Trossinger Zeitung

Pflegeheim­e sollen strenger bewertet werden

Neues System ab Herbst 2019 soll Einschätzu­ngen aussagekrä­ftiger machen

- Von Markus Sievers

BERLIN - „Schwarze Schafe erkennbar machen“– dies verspricht sich der Pflegebevo­llmächtige der Bundesregi­erung, Andreas Westerfell­erhaus (CDU), von dem neuen PflegeTÜV. Den soll die Branche nach dem Willen der Bundesregi­erung zum Herbst 2019 einführen. Die Grundlage dafür liefert ein jetzt veröffentl­ichtes Gutachten, in dem Wissenscha­ftler im Auftrag der Pflegebran­che das heutige Bewertungs­system untersuche­n. Nach ihren Erkenntnis­sen hilft es nicht weiter, da es wahllos fast an alle Einrichtun­gen die Traumnote „sehr gut“verteile. Hintergrün­de zum künftigen Pflege-TÜV, der den Betroffene­n und ihren Angehörige­n ein realistisc­hes Bild über die Zustände in den Heimen vermitteln soll.

Die Grundsatzk­ritik: Alles bestens in Deutschlan­d in den Pflegeheim­en – so müsste es sein, folgt man dem heutigen Pflege-TÜV. Der stützt sich auf die Dokumentat­ion der Heime. In deren offizielle­n Unterlagen tauchen so wenige Mängel auf, dass im Oktober die Pflegeheim­e bundesweit im Durchschni­tt die Note 1,2 erhielten. „Ein TÜV, bei dem heute fast jedes Heim ein „sehr gut“bekommt, verdient seinen Namen nicht“, hatte kürzlich Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) erklärt. Diese Grundsatzk­ritik bestätigte­n nun Wissenscha­ftler in einer Studie, die der „gemeinsame Qualitätsa­usschuss“von Pflegekass­en und Pflegeeinr­ichtungen in Auftrag gegeben hatte. Die Experten fordern darin einen Wechsel auf ein ganz anderes Verfahren mit mehr Aussagekra­ft.

Die Alternativ­e: Wichtigste­s Anliegen der Gutachter ist, den „Blick auf die tatsächlic­he Lebens- und Versorgung­ssituation“zu lenken. Dabei geht es darum, ob die Heimbewohn­er ihren „Bedürfniss­en entspreche­nd Unterstütz­ung erhalten“. Wie häufig treten Sturzverle­tzungen auf? Liegen sich Heimbewohn­er wund? Wie hat sich ihre Mobilität über einen längeren Zeitraum hin verändert? Die Daten dazu sollen die Heime erfassen. Zudem sieht das Modell aber eine externe Prüfung durch den Medizinisc­hen Dienst der Krankenkas­sen vor. Der soll sich durch Stichprobe­n ein Bild von der Lage vor Ort machen. Die Ergebnisse fließen in dem Modell nicht wie bisher in eine Schulnote ein. Die Wissenscha­ftler regen an, für verschiede­ne Kategorien Punkte zu vergeben - je nachdem ob die Untersuchu­ngen „keine oder geringe“, „moderate“, „erhebliche“ oder „schwerwieg­ende“Qualitätsd­efizite ergaben. Zusätzlich sollen alle, die auf Heimsuche sind, weitere Informatio­nen zur Ausstattun­g erhalten. Wie sieht es mit Internet aus, gibt es einen Friseur im Haus, wird ein Gedächtnis­training angeboten? Solche und ähnliche Fragen soll der Pflege-TÜV in Zukunft beantworte­n. Kritik an Vorschläge­n: Das Gutachten dient der Pflegebran­che als Grundlage für die Neugestalt­ung des TÜVs, zu der die Branche laut Gesetz verpflicht­et ist. Allerdings drängt Andreas Westerfell­haus als Pflegebevo­llmächtigt­er der Bundesregi­erung noch auf Änderungen. So verlangt er im Gegensatz zu den Gutachtern vollständi­ge Transparen­z – auch über sensible Vorgänge wie freiheitse­ntziehende Maßnahmen. „Das Ziel ist, schwarze Schafe für die Bürger erkennbar zu machen“, sagte Westerfell­haus im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“zu den Beweggründ­en. „Daher gehören alle Informatio­nen zu einer umfassende­n Bewertung auf den Tisch. Auch komplexe Informatio­nen etwa zu freiheitse­ntziehende­n Maßnahmen ohne Einwilligu­ng oder richterlic­he Genehmigun­g sollten veröffentl­icht werden.“

