Putins Schachzug
Russlands Attacke gegen ukrainische Schiffe in der Straße von Kertsch lässt aufhorchen. Erstmals setzten russische Grenztruppen, die dem Geheimdienst unterstehen, bei der Kontrolle ukrainischer Boote Schusswaffen ein.
Die Hafenstädte Mariupol und Berdjansk unterhalb der Separatistengebiete fehlen Moskau noch, um von Nord bis Süd einen durchgängigen Streifen Ostukraine zu beherrschen – der sich auch bequem an Russland anschließen ließe. Die militärische Präsenz Kiews an der Küste stört Russland zudem. Langfristig will sich der Kreml auch das Asowsche Binnenmeer unter den Nagel reißen. Noch immer ist das russische Entwicklungsprinzip nicht Modernisierung, sondern einfacher Landraub. Dieses Paradigma kann Russland nicht abschütteln und will es auch gar nicht.
Kremlchef Wladimir Putin ist innenpolitisch angeschlagen. Er braucht Erfolg und muss von wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten ablenken. Dazu war ein kleiner schneller Siegeszug immer ein probates Mittel. Ob das diesmal wieder funktioniert, bleibt abzuwarten. politik@schwaebische.de des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu stabilisieren. Nach einer Umfrage des Lewada-Meinungsforschungszentrums heißen 33 Prozent der Russen dessen Politik nicht mehr gut, die höchste Ablehnung seit dem Krim-Anschluss.
Aber nicht nur russische Beobachter verweisen darauf, dass die Eskalation auch Putins Amtskollegen Poroschenko nützt. Vier Monate vor den Präsidentschaftswahlen Ende März hängt seine Popularitätsrate bei 10,3 Prozent. „Zwei Monate Kriegsrecht erlauben es dem Präsidenten, die Wahlen um einen Monat zu verschieben“, sagt Melnyk. „Aber egal, ob Poroschenko Präsident bleibt oder nicht, es wird kein Politiker an die Macht kommen, der mit diesem Russland befreundet sein will.“