Wurstsalat und Wortgefechte
In Tettnang verfolgt eine gut gelaunte CDU-Basis die Regionalkonferenz auf dem Großbildschirm – Am meisten Zuspruch erhält Friedrich Merz
TETTNANG - Bei der CDU-Basis in Tettnang fällt die Probeabstimmung deutlich aus: 64 Prozent stimmen für Friedrich Merz, Annegret KrampKarrenbauer erreicht 32 Prozent der Stimmen, Jens Spahn schafft es mit einer einzigen Stimme auf drei Prozent.
Der Ortsverband der CDU hat zur Live-Übertragung der Regionalkonferenz ins Restaurant Culinarium geladen. Bei Bier und Wurstsalat verfolgen rund 30 CDU-Mitglieder und Interessierte die Debatte der Kandidaten für den neuen Parteivorsitz auf einer Leinwand. Sie wollen hören, was Annegret Kramp-Karrenbauer, was Jens Spahn und Friedrich Merz zu sagen haben. Vor allem aber wollen sie selbst diskutieren und endlich mal wieder über Themen streiten. Denn, da sind sich die meisten in Tettnang einig, dieser Wettstreit um den Parteivorsitz bedeutet für die CDU vor allem eines: Aufbruchstimmung. „Das tut einfach gut“„Angela Merkel wollte es allen recht machen“, sagt etwa Frank Spleiß. Seit knapp drei Jahren ist er Parteimitglied. Dass jetzt wieder diskutiert werde, „das tut einfach gut“, sagt er. Davon profitiere schließlich nicht nur die CDU, sondern die ganze Parteienlandschaft. „Auch die Grünen und die SPD können sich endlich wieder stärker von uns absetzen“, sagt er. Sylvia Zwisler stimmt ihm zu. „Endlich wird wieder über Themen diskutiert“, sagt die Vorsitzende des Ortsverbands. Lob für alle Kontrahenten Wer im Dezember beim Parteitag in Hamburg das Rennen macht, darüber herrscht dagegen keine Einigkeit in Tettnang. „Es muss jemand sein, der es schafft, das Auseinanderdriften der Gesellschaft aufzuhalten“, sagt Zwisler. „Das trau ich sowohl Friedrich Merz als auch Annegret Kramp-Karrenbauer zu.“Eine leichte Tendenz hat sie dann aber doch: „Merz war mal von der Politik weg. Der hat das Ganze mal von außen gesehen. Das schadet sicher nicht.“
„Wenn ich nach den Inhalten geh’, liegt AKK für mich vorne“, sagt dagegen Spleiß. „Sie hat sich mit ihrer Zuhörtour als einzige wirklich mit der Basis auseinandergesetzt, und sie hat sich in den Diskussionen viel stärker von Merkel abgesetzt, als man gedacht hätte.“Merz hingegen sei schließlich in den vergangenen Jahren in der Politik überhaupt nicht präsent gewesen. „Woran soll man den überhaupt messen?“, fragt er.
„Merz ist fachlich gut, keine Frage“, sagt der 24-jährige Pascal Salomo, „aber der kommt wie aus der Versenkung.“Außerdem, sagt er, sei der ja schon 63 Jahre alt. Wie lange wolle der den Job denn machen? „Unsere Stärke war doch immer die Kontinuität“, sagt Salomo. Auf dem Abstimmungszettel macht er sein Kreuzchen schließlich bei Annegret Kramp-Karrenbauer. „Aber ich schwanke noch“, sagt er.
Jens Spahn spielt auch für die Tettnanger kaum eine Rolle. „Zu jung“, ist man sich einig. „Der ist gerade mal ein Jahr Bundesminister und jetzt will er schon nach den Sternen greifen“, sagt auch Pascal Salomo. Trotzdem, findet er, mache er als Gesundheitsminister keinen schlechten Job. „Der scheut die Auseinandersetzung nicht. Gerade bei den Themen Armut und Hartz IV habe er klar Stellung bezogen. „Spahn sorgt dafür, dass die Menschen sich wieder mit Themen auseinandersetzen. Das ist auch was wert“, findet Salomo. Als Parteivorsitzenden sieht er ihn deshalb trotzdem nicht. „Der kann sich auch in zehn Jahren noch beweisen.“ Spahn punktet bei Steuerpolitik Die Stimmung ist gut in Tettnang. Als die Kandidaten in Böblingen die Fragen der Besucher beantworten, wird es aber auch in Tettnang still. Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer stoßen mit ihren Antworten auf Zustimmung. Aber auch Jens Spahn erntet Kopfnicken und wohlwollendes Gemurmel, zum Beispiel für seine Position zur Steuerpolitik. „Wenn es alle drei in Kombination geben würde, dann hätten die anderen Parteien gar nichts mehr zu lachen“, sagt jemand anschließend in Tettnang und lacht.
Die Ergebnisse ihrer Abstimmung wollen die Tettnanger jetzt den drei Delegierten aus dem Bodenseekreis überreichen. „Wir hoffen, dass sie unsere Stimmen in ihre Entscheidung miteinbeziehen“, sagt Zwisler. Deren Abstimmung beim Parteitag in Hamburg bleibt aber geheim.