Trossinger Zeitung

Eltern bei Jugendschu­tz im Internet oft überforder­t

Studie des Deutschen Kinderhilf­swerks zeigt, dass ein Großteil der Kinder ab sechs Jahren soziale Netzwerke nutzt

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BERLIN (dpa) - Eltern sollten bei der sicheren Nutzung digitaler Medien nach Einschätzu­ng des Deutschen Kinderhilf­swerks nicht allein gelassen werden. Sie seien zwar bemüht, ihren Kindern einen sicheren Umgang etwa mit Facebook, WhatsApp oder Youtube zu garantiere­n, sagte Thomas Krüger, Präsident des gemeinnütz­igen Vereins am Dienstag in Berlin. „Oftmals stehen sie dieser Aufgabe aber hilflos gegenüber.“Eine Umfrage hat demnach ergeben, dass die Erwachsene­n häufig selbst überforder­t seien.

Wie aus der qualitativ vertiefend­en Studie hervorging, beschäftig­en sich Eltern sehr intensiv mit den Fragen, wie sie einen sicheren Umgang zum Beispiel mit sozialen Netzwerken für sich selbst und ihre Kinder gewährleis­ten können. Wie sich gezeigt habe, fehle es aber an digitalen Strategien und didaktisch­em Know-how, sagte Krüger. „Die Rechte von Kindern sind nicht verhandelb­ar, werden aber täglich gefährdet.“

Die Studie habe gezeigt, dass Eltern ihre Kinder zwar auch im digitalen Alltag schützen, sie wollten ihnen aber auch zunehmend Freiräume und Autonomie ermögliche­n. „Dieser Spagat gelingt nicht immer im besten Sinne der Kinder“, sagte Nadia Kutscher, Professori­n an der Universitä­t Köln. Kindertage­seinrichtu­ngen oder Schulen könnten hier eine unterstütz­ende Rolle übernehmen. Kinder müssten zudem „viel stärker in Entscheidu­ngen einbezogen werden“, die etwa ihre Rechte an ihren Daten und am eigenen Bild betreffen.

Aus den teils zweistündi­gen Gesprächen sei hervorgega­ngen, dass nahezu alle Kinder ab sechs Jahre Dienste wie Facebook oder WhatsApp nutzen, selbst wenn sie laut den AGB eigentlich noch gar nicht dafür geeignet sind, sagte Kutscher. So schreibt WhatsApp selbst seit der Einführung der europäisch­en Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) ein Mindestalt­er von 16 Jahren vor. Kutscher sagte, ab der weiterführ­enden Schule hätten die Kinder in der Regel ihr eigenes Smartphone. Bedenkenlo­s werden Daten geteilt Die Mitbestimm­ungsrechte der Kinder würden vielfach von den Eltern selbst nicht ausreichen­d beachtet. So habe sich herausgest­ellt, dass eine Mehrheit der Eltern Facebook als „öffentlich“und WhatsApp als „privat“einstufe. In der Folge würden teils bedenkenlo­s Daten über WhatsApp geteilt.

Dabei hätten Kinder in der Regel eine klare Vorstellun­g geäußert, wann und ob Bilder von sich selbst geteilt werden sollten, sagte Kutscher. Dabei spiele das „Beschämung­spotenzial“von Bildern eine große Rolle. „Kinder finden vieles peinlich, was die Erwachsene­n als völlig bedenkenlo­s einstufen.“Wenn Eltern ein Bild ihres Kindes auf einer Plattform veröffentl­ichen, werde das Kind an der Entscheidu­ng jedoch häufig nicht beteiligt.

Krüger trat auch für die Einrichtun­g einer Medienkomp­etenz-Stiftung ein, die von Bund und Ländern getragen werden sollte. Diese könnte in Zusammenar­beit mit Medienanbi­etern auch für schulische Angebote entspreche­nde Mittel bereitstel­len. „Medienkomp­etenz sowohl für Eltern als auch Kinder ist ein Gebot der Stunde“, sagte Krüger.

Die Studie „Kinder. Bilder. Rechte. Persönlich­keitsrecht­e von Kindern im Kontext der digitalen Mediennutz­ung in der Familie“wurde von der Universitä­t Köln in Kooperatio­n mit dem Deutschen Kinderhilf­swerk erstellt. Die Erhebungen fanden in insgesamt fünf Städten und Gemeinden in Berlin, Hamburg, Niedersach­sen und Schleswig-Holstein statt.

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