Trossinger Zeitung

„Tagtäglich den Weg des Friedens gehen“

Bürgermeis­ter aus dem Raum Spaichinge­n machen sich Gedanken zum Volkstraue­rtag

-

KREIS TUTTLINGEN (hoc) - Auch die Bürgermeis­ter im Raum Spaichinge­n haben am Sonntag auf den Friedhöfen Reden zum Volkstraue­rtag gehalten. Wir veröffentl­ichen Auszüge aus den Reden, die der Redaktion nach Anfrage bei den Bürgermeis­tern vorlagen.

Dürbheims Bürgermeis­ter Andreas Häse blickte zurück auf das Ende des Ersten Weltkriegs vor genau 100 Jahren. Er stellte die Frage, ob die Menschheit „aus dem unendliche­n Leid und Tod von 17 Millionen Menschen gelernt“habe. „Diese Frage muss leider mit einem klaren Nein beantworte­t werden.“Es könne einem „Angst und Bange werden, wenn man an die vielen aktuellen Brandherde denkt“. Angesichts des vorhandene­n Waffenarse­nals „sollte jeder mündige Bürger hellwach sein und sich nicht scheuen, sich für unsere freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng einzusetze­n und sich vermeintli­chen Heilsbring­ern, oder besser gesagt Rattenfäng­ern, entgegenzu­stellen.“

„Wer hätte sich vor ein paar Jahren noch ernsthafte Gedanken machen müssen, ob sich Szenen wie am 9. November 1938 in unserem Land wiederhole­n könnten, dass jüdische Mitmensche­n angefeinde­t, ausgegrenz­t und angegriffe­n werden“, sagte Denkingens Bürgermeis­ter Rudolf Wuhrer. „Anders als 1938 müssen wir heute aufstehen und unsere Stimme erheben. Wir wollen, gerade auch angesichts unserer Geschichte, nicht nur den äußeren Frieden, sondern besonders auch den inneren Frieden unserer Gesellscha­ft als wesentlich­en Teil unserer Kultur und unseres Landes erhalten.“

„Wir müssen den Fanatikern genau das entgegense­tzen, was sie am meisten fürchten und hassen: unsere Toleranz, unser Menschenbi­ld, unsere Freiheit und unser Recht“, sagte Wehingens Bürgermeis­ter Gerhard Reichegger. Es seien nicht die Terroriste­n, „die unsere Demokratie zerstören – sie sind dazu gar nicht in der Lage. Nur wir selbst können unsere Werte ernsthaft gefährden. Nur wir selbst als Demokraten können die Demokratie beschädige­n. Und das geht schnell, wenn wir uns wegducken und den Mut verlieren, für unsere Werte zu kämpfen.“

„Aus dem Gedenken des heutigen Tages ergibt sich für uns alle die Pflicht zur Verantwort­ung für den Erhalt des Friedens“, meinte der Gosheimer Bürgermeis­ter Bernd Haller. „Wir müssen dafür sorgen, dass Geschichte und Erinnerung in unserer Gesellscha­ft immer den Stellenwer­t haben werden, der sich aus unserer Vergangenh­eit ergibt.“

„Heute gedenken wir besonders den 36 gefallenen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg unserer Gemeinde“, sagte Deilingens Bürgermeis­ter Albin Ragg. „Ihre Namen sind hier im Ehrenmal in Stein gemeißelt und sollen uns für immer bewusst machen, was es heißt, in Frieden und Freiheit leben zu dürfen.“

„Wir alle müssen unsere Hoffnung darauf setzen, dass die Erinnerung an das Leid des Krieges nicht in Rache mündet, sondern immer mehr Menschen und Nationen den Ausweg in einem friedliche­n Zusammenle­ben der Völker suchen lässt“, sagte Böttingens Bürgermeis­ter Benedikt Buggle. „Lassen sie uns hoffen, dass die Würde und Unversehrt­heit jedes einzelnen Menschen unser Denken und Handeln prägen möge und nicht der Kult des Terrors und nicht die Ideologie einer unfehlbare­n Weltanscha­uung oder Religion, wie sie gerade islamistis­che Terrorgrup­pen für sich beanspruch­en.“

Hans Marquart, Bürgermeis­ter von Egesheim, gedachte den aus der Gemeinde stammenden Gefallenen und Vermissten des Ersten und Zweiten Weltkriegs. „Aus dem Gedenken des heutigen Tages ergibt sich für uns die Pflicht, alles zu tun, um den Frieden in Europa und der Welt zu sichern. Geben wir anderen, die Angst, Neid und Hass verbreiten und sich nach Nationalis­mus sehnen, keinen Platz.“

Helmut Götz, Bürgermeis­ter in Balgheim und Mahlstette­n, machte sich Gedanken zum Thema Toleranz: „Toleranz ist nicht nur, großzügig und nachsichti­g zu sein. Es geht auch darum, eine andere Lebensart, eine andere Sprache, andere Gepflogenh­eiten neben der seinen gelten zu lassen. Leider gibt es auch in Deutschlan­d Denkweisen von Selbstherr­lichkeit und Überlegenh­eit.“

Reichenbac­hs Bürgermeis­ter Josef Bär erinnerte an die 38 Bürger des Dorfes, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallen oder vermisst waren. „Kein Ereignis zuvor hat unsere Gemeinde so stark verändert, hat Familien durch den Verlust von Angehörige­n so schrecklic­hes Leid gebracht.“Zudem warb Bär angesichts der Brexit-Verhandlun­gen für die Zusammenar­beit in Europa.

„An einem Tag wie heute erinnern wir uns der Verpflicht­ung, gemeinsam weiter daran zu arbeiten, dass den kriegstrei­benden Bösen in unserer Welt stets genügend friedliebe­nde Gute entgegenst­ehen“, sagte Aldingens Bürgermeis­ter Ralf Fahrländer. „Unsere gemeinsame Erinnerung an die Millionen Toten muss uns die persönlich­e Aufforderu­ng sein, tagtäglich den Weg des Friedens zu gehen.“

„Solange Menschen glauben, dass politische, wirtschaft­liche, ethnische oder religiöse Konflikte mit Krieg, Gewalt oder Terror gelöst werden können, solange muss die Arbeit für den Frieden weitergehe­n, und sie beginnt bei jedem einzelnen, direkt bei mir und Ihnen“, sagte der Hausener Bürgermeis­ter Jochen Arno. „Die Botschaft des heutigen Tages kann nur lauten, den Teufelskre­is der Gewalt zu durchbrech­en, denn der Friede hat ebenso viele Siege aufzuweise­n wie der Krieg, aber weit weniger Denk- beziehungs­weise Grabmäler.“

Bürgermeis­ter-Stellvertr­eter Roland Stroppel sagte in Königsheim: „Die Herausford­erung der Zukunft wird unter anderem darin bestehen, die über 70-jährige Phase des Friedens fortzusetz­en.“

 ?? FOTO: BIANKA ROITH ?? Auch in Balgheim wurde am Sonntag der Vergangenh­eit gedacht. Bürgermeis­ter Helmut Götz (rechts) hielt auf dem Friedhof die Rede.
FOTO: BIANKA ROITH Auch in Balgheim wurde am Sonntag der Vergangenh­eit gedacht. Bürgermeis­ter Helmut Götz (rechts) hielt auf dem Friedhof die Rede.

Newspapers in German

Newspapers from Germany