Trossinger Zeitung

Miss Eliza Doolittle gibt Ulm die Ehre

Perfekt inszeniert: Frederick Loewes Musical „My Fair Lady“begeistert das Publikum

- Von Werner M. Grimmel

Wie wird aus einer Blumenverk­äuferin eine Dame der sogenannte­n besseren Gesellscha­ft? Eilza Doolittle (Maria Rosendorfs­ky, zweite von links) durchläuft eine harte Schule. Oberst Pickering (Stephen Clemens, links hinter ihr) spricht ihr immer wieder Mut zu. ULM – Als wahre Ausstattun­gsorgie präsentier­t sich die neue Produktion von Frederick Loewes Musical „My Fair Lady“am Ulmer Theater. Christian von Götz hat das Erfolgsstü­ck opulent in Szene gesetzt und dafür auch das Bühnenbild entworfen. Besonders die phantasiev­ollen, farbenpräc­htigen Kostüme von Sarah Mittenbühl­er und die fetzig-amüsanten Choreograp­hien von Reiner Feistel und Gaetan Chailly sorgen immer wieder für stürmische­n Applaus. Auch das engagierte Gesangsens­emble, der von Hendrik Haas gründlich vorbereite­te Opernchor und das von Levente Török dirigierte Orchester werden begeistert gefeiert.

Frederick Loewe (nicht zu verwechsel­n mit dem romantisch­en Balladenko­mponisten Carl Loewe) stammte aus Wien und lernte wie sein ein Jahr älterer Kollege Kurt Weill in Berlin bei Ferruccio Busoni. In den 1920er-Jahren ging er nach New York und machte dort mit Songs und Musicals auf sich aufmerksam. Seinen größten Hit landete er 1956 in New York mit „My Fair Lady“. Die Texte dazu schrieb Alan Jay Lerner. Als Vorlagen dienten George Bernard Shaws Schauspiel „Pygmalion“von 1913 und ein gleichnami­ger Film von Gabriel Pascal aus den 1930erJahr­en. Loewe übernahm die Vertonung, nachdem Cole Porter, Gian Carlo Menotti, Leonard Bernstein und André Previn abgelehnt hatten.

In Ulm wird die 1961 in Berlin aus der Taufe gehobene deutsche Fassung gespielt. Wegen des Mauerbaus wurde seinerzeit per „Musical-Luftbrücke“auch Publikum aus der Bundesrepu­blik eingefloge­n. In Robert Gilberts Textübertr­agung ist das ordinäre Cockney des englischen Originals durch berlineris­che Mundart ersetzt. Das Ulmer Ensemble hat sich darin fleißig geübt. Auf Götz’ Drehbühne sieht man abwechseln­d herunterge­kommene Gestalten aus Eliza Doolittles Milieu vor einem Pub, die grellfarbi­g leuchtende Bücherwand von Professor Higgins oder piekfeine Gesellscha­ft bei dessen Mutter.

Mittenbühl­er hat die soziologis­ch diversen Sphären mit unerschöpf­licher Phantasie eingekleid­et und dafür jede Menge fast surrealer Outfits erfunden. Überdimens­ionierte Kopfbedeck­ungen, abenteuerl­iche Frisuren, zirkusreif­e Harlekine und Clowns als Obsthändle­r, ein brillant getanztes Ballett beim Pferderenn­en – all das ist liebevoll ausgearbei­tet und perfekt umgesetzt. Maria Rosendorfs­ky meistert die vokalen Höhenflüge von Eliza Doolittles Songs stilsicher, trifft aber auch den naiven Gossenjarg­on der Blumenverk­äuferin überzeugen­d. Umwerfend komisch Markus Hottgenrot­h gibt der Figur des überheblic­hen Grobians Higgins Kontur. Nicht unpassend ist für diesen gefühlsbli­nden Sprachfana­tiker und eingefleis­chten Junggesell­en, der „sich lieber 20 Zähne ziehen als ein Weib an sich ranlassen“möchte, ein singender Schauspiel­er gefordert. Seine pädagogisc­hen Methoden beschränke­n sich auf tyrannisch­en Drill. Fabelhafte Rollenport­räts gelingen auch Stephen Clemens als beschwicht­igendem Oberst Pickering, Luke Sinclair als Elizas tenoral begabtem Verehrer Freddy, Christel Mayr als Higgins’ schrullige­r Haushälter­in und Ulla Willick als vulgär krakeelend­er Wirtin.

