Tatort des „Todespflegers“wohl in Spaichingen
88-Jährige im Zuge der Ermittlungen gegen Grzegorz W. exhumiert – Weiterer Einsatzort im Kreis
SPAICHINGEN - Eines der Opfer des so genannten „Todespflegers“Grzegorz W. hat in Spaichingen gelebt. Hier hat er, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft München, die 88jährige Frau mit Insulin getötet. Die Ermittlungen der Polizei München hatten auch ergeben, dass W. schon einmal zuvor im Kreis Tuttlingen an einer anderen Pflegestelle eingesetzt war. Den mutmaßlichen Mord hatte man erst bei den Ermittlungen an den bisherigen Einsatzorten des polnischen 24-Stunden-Pflegers entdeckt. Der Leichnam der Spaichingerin wurde zur Untersuchung exhumiert, so ein Sprecher der Münchener Polizei auf Anfrage dieser Zeitung. Prozess startet vermutlich Anfang 2019 Zum genauen Sachverhalt im Spaichinger Fall will sich Oberstaatsanwältin Anne Leiding von der Staatsanwaltschaft München I nicht äußern. Der Prozess, der vermutlich Anfang des neuen Jahres angesetzt werden kann, solle unbeeinflusst vonstatten gehen.
Der 36-jährige Pole hatte sich nach einem dreimonatigen Kurs von mehreren Agenturen in Polen und der Slowakei seit Mai 2015 in 24Stunden-Pflegestellen an insgesamt 68 Orten in ganz Deutschland vermitteln lassen. Meist blieb er dort nicht lange, gab, so die Staatsanwaltschaft und die Polizei in einer vergangene Woche abgehaltenen Pressekonferenz, vor, dass nahe Angehörige ernsthaft erkrankt oder gestorben seien, und verließ die Stelle wieder, oft auch zu Zwischenaufenthalten in Polen. An 17 Stellen, wo er kein Insulin verabreichte, habe die Polizei noch Diebstähle nachvollziehen können. Es seien dort Bargeld und Schmuck, aber auch Haushaltswaren und Lebensmittel gestohlen worden. Neben der Spaichingerin wirft die Staatsanwaltschaft München Grzegorz W. weitere fünf Morde vor, außerdem drei versuchte Morde und drei gefährliche Körperverletzungen, meist ebenfalls in Verbindung mit Diebstahl.
Auf die Schliche gekommen ist ihm die Polizei bei seinem letzten mutmaßlichen Mord. In Ottobrunn hatte der Mann am 12. Februar dieses Jahres, so die Ermittlungen, einen 87Jährigen vorgeblich leblos im Bett gefunden und die Rettungssanitäter gerufen. Das schildert Oberstaatsanwältin Anne Leiding im Gespräch mit dieser Zeitung.
Den Rettungssanitätern sei der Fall komisch vorgekommen, sie hätten wiederum den Notarzt gerufen, der den Fall ebenfalls nicht normal fand; daraufhin hatte die Polizei die Leichenbeschau veranlasst. Die Rechtsmediziner hätten die Einstichstellen gefunden und der erst als Zeuge vernommene Pfleger wurde zum Beschuldigten.
Denn die Getöteten seien alle nicht insulinpflichtig gewesen, also nicht zuckerkrank. W. selbst wurde im Januar 2017 wegen seiner Diabeteserkrankung Insulin samt Verabreichungs-Pen verschrieben. Die Ermittlungsgruppe ab dem 12. Februar bei der Polizei München wurde „Pen“genannt und machte umfangreiche nationale und internationale Ermittlungen. Unter anderem gab es eine Sendung von „Aktenzeichen XY .... ungelöst“im März, in deren Folge 23 weitere Arbeitsstellen gefunden wurden. 45 Orte, darunter Spaichingen, hatte die Polizei aufgrund eigener Ermittlungen ausfindig gemacht. Vier Mal vernommen W. ist bereits vier Mal vernommen worden, so Oberstaatsanwältin Leiding, und er hatte zugegeben, in den zwölf Fällen Insulin verabreicht zu haben; eine Tötungsabsicht habe er aber bestritten. Die Tätigkeit habe ihn aus verschiedenen Gründen belastet, in diesen Fällen sei er nicht bereit gewesen, weiter dort an den Stellen zu bleiben.