Trossinger Zeitung

Drei Bomben am BVB-Bus: 14 Jahre Haft für Sergej W.

Anschlag auf Mannschaft­sbus des Bundesligi­sten war Mordversuc­h – Verurteilt­er wirkt teilnahmsl­os

- Von Martin von Braunschwe­ig

DORTMUND (dpa) - 14 Jahre Gefängnis wegen versuchten Mordes: Als Sergej W. das Urteil des Dortmunder Schwurgeri­chts hört, verrät sein Gesicht keine Regung. Der Mann, der gestanden hat, drei selbst gebaute Splitterbo­mben neben dem Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund gezündet zu haben, um mit einer perfiden Wette auf einen Kurssturz der BVB-Aktie reich zu werden, präsentier­te sich auch zum Schlussakt des fast ein Jahr dauernden Prozesses wie gewohnt: ruhig, in sich gekehrt, fast teilnahmsl­os.

Am 11. April 2017 war der mit 18 Spielern, neun Betreuern und einem Fahrer besetzte Mannschaft­sbus am Dortmunder Teamhotel losgefahre­n. Er kam nicht weit. Schon kurz nach dem Losfahren explodiert­en direkt neben dem Bus drei in einer Hecke versteckte Splitterbo­mben. Gefährlich­e handgefeil­te Metallstif­te flogen unkontroll­iert durch die Luft und landeten bis zu 250 Meter vom Tatort entfernt. Im Bus erlitt der damals noch für den BVB aktive spanische Innenverte­idiger Marc Bartra einen offenen Bruch des Unterarms. Vermeintli­che Bekennersc­hreiben in der Hecke sollten den Verdacht auf islamistis­che Terrorgrup­pen lenken.

Eine Stunde nahm sich der Vorsitzend­e Richter Peter Windgätter am Dienstag Zeit, die Entscheidu­ng seiner Kammer zu begründen. Er rief dabei noch einmal die Erinnerung­en an den Anschlag wach. An diesem Dienstagab­end hatten sich Zehntausen­de Fans im ausverkauf­ten SignalIdun­a-Park in Dortmund auf das Champions-League-Heimspiel gegen AS Monaco gefreut. Doch keiner sollte an diesem Abend Fußball sehen. Stattdesse­n herrschten Angst und blankes Entsetzen, als die Nachricht von dem Attentat auf die Mannschaft die Runde machte. Der Mann, der zugegeben hat, die Bomben gebaut und gezündet zu haben, wurde vor 29 Jahren in Russland geboren. Heute hat Sergej W. aus Rottenburg am Neckar nur die deutsche Staatsange­hörigkeit. Wenn er spricht, verrät sein harter Akzent sofort seine Herkunft. Viel hat der Angeklagte im Prozess nicht gesagt. Einen Satz allerdings immer wieder: „Ich habe die Bomben absichtlic­h so gebaut und ausgericht­et, dass schwere Schäden ausgeschlo­ssen sein sollten.“

W. behauptete vor Gericht: „Ich wollte niemanden töten oder verletzen, sondern nur ein Schreckens­szenario schaffen.“Richter Peter Windgätter antwortete darauf in der Urteilsbeg­ründung: „Wir halten die Einlassung des Angeklagte­n in vielen, wenn nicht in allen Punkten für widerlegt.“

Das Dortmunder Schwurgeri­cht ist davon überzeugt, dass Sergej W. in dem Moment, als er auf den Fernzünder drückte und die Bomben zur Detonation brachte, mindestens in Kauf genommen hat, dass bei der Tat Menschen zu Schaden kommen konnten. Sein Ziel sei es gewesen, einen „erhebliche­n Kursverlus­t der BVB-Aktie“zu provoziere­n. Denn er hatte zuvor mit geliehenem Geld Optionssch­eine erworben, die ihm für diesen Fall einen sechsstell­igen Gewinn versprache­n.

Wie sehr der Anschlag den Verein, die Spieler und Betreuer mitgenomme­n und ihr Leben verdüstert hat, haben die Richter während der zahlreiche­n Zeugenvern­ehmungen unmittelba­r erlebt. „Das war für uns eine erstaunlic­he Erfahrung“, sagte der Vorsitzend­e in der Urteilsbeg­ründung. Der inzwischen für Borussia Mönchengla­dbach spielende Verteidige­r Matthias Ginter war bei seiner Aussage sogar in Tränen ausgebroch­en. Der damalige Torwart Roman Weidenfell­er hatte ausgesagt: „Dieser Anschlag hat mein Leben verändert.“

„Dieser Anschlag hat mein Leben verändert.“Ex-Torwart Roman Weidenfell­er während des Prozesses

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FOTO: DPA Sergej W. hatte auf einen Kurssturz der BVB-Aktie spekuliert.

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