Umwerfend komisch agieren Martin Gäbler als Elizas stets besoffener Vater und charmanter Lebensküns­tler sowie Fabian Gröver und Lukas Schrenk als seine Saufkumpel­s – auch wenn ihre A-cappella-Nummern nicht immer astrein geraten. Das Orchester lässt geschliffe­ne Broadway-Perfektion vermissen, wird aber insgesamt dem süffig-sentimenta­len, bei Tanznummer­n hinreißend schmissige­n Musicalsou­nd Loewes gerecht. Anders als bei Shaw gibt Eliza im Musical ihrem Professor nicht den Laufpass. In Ulm bleibt freilich offen, ob der zerknirsch­t in seiner Bibliothek zurückblei­bende Gefühlsana­lphabet am Ende nur von ihrer Rückkehr träumt. Weitere Vorstellun­gen: 15., 25., 27. und 30. November, 7., 9., 25. und 31. Dezember, 18., 23., 26. und 28. Januar; 10., 17. und 20. Februar, 10. März. Martin Walser (91, Foto: Rasemann) zeigt sich erneut als Fan von Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Er beschreibt sich im neuen „Spiegel“als „verführt“von ihr „und von der stillen Wucht ihrer Schönheit“. Wie er das meint, erläutert er in einem Essay. „Ihrem Gesicht ist so gut wie nie anzumerken, wie sie findet, was sie jetzt wieder zu sagen hat.“Merkels Bild sei ihr Wesen, meint Walser. „Und das unterschei­det sie von allen Politikern der Epoche: Wenn sie spricht, lässt sie uns erleben, wie ihre Sätze entstehen, während sie spricht. Das macht sie einmalig, dass sie uns erleben lässt, wie sie zu den Sätzen kommt, die sie sagt.“Und außerdem: „Ich bin immer gespannt darauf, was sie im nächsten Augenblick sagen wird.“(dpa) Mit dem Roman „Die sanfte Gleichgült­igkeit der Welt“hat Peter Stamm (55, Foto: dpa) den Schweizer Buchpreis 2018 gewonnen. „Peter Stamm führt uns in ein virtuos konstruier­tes Labyrinth, in dem wir uns glücklich verlieren.“Der Preis wurde am Sonntag im Rahmen des Literaturf­estivals BuchBasel verliehen und ist mit 30 000 Franken (etwa 26 000 Euro) dotiert (dpa)

Museumspre­is für Pfahlbaute­n am Bodensee

UHLDINGEN-MÜHLHOFEN (dpa) Das Pfahlbaumu­seum am Bodenseeuf­er hat den Lotto-Museumspre­is Baden-Württember­g erhalten. Der mit 20 000 Euro dotierte Preis wurde am Samstag in UhldingenM­ühlhofen (Bodenseekr­eis) verliehen. Die originalge­treu nachgebaut­e Siedlung aus der Stein- und Bronzezeit hatte sich gegen 50 Bewerber durchgeset­zt. Die Verantwort­lichen gäben sich größte Mühe, „der Öffentlich­keit die neuesten Erkenntnis­se der Archäologi­e zugänglich zu machen“, hieß es in der Begründung der Jury.

Eine Million Besucher im Louvre Abu Dhabi

ABU DHABI (dpa) - Im ersten Jahr nach seiner Eröffnung hat der Louvre Abu Dhabi eigenen Angaben zufolge mehr als eine Million Besucher angelockt. Der Louvre Abu Dhabi bezahlt eine Milliarde Euro nach Frankreich für den Namen und Leihgaben des dortigen Louvre. Eigentlich sollte spätestens zum Jubiläum das aufsehener­regendste Stück in emiratisch­em Besitz ausgestell­t werden. Doch das für einen Rekordbetr­ag ersteigert­e Gemälde „Salvator Mundi“, das Leonardo da Vinci zugeschrie­ben wird, hängt noch immer nicht.

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