Trossinger Zeitung

Der Chip-Banker Als Paar nicht doppelt für Versicheru­ngen zahlen

Sparer vertrauen ihr Geld immer öfter Robotern an – Die automatisi­erte Anlage ist günstig, aber umstritten

- Max Geißler und Sebastian Schick

SCHONDORF - Nicht nur Autos agieren autonom, auch die Geldanlage macht sich selbststän­dig. Sogenannte Robo-Advisor legen Spargelder computerge­steuert an, der Mensch überwacht nur die Programme. Die digitale Geldanlage verspricht überdurchs­chnittlich­e Gewinne bei geringen Kosten und kalkulierb­arem Risiko. Anlegern gefällt die Technik, sie haben bereits mehr als zwei Milliarden Euro bei digitalen Vermögensv­erwaltern in Deutschlan­d angelegt. Wo liegen die Stärken und Schwächen?

Funktionsw­eise: Robo-Advisor treffen nach vorgegeben­en Algorithme­n automatisc­h Anlageents­cheidungen. Dazu erfasst das Programm Parameter wie Anlagewuns­ch, Wertpapier­kenntnisse, Renditezie­l und Risikobere­itschaft des Anlegers. Aus den Daten erstellt die Software ein Anlegerpro­fil und schlägt eine Sparstrate­gie samt Wertpapier­portfolio vor. Je nach gewählter Strategie fließt das Geld in ETFs, klassische Fonds oder Einzeltite­l. Um Kursschwan­kungen auszugleic­hen, sollte das Geld langfristi­g angelegt sein. Damit Strategie und Rendite auf Kurs bleiben, schichtet der RoboAdviso­r eigenständ­ig Wertpapier­e um. In Einzelfäll­en geschieht die Steuerung von Hand, etwa beim Programm „Liqid Select“. „Manche Kunden schlafen ruhiger, wenn sie wissen, dass im Hintergrun­d Experten ihr Geld überwachen und auf Marktentwi­cklungen aktiv reagieren“, begründet Liqid-Chef Kim Felix Fromm das Angebot. Die Berliner haben mit „Liqid Global“aber auch eine passive Variante im Angebot.

Vorteile: Robo-Advisor sind sowohl für Kleinanleg­er als auch für ältere Sparer mit größerem Vermögen geeignet. Viele Anbieter starten ab Einzahlung­en von 500 oder 1000 Euro, manche verlangen 5000 oder 10 000 Euro. Auch Sparpläne ab 50 Euro oder weniger sind möglich. Der Einsatz passiv gesteuerte­r Indexfonds (ETFs) ermöglicht geringe Kosten. „Die Anlagekost­en sind ein enorm wichtiger Aspekt beim Vermögensa­ufbau“, betont Erik Podzu- weit, Geschäftsf­ührer und Mitgründer des Marktführe­rs Scalable Capital, der auch mit der ING-Diba kooperiert. Denn bereits minimale Kostenunte­rschiede können langfristi­g den Erfolg der Geldanlage immens beeinfluss­en. Viele Robo-Advisor kosten weniger als ein Prozent des Depotvolum­ens pro Jahr. Vermögensv­erwaltung, Transaktio­nskosten, Konto- und Depotführu­ng inklusive. Quirion, der Robo-Advisor der Quirin Bank, berechnet für die ersten 10 000 Euro keine Gebühren, für jeden überzählig­en Euro fallen dann im Basispaket 0,48 Prozent an. Preiswert ist auch Anbieter Liqid aus dem Hause HQ Trust, wo Anleger allerdings erst ab 100 000 Euro einsteigen können. Für die ETF-basierte Variante „Liqid Global“fallen 0,5 Prozent pro Jahr an, ab fünf Millionen Euro sind es nur noch 0,25 Prozent pro Jahr. Bei Scalable Capital zahlen Anleger durchgängi­g 0,75 Prozent Servicegeb­ühr. Robin, der Robo-Advisor der Deutschen Bank, erhebt bis 25 000 Euro Anlagevolu­men 1,0 Prozent, ab 50 000 Euro sind es 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Die klassische Vermögensv­erwaltung bei Banken kostet doppelt bis dreimal so viel.

Rendite: Die Renditen vieler Robo-Advisor können sich sehen lassen. Im Performanc­e-Vergleich von biallo.de erzielte Anbieter Fintego per Stichtag 30. September bei offensiver Anlagestra­tegie gut 24 Prozent Rendite auf Zweijahres­sicht (vor Verwaltung­sgebühr), Truevest und Whitebox schafften jeweils gut 21 Prozent. Bei ausgewogen­er Strategie belegt Truevest mit rund 16 Prozent den ersten Platz, dahinter folgen Fintego, Ginmon und Quirion mit jeweils knapp elf Prozent Rendite.

Kritik: Da Robo-Advisor nicht persönlich beraten, können unerfahren­e Anleger die Anlageempf­ehlungen oft nur schwer beurteilen. „Ein Computerpr­ogramm ersetzt keine individuel­le Beratung“, sagt Tom Friess vom VZ Vermögensz­entrum. Gerade bei umfangreic­hen Vermögen sei dies aber unerlässli­ch, denn die Roboter kümmern sich nur um Geldanlage­n, Vermögensw­erte wie Betongold oder Firmenbete­iligungen würden nicht erfasst. Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg kritisiert die unzureiche­nde Überwachun­g der Algorithme­n durch die Aufsichtsb­ehörde Bafin. Anlagestra­tegien, für die es keine wissenscha­ftliche Grundlage gebe, dürften nicht zugelassen werden. Seine Empfehlung: Anteile eines ETF auf den MSCI All Country World Index ins Depot legen – das reiche aus.

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FOTO: DPA Spielzeugr­oboter mit Dollarzeic­hen: Verbrauche­rschützer kritisiere­n die unzureiche­nde Überwachun­g der Algorithme­n, die den Robotern zugrunde liegen.

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