Der Chip-Banker Als Paar nicht doppelt für Versicherungen zahlen
Sparer vertrauen ihr Geld immer öfter Robotern an – Die automatisierte Anlage ist günstig, aber umstritten
SCHONDORF - Nicht nur Autos agieren autonom, auch die Geldanlage macht sich selbstständig. Sogenannte Robo-Advisor legen Spargelder computergesteuert an, der Mensch überwacht nur die Programme. Die digitale Geldanlage verspricht überdurchschnittliche Gewinne bei geringen Kosten und kalkulierbarem Risiko. Anlegern gefällt die Technik, sie haben bereits mehr als zwei Milliarden Euro bei digitalen Vermögensverwaltern in Deutschland angelegt. Wo liegen die Stärken und Schwächen?
Funktionsweise: Robo-Advisor treffen nach vorgegebenen Algorithmen automatisch Anlageentscheidungen. Dazu erfasst das Programm Parameter wie Anlagewunsch, Wertpapierkenntnisse, Renditeziel und Risikobereitschaft des Anlegers. Aus den Daten erstellt die Software ein Anlegerprofil und schlägt eine Sparstrategie samt Wertpapierportfolio vor. Je nach gewählter Strategie fließt das Geld in ETFs, klassische Fonds oder Einzeltitel. Um Kursschwankungen auszugleichen, sollte das Geld langfristig angelegt sein. Damit Strategie und Rendite auf Kurs bleiben, schichtet der RoboAdvisor eigenständig Wertpapiere um. In Einzelfällen geschieht die Steuerung von Hand, etwa beim Programm „Liqid Select“. „Manche Kunden schlafen ruhiger, wenn sie wissen, dass im Hintergrund Experten ihr Geld überwachen und auf Marktentwicklungen aktiv reagieren“, begründet Liqid-Chef Kim Felix Fromm das Angebot. Die Berliner haben mit „Liqid Global“aber auch eine passive Variante im Angebot.
Vorteile: Robo-Advisor sind sowohl für Kleinanleger als auch für ältere Sparer mit größerem Vermögen geeignet. Viele Anbieter starten ab Einzahlungen von 500 oder 1000 Euro, manche verlangen 5000 oder 10 000 Euro. Auch Sparpläne ab 50 Euro oder weniger sind möglich. Der Einsatz passiv gesteuerter Indexfonds (ETFs) ermöglicht geringe Kosten. „Die Anlagekosten sind ein enorm wichtiger Aspekt beim Vermögensaufbau“, betont Erik Podzu- weit, Geschäftsführer und Mitgründer des Marktführers Scalable Capital, der auch mit der ING-Diba kooperiert. Denn bereits minimale Kostenunterschiede können langfristig den Erfolg der Geldanlage immens beeinflussen. Viele Robo-Advisor kosten weniger als ein Prozent des Depotvolumens pro Jahr. Vermögensverwaltung, Transaktionskosten, Konto- und Depotführung inklusive. Quirion, der Robo-Advisor der Quirin Bank, berechnet für die ersten 10 000 Euro keine Gebühren, für jeden überzähligen Euro fallen dann im Basispaket 0,48 Prozent an. Preiswert ist auch Anbieter Liqid aus dem Hause HQ Trust, wo Anleger allerdings erst ab 100 000 Euro einsteigen können. Für die ETF-basierte Variante „Liqid Global“fallen 0,5 Prozent pro Jahr an, ab fünf Millionen Euro sind es nur noch 0,25 Prozent pro Jahr. Bei Scalable Capital zahlen Anleger durchgängig 0,75 Prozent Servicegebühr. Robin, der Robo-Advisor der Deutschen Bank, erhebt bis 25 000 Euro Anlagevolumen 1,0 Prozent, ab 50 000 Euro sind es 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Die klassische Vermögensverwaltung bei Banken kostet doppelt bis dreimal so viel.
Rendite: Die Renditen vieler Robo-Advisor können sich sehen lassen. Im Performance-Vergleich von biallo.de erzielte Anbieter Fintego per Stichtag 30. September bei offensiver Anlagestrategie gut 24 Prozent Rendite auf Zweijahressicht (vor Verwaltungsgebühr), Truevest und Whitebox schafften jeweils gut 21 Prozent. Bei ausgewogener Strategie belegt Truevest mit rund 16 Prozent den ersten Platz, dahinter folgen Fintego, Ginmon und Quirion mit jeweils knapp elf Prozent Rendite.
Kritik: Da Robo-Advisor nicht persönlich beraten, können unerfahrene Anleger die Anlageempfehlungen oft nur schwer beurteilen. „Ein Computerprogramm ersetzt keine individuelle Beratung“, sagt Tom Friess vom VZ Vermögenszentrum. Gerade bei umfangreichen Vermögen sei dies aber unerlässlich, denn die Roboter kümmern sich nur um Geldanlagen, Vermögenswerte wie Betongold oder Firmenbeteiligungen würden nicht erfasst. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale BadenWürttemberg kritisiert die unzureichende Überwachung der Algorithmen durch die Aufsichtsbehörde Bafin. Anlagestrategien, für die es keine wissenschaftliche Grundlage gebe, dürften nicht zugelassen werden. Seine Empfehlung: Anteile eines ETF auf den MSCI All Country World Index ins Depot legen – das reiche aus.