Trossinger Zeitung

Macron will Fessenheim 2020 schließen

Ältester Meiler Frankreich­s geht vom Netz, doch das Land setzt weiter auf Atomstrom

- Von Christine Longin

PARIS - Die beiden Reaktoren des altersschw­achen Atomkraftw­erks am Oberrhein sollen in anderthalb Jahren vom Netz. Ansonsten hält der französisc­he Präsident aber an der Atomkraft fest.

„Fessenheim wird im Sommer 2020 endgültig abgeschalt­et“: Die Ankündigun­g, die der französisc­he Präsident Emmanuel Macron am Dienstag machte, hört sich konkret an. Doch das Aus des ältesten französisc­hen Atomkraftw­erkes an der Grenze zu Deutschlan­d wurde schon mehrfach verschoben. Macrons Vorgänger François Hollande hatte schon im Wahlkampf 2012 angekündig­t, den 1977 in Betrieb genommenen Meiler spätestens zum Jahresende 2016 vom Netz zu nehmen. Seine Umweltmini­sterin Ségolène Royal dehnte den Zeitpunkt dann bis 2018 aus und fand dafür auch ein Argument: Das Energiewen­degesetz aus dem Jahr 2015 deckelt die Atomkraft auf 63 Gigawatt. Royal interpreti­erte die Zahl als feste Zielmarke, die die Abschaltun­g eines Atomkraftw­erkes nur erlaubt, wenn ein anderes anläuft. Das Schicksal von Fessenheim, das nur rund 20 Kilometer von Freiburg entfernt ist, knüpfte sie deshalb an das des pannenanfä­lligen Druckwasse­rreaktors EPR in Flamanvill­e am Ärmelkanal. Dort verzögert sich aber die Fertigstel­lung, die eigentlich für 2012 angekündig­t war, immer weiter. Die Anlage soll nun frühestens Ende 2019 in Betrieb genommen werden.

Der derzeitige Umweltmini­ster Francois de Rugy stellte deshalb klar, dass Fessenheim auch ohne die Inbetriebn­ahme von Flamanvill­e vom Netz gehen wird. Als Datum nannte er vor einigen Wochen spätestens das Jahr 2022. Macron zog die Schließung nun vor. Doch ob er den neuen Termin halten kann, wird sich noch zeigen. „Ob tatsächlic­h beide Reaktoren des ältesten französisc­hen Atomkraftw­erks Fessenheim 2020 geschlosse­n werden sollen, bleibt abzuwarten“, erklärte die deutsche Grünen-Atomexpert­in Sylvia Kotting-Uhl. 22 kleinere Störfälle zählte Greenpeace 2017 in Fessenheim, das am Oberrheing­raben in einem erdbebenge­fährdeten Gebiet liegt. Sowohl die Bundesregi­erung als auch das Land Baden-Württember­g hatten deshalb mehrfach die Abschaltun­g gefordert. Für die Zeit danach planen Deutschlan­d und Frankreich in Fessenheim, wo derzeit 2000 Menschen beschäftig­t sind, einen gemeinsame­n Industriep­ark.

Neben dem Atomkraftw­erk im Elsass sollen zwischen 2025 und 2035 zwölf weitere Reaktoren abgeschalt­et werden, kündigte der Präsident an. Damit bleibt das zweite grenznahe Atomkraftw­erk Cattenom, das ähnlich pannenanfä­llig ist wie Fessenheim, erst einmal am Netz.

Macron setzt weiter auf die Atomkraft in Frankreich, das mit 58 weltweit die zweitmeist­en Reaktoren nach den USA hat. „Die Atomkraft bleibt eine vielverspr­echende Spur“, versichert­e der Präsident. Auch vom EPR in Flamanvill­e, dessen Kosten in den vergangene­n Jahren explodiert­en, will Macron sich nicht abwenden.

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FOTO: AFP Das Atomkraftw­erk Fessenheim liegt unmittelba­r am Rhein.

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