„Mut zur Urwüchsigkeit“
Für mehr Biodiversität fehlt dem Trossinger Bauhof das Personal
TROSSINGEN – Die Trossinger Grünflächen sollen auf die Bedürfnisse von Insekten ausgerichtet werden. Ziel ist es, die Artenvielfalt zu unterstützen. Der Umweltbeauftragte der Stadt Bad Saulgau, Thomas Lehenherr, hat dem Trossinger Gemeinderat Beispiele präsentiert, wie dies gelingen kann. Trossingens Bauhofleiter Reiner Hils würde gerne ökologischer arbeiten, betont aber, dass dafür mehr Personal nötig sei.
Um perfekt gerechte Vorgärten, gerade Beetkanten und unkrautfreie Rasenflächen ging es am Montag in der Gemeinderatsitzung nicht. Denn wer die Artenvielfalt erhalten möchte, der muss „Mut zur Urwüchsigkeit haben“, sagte der Bad Saulgauer Umweltbeauftragte. Dass Reiner Hils, der in Trossingen für die Bepflanzung der öffentlichen Flächen zuständig ist, immer wieder Kritik von Bürgern einstecken müsse, die sich über vermeintliches Unkraut beschweren, kann Lehenherr nachvollziehen. „Eine Blumenwiese entfaltet sich erst im zweiten und dritten Jahr so richtig. Wir setzen da auf die Öffentlichkeitsarbeit, die das erklärt.“In Bad Saulgau sei das Thema fast schon ein Selbstläufer, auch „wenn wir auch noch ein paar Querulanten haben“.
Gemeinsam mit Jens Wehner, Saulgauer Stadtgärtnner, stellte Lehenherr einige Umweltprojekte vor. So gibt es sieben Naturlehrpfade, Gewässerrenaturierungen, Biotopanlagen, Weiher und Naturdenkmäler, um die sich Angestellte der Stadt, aber auch ehrenamtliche Helfer kümmern. Wichtig sei es, so Wehner, „das Einheitsgrün in artenreiche Flächen zu verwandeln“. Die Mössinger Mischung, die in Trossingen häufig ausgebracht wird, sieht Wehner kritisch. „Da ist Saatgut aus aller Welt drin, da profitieren relativ wenige Arten davon.“Als Ergänzung zu Blumenwiesen seien Stauden und Rosen sehr wertvoll, um zum einem in Blühpausen den Insekten weiter Nahrung bieten zu können, zum anderen, um in der Stadt ein attraktives Erscheinungsbild zu erreichen.
„Wir machen da schon einiges“, betonte Reiner Hils. „Aber das gefällt nicht immer jedem.“Wenn sich an einem Straßenbaum die Wilde Karotte selbst aussät, dann würde so mancher Trossinger darin Unkraut sehen. „Vielleicht müssten wir mehr Öffentlichkeitsarbeit machen“, sagte er, betonte aber auch: „Ich mache noch ein paar andere Jobs nebenher.“Denn Trossingen hat keinen Umweltbeauftragten, der Bauhof, für den Hils verantwortlich ist, übernimmt weit mehr Arbeiten als eine städtische Gärtnerei. Auch der Winterdienst, kleinere Arbeiten an Straßen, der Straßenkehrdienst und vieles mehr fallen in seinen Aufgabenbereich. Außerdem wird seit einigen Jahren im Gemeinderat darüber diskutiert, dass der Bauhof personell auf Kante genäht sei.
In Trossingen gebe es noch „ganz viel Rasenflächen“, die häufig gemäht werden müssten und wegen ihrer Einseitigkeit kaum als Nahrungsquelle für Pflanzen dienen könnten. Doch gleich, welche Projekte die Stadt angehen wolle, „alles aufs Ehrenamt abzuschieben, da wird es schwierig“, gab Hils zu bedenken.
Die Fraktionen zeigten sich beeindruckt vom Bad Saulgauer Weg. In einer Sondersitzung soll im kommenden Jahr entschieden werden, welche Ideen Trossingen umsetzen kann.
Die Initiative für den Besuch kam von Gerhard Brummer, Stadtrat der Offenen Grünen Liste. Bad Saulgau gilt als Landeshauptstadt der Biodiversität und hat eine Vorreiterrolle eingenommen, wenn es darum geht, die Vielfalt heimischer Tier- und Pflanzenarten in Verbindung mit deren Lebensräumen zu fördern.