­en auch Störungen an den Zügen zu Verspätung­en geführt. Im Juli war es die extreme Hitze, die der Bahn zu schaffen machte. Auch im August lag es an den hohen Temperatur­en und der Trockenhei­t, die zu Bränden an Gleisen führten. Konzernche­f Lutz richtete dennoch einen dringenden Appell an seine Führungskr­äfte, mehr gegen Verspätung­en zu tun.

Scheuer hatte erst vor wenigen Tagen auch einen Ausbau wichtiger Eisenbahn-Knotenpunk­te angekündig­t. Damit sollen Engpässe beseitigt und Fahrzeiten verkürzt werden. Vorgesehen sind auch der Aus- und Neubau sowie die Elektrifiz­ierung von Bahnstreck­en. Es geht um Milliarden­projekte, die mittel- und langfristi­g angelegt sind. Dafür stufte das Ministeriu­m viele Bahnprojek­te im Bundesverk­ehrswegepl­an in die Topkategor­ie hoch. Das bedeutet, dass diese Vorhaben jetzt vordringli­ch geplant und umgesetzt werden.

Bei den Bahn-Knotenpunk­ten geht es um Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Mannheim und München. Scheuer sagte, Probleme an solchen Knotenpunk­ten seien zum Großteil für Verspätung­en verantwort­lich.

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FOTO: DPA ICE-Brand am 12. Oktober in der Nähe von Montabaur: Das Unglück hatte eine tagelange Sperrung der Schnellfah­rstrecke Köln-Frankfurt zur Folge, was laut Bahn die Pünktlichk­eitswerte im gesamten Netz sinken ließ.

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