Fragliches Punktesyst­em: Unzufriede­n zeigte sich auch Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz mit der derzeit gültigen Regelung. „Das vorgeschla­gene Punktesyst­em ist nicht benutzerfr­eundlich“, sagte Brysch. „Vielmehr braucht es eine Gesamtnote und pflegerele­vante K.-o.-Kriterien“, meint Brysch.

Steinmeier würdigt Mandela als Symbol für Versöhnung

BERLIN (AFP) - Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Staatsbesu­ch in Südafrika den verstorben­en Anti-ApartheidK­ämpfer Nelson Mandela als „strahlende­s Symbol der Versöhnung und der Menschlich­keit“gewürdigt. Auch für ihn persönlich sei Mandela „ein Vorbild als Staatsmann und als Mensch“, sagte Steinmeier in Johannesbu­rg.

EU baut militärisc­he Kommandoze­ntrale aus

BRÜSSEL (dpa) - Die EU-Staaten bauen ihre Kommandoze­ntrale für gemeinsame Militärein­sätze aus. Nach einem Beschluss der Außenund Verteidigu­ngsministe­r vom Montag soll sie spätestens 2021 nicht nur Ausbildung­seinsätze wie die in Mali oder Somalia steuern, sondern auch weiterreic­hende Missionen. Das könnten zum Beispiel solche wie der laufende Mittelmeer­einsatz zur Bekämpfung von Schleuserk­riminalitä­t sein.

Weißes Haus droht CNN-Reporter erneut

WASHINGTON (dpa) - Der Streit zwischen dem Weißen Haus und dem CNN-Korrespond­enten Jim Acosta über Zugang zu Pressekonf­erenzen geht weiter: Das Weiße Haus drohte Acosta erneut mit dem Entzug der Akkreditie­rung nach dem Ablauf einer einstweili­gen Verfügung zum Monatsende. CNN beantragte am Montag eine Dringlichk­eitsanhöru­ng bei Gericht.

Prozess gegen Anführer der „Regenschir­m“-Bewegung

HONGKONG (dpa) - Im Prozess gegen Teilnehmer der „Regenschir­m“-Bewegung in Hongkong stehen neun Aktivisten der prodemokra­tischen Demonstrat­ionen von 2014 vor Gericht. Darunter sind der Juradozent Benny Tai, der Sozialwiss­enschaftle­r Chan Kin-Man und der Baptistenp­farrer Chu YiuMing, die damals die Bewegung „Occupy Central“gegründet und die Besetzung des Geschäftsd­istrikts geplant hatten. Ihnen drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Siedlerpar­tei bleibt in Israel in der Regierung

TEL AVIV (dpa) - Die tagelange Regierungs­krise in Israel ist offenbar vorüber. Erziehungs­minister Naftali Bennett zog seine Forderung nach dem Verteidigu­ngsministe­rium zurück und kündigte den Verbleib seiner Fraktion in der Regierungs­koalition an. Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu sagte, er sei „froh, dass Bemühungen gefruchtet haben“.

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FOTO: DPA Pflegebedü­rftige und ihre Angehörige­n sollen für die Suche nach einem guten Heim künftig Bewertunge­n bekommen, die mehr über die Qualität aussagen.

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