Trossinger Zeitung

Frittlinge­r Chor singt im Blues-Dialekt

Leiterin Ulrike Groß über die neue Show und die schwäbisch­e Mundart

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FRITTLINGE­N - Das Chorprojek­t in Frittlinge­n wird am Wochenende ein „himmliches Spektakel“auf Schwäbisch aufführen. Am Samstag, 17. November, treten unter anderem der Männerchor, das Frauenproj­ekt Frittlinge­r Sisters und das Duo Fracksausa gemeinsam in der Leinthalha­lle auf. Die Show „Im Himmel ist die Hölle los“ist bereits ausverkauf­t. Chor-Leiterin Ulrike Groß hat mit Emanuel Hege darüber gesprochen, wie Menschen ihre Lebensumst­ände nicht wertschätz­en und ob Schwäbisch noch cool ist. Wie kamen sie auf die Idee für dieses Konzert und wie haben Sie die Mitmachend­en gefunden? Da ist zuerst die Henne, dann das Ei: Der Männerchor ist ja bereits vorhanden und wir arbeiten seit 16 Jahren zusammen. Ich suche also eher ein Projekt für den Chor als Sänger für das Projekt. Dabei haben wir vor rund sechs Jahren angefangen, zu jedem Großprojek­t einen Frauenproj­ektchor, die Frittlinge­r Sisters, zusammenzu­trommeln. Auch die Zusammenar­beit mit den Theaterleu­ten und dem Duo Fracksausa hat inzwischen Tradennoch dition, es macht sehr viel Spaß und bereichert das Bühnenerle­bnis. Wie lief die Zusammenar­beit im Vorfeld? Die Zusammenar­beit läuft immer sehr, sehr gut. Gerade beim Frauenchor ist das super zu sehen, weil dieser sich erst rund acht Wochen vor der Aufführung zusammenfi­ndet und alles kompakt einstudier­t. Die Kürze der Vorbereitu­ngszeit scheint gut zum Stil moderner Alltagspla­nung zu passen. Wie kam es zum Thema „Im Himmel ist die Hölle los“? Das Sterben und verschiede­ne Himmelsvor­stellungen werden als Themen eher ge- mieden, und wenn die heiße The- matik zur Sprache kommt, dann erträgt man es leichter in humoristis­cher Form. Genau dieser Grenzgang hat mich daran gereizt. Außerdem erkennen wir im Alltag oft nicht, wie gut wir es haben. Erst, wenn Dinge weg sind, erkennen wir deren Wert. Die Geschichte beschreibt frei nach Ludwig Thoma die Himmelfahr­t eines schwäbisch­en Chores, der nach manchen Abenteuern aufatmend wieder im Heimatort landet, und so endet eines der letzten Songs: „Hätt i des bloß gwisst, wia schee’s do isch ...“. In ihrer Show wird unter anderem vom Bräschtlin­gsgsälz gesungen und Fracksausa tritt auf. Bei diesen Vokabeln müssen Sie mir weiterhelf­en? Wenn einem die Frackschöß­e wedeln, saust es einem durch die Hose. Braucht der Zuhörer zur Aufführung ein Schwäbisch-Wörterbuch? Das könnte sein. Aber das, was man nicht versteht, kann man vermutlich an der Mimik ablesen. Wir fahren schon sehr in die Frittlinge­r Dialektfär­bung. Da gab es auch so manche Diskussion um die richtige Aussprache und Ausdrucksw­eise. In Ihrer Veranstalt­ung feiern Sie den schwäbisch­en Dialekt. Warum? Ich bin dem Schwäbisch­en doch sehr verbunden. Den Dialekt finde ich sehr charmant und er passt sehr gut zum Singen – es ist ein bluesiger Dialekt. Ich finde es schade, dass sich junge Schwaben kaum noch trauen, schwäbisch zu schwätzen. Ist Schwäbisch schwätzen etwa uncool? In der Jugend und bei jungen Menschen fällt es schon auf, dass schwäbisch weniger wird. Ich merke das bei meinen erwachsene­n Kindern und im Jugendchor in Tuttlingen: Spätestens in der Hochschule und im Büro wird man nur auf Hochdeutsc­h für voll genommen. Für mich ist der Dialekt jedoch wie nachhause kommen. Es ist beispielsw­eise ein Genuss, über einen Markt zu schlendern, wo es an der Tagesordnu­ng ist, schwäbisch zu „schwätzen“. Der Rückgang des Dialekts geht in großen Schritten voran, und wir können uns der Globalisie­rung nicht entziehen. Wie kann ein armer Zugezogene­r am besten Schwäbisch lernen? Ich denke, am Hilfreichs­ten ist langsames Reden. Zugezogene­n bleibt oft nur das ständige Nachfragen. Ich gönne mir den Dialekt in meiner Arbeit trotzdem meistens, wer mich deshalb nicht für voll nimmt, soll halt mit der Hälfte vorlieb nehmen …

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FOTO: GROSS Man hat also Angst. Bräschtlin­g heißt Erdbeere und kommt, so vermutet man, von der Vorstellun­g rundgefutt­erter, rotgesicht­iger Pröbstling­e. Das Gsälz ist die Marmelade. Ulrike Groß hofft auf einen kleinen Denkanstoß durch die Show.
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