Trossinger Zeitung

Zweifel und Sorgen bleiben

- Von Lothar Häring

Die schwierigs­te Aufgabe in diesem Verfahren um Drogen, Drogenband­en, Hintermänn­er und Kleindeale­r obliege der Staatsanwa­ltschaft, befand einer der Verteidige­r. Mag sein, bei sieben sehr unterschie­dlichen Angeklagte­n und technisch wie rechtlich anspruchsv­ollen Ermittlung­en.

Vielleicht aber hatte doch die 1. Große Strafkamme­r den schwierigs­ten Part. Oft war von „gerechten Binnenstra­fen“die Rede, gefordert von den Verteidige­rn. Will heißen: Die einzelnen Angeklagte­n sollen sowohl nach ihren Taten als auch im Verhältnis zu den Taten der Mitangekla­gten verurteilt werden. Karlheinz Münzer, der Vorsitzend­e Richter, erklärte zwar in seiner Urteilsbeg­ründung, das sei nur schwer möglich, weil die Taten auch zu anderen ähnlichen Verfahren ins Verhältnis gesetzt werden müssten. Trotzdem kann man dem Gericht bescheinig­en, dass der Spagat ziemlich gut gelungen ist.

Ein Fall gibt Zweifel auf: Münzer erklärte, es gebe für das Gericht „keine Zweifel“, dass der 24-jährige Albaner der Haupttäter sei. Das kann man so sehen. Man kann aber auch zum Ergebnis kommen, dass der 43jährige Türke der Haupttäter ist. Für beide Versionen gibt es Indizien, aber weder für die eine noch die andere Beweise. Insofern kam die Formulieru­ng „keine Zweifel“für Außenstehe­nde überrasche­nd. Dem Türken kam offenbar zugute, dass er schon in einem frühen Stadium ausgepackt hatte, auch wenn sein „Geständnis“nicht in allen Punkten der Wahrheit entsproche­n haben mag.

Das eigentlich Erschrecke­nde an diesem Prozess aber war die Erkenntnis, mit welcher Selbstvers­tändlichke­it 15-Jährige auf dem flachen Land mit Drogen umgehen. Und immer wieder wurde deutlich, wo letztlich die Ursache liegt: in sorglosnai­ven, überforder­ten oder zerrüttete­n Elternhäus­ern. Eine Erkenntnis, die letztlich ratlos macht.

Kaum weniger Anlass zur Sorge liefert die Tatsache, dass Asylbewerb­erunterkün­fte, wie hier in Möhringen, zu DrogenUmsc­hlagplätze­n und Flüchtling­e zu profession­ellen Dealern werden.

Das Beruhigend­e an diesem Verfahren ist, dass der Rechtsstaa­t funktionie­rt hat. Der Drogensump­f konnte durch den Einsatz verdeckter Ermittler ausgetrock­net, die Täter konnten bestraft werden. Aber klar ist auch: Die Hintermänn­er machen ihre Geschäfte längst wieder an anderer Stelle. redaktion.tuttlingen@schwaebisc­he.de

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