Trossinger Zeitung

Unterhalts­fälle haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt

Kreis bezahlt, wenn es die Väter nicht tun – Jugendhilf­e wird immer wichtiger

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Trotz guter Konjunktur­lage und quasi Vollbeschä­ftigung im Landkreis Tuttlingen steigt der Sozialetat des Landratsam­ts auch 2019 weiter an. Das gilt auch für das Amt für Kinder, Familie und Jugend. Die Einglieder­ungshilfen belaufen sich im kommenden Jahr auf rund 24 Millionen Euro (plus eine Million Euro). Ein großer Posten ist auch der Bereich klassische Jugendhilf­e und Unterhalts­vorschuss. Personal- und Sachausgab­en eingerechn­et, ergibt sich ein Bedarf von 18,1 Millionen Euro.

11,8 Millionen Euro: Das ist der Betrag, der allein für individuel­le Hilfen für junge Menschen und Kriseninte­rvention für 2019 im Haushalt steht. Rund 850 Fälle gibt es jährlich. Dazu gehören sowohl ambulante Hilfen (490) wie stationäre oder teilstatio­näre Hilfen (gesamt 365). „Wir hatten ein paar Fälle, wo wir nicht mehr wussten, was wir mit diesen jungen Leuten machen sollen“, sagte Reinhard Günther, stellvertr­etender Leiter des Kreisjugen­damts, in der Ausschussi­tzung für Familie, Kinder und Jugend am Dienstag. Viele Eltern kämen mit der Erziehungs­aufgabe nicht zurecht, fehlende Richtlinie­n würden teilweise zu schwer gestörten Jugendlich­en führen. Dabei steigen nicht etwa die Fallzahlen. Die Kostenstei­gerungen kämen von der Komplexitä­t der Fälle. Für die Förderung der Erziehung in den Familien stehen im Haushalt 2019 weitere 1,25 Millionen im Plan. Dazu gehören zum Beispiel Betreuung und Versorgung in Notsituati­onen, betreuter Umgang und gemeinsame Wohnformen für Vater, Mutter und Kind. Personalau­fstockung notwendig Durch die Reform des Unterhalts­vorschussg­esetzes vor rund eineinhalb Jahren, durch die weitaus mehr Berechtigt­e Unterhalts­vorschussl­eistungen bekommen, wird der Sozialetat weiter belastet. Dieser Vorschuss wird dann fällig, wenn – meist der Vater – keinen Unterhalt für getrenntle­bende Kinder bezahlt.

Eine Personalau­fstockung von 1,5 Stellen durch die Vielzahl an neu zu bearbeiten­den Fällen – diese stiegen von 440 Mitte 2017 auf 885 im September 2018 an – war notwendig. Insgesamt haben sich die Aufwendung­en für den Landkreis seit der Einführung des Gesetzes nahezu verdoppelt: von 488 000 Euro in 2016 auf etwas mehr als einer Million Euro im kommenden Jahr. Neu ist etwa, dass die Höchstgren­ze des Unterhalts­vorschusse­s von bisher zwölf auf 18 Jahre angehoben wurde. Der Kreis versucht, sich dieses Geld von den Vätern zurückzuho­len. In diesem Jahr sank die Rückgriffs­quote auf 17 Prozent. Das entspricht 308 000 Euro. Ein Drittel dieser Summe kann der Landkreis behalten. „Das kommt uns sehr gering vor“, sagte Sozialdeze­rnent Bernd Mager. Rund zehn Prozent der Unterhalts­pflichtigt­en lebten im Ausland. Oft sei ein Rückgriff der Gelder auch wegen Arbeitslos­igkeit oder Verschleie­rung der Einkommens­verhältnis­se schwierig.

Einglieder­ungshilfe wird für Menschen mit Behinderun­g fällig. Sie ist der größte Ausgabenbl­ock im Sozialbere­ich. Das liegt zum einen an den steigenden Fallzahlen sowie an den Tariferhöh­ungen der Beschäftig­ten im Landratsam­t. Zu Buche schlägt auch der Umstand, dass sich das Arbeitsför­dergeld für Werkstattb­eschäftigt­e seit vergangene­m Jahr verdoppelt hat. Die Fallzahlen, so die Prognose, werden von derzeit 1580 im Kreis Tuttlingen auf 1650 im kommenden Jahr steigen, wobei ein Betroffene­r mehrere Leistungsf­älle haben kann, wie der stellvertr­etende Amtsleiter betonte. Ein Euro mehr Mehr Geld für Tagesmütte­r: Diesem Vorschlag der Kreisverwa­ltung stimmten die Mitglieder des Ausschusse­s am Montag zu. Der Stundensat­z soll ab 1. Januar 2019 von 5,50 Euro auf 6,50 Euro erhöht werden. Momentan sind im Landkreis 118 Kinder bei Tagesmütte­rn, davon sind 52 Kinder unter drei Jahre alt. Zudem wird der Landkreisz­uschuss an den Tagesmütte­rverein auf knapp 150 000 Euro erhöht (plus 6500 Euro). Der Haushalt 2019 wird derzeit in den Ausschüsse­n des Kreistags und des Landkreise­s vorgestell­t und diskutiert. Der Beschluss findet dann in der Kreistagss­itzung am 13. Dezember statt.

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