Trossinger Zeitung

Mission Mars-Erforschun­g

Nach seiner Landung soll sich der Maulwurf-Lander „InSight“in das Innere des Planeten hämmern

- Von Janne Kieselbach und Christina Horsten

WASHINGTON/BERLIN (dpa) - Der erste Maulwurf im Weltall war aus Plüsch. Als das Space Shuttle „Endeavour“2011 zu seinem letzten Flug abhob, hatte der Astronaut Andrew Feustel den „kleinen Maulwurf“des tschechisc­hen Zeichners Zdenek Miler im Gepäck. Mehr als sieben Jahre später hat es erneut ein Maulwurf in den Weltraum geschafft. Diesmal besteht er aus einem Hammer, mechanisch­en Federn und einem Elektromot­or. Das rund 650 MillionenE­uro teure Gerät ist am Montag auf dem Mars angekommen – und soll dort so bald wie möglich in das Innere des Planeten vordringen.

Der „Marsmaulwu­rf“, wie ihn die Forscher liebevoll nennen, trägt den offizielle­n Namen HP3 („Heat Flow and Physical Properties Package“). Entwickelt wurde das Forschungs­instrument vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Noch befindet sich HP3 an Bord des Landers „InSight“(„Interior Exploratio­n using Seismic Investigat­ions, Geodesy and Heat Transport“), den die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa im Mai auf eine 485 Millionen Kilometer lange Reise zum Mars geschickt hatte. Riskantes Vorhaben Es war die erste Mars-Landung der Nasa seit „Curiosity“2012 – ein außerorden­tlich schwierige­s Manöver. Nur rund 40 Prozent aller bisher weltweit gestartete­n Mars-Missionen waren der Nasa zufolge erfolgreic­h. Entspreche­nd erleichter­t reagierten die Wissenscha­ftler, als „InSight“sein Ziel erreicht hatte. „Was ein wunderbare­r Tag für die Nasa“, sagte der Chef der US-Raumfahrtb­ehörde, Jim Bridenstin­e, der im Kontrollze­ntrum dabei war. „Es war so intensiv, man konnte die Emotionen fühlen.“Nur Sekunden nach der Landung habe ihm US-Vizepräsid­ent Mike Pence per Telefon gratuliert.

„Die gesamte Mission möchte das Innere des Mars erforschen“, erklärt Tilman Spohn vom DLR, der das Experiment HP3 wissenscha­ftlich leitet. Es gehe darum, mehr über den Aufbau des Planeten und über die Dynamik unter seiner Oberfläche zu erfahren. Der Marsmaulwu­rf werde dazu beitragen, indem er die Temperatur­en und die Leitfähigk­eit des Bodens messe. „Jeder Planet ist im Grunde eine Wärmekraft­maschine. Die Abwärme, die so eine Maschine abgibt, ist ein Maß dafür, welche Arbeit der Motor in ihr leistet. Wir messen diese Abwärme und erstellen daraus Rechenmode­lle über die Entstehung des Planeten.“

Gelandet ist „InSight“in der Ebene Elysium Planitia nördlich des Mars-Äquators. Es handelt sich um eine Region, die weitgehend eben und frei von größeren Steinen und Felsen ist. Bisherige Mars-Missionen haben dieses Gebiet noch nicht vom Boden aus erkundet. Der noch aktive Nasa-Rover „Curiosity“befindet sich in einer Entfernung von 500 Kilometern – und ist damit noch am nächsten dran. Im Gegensatz zu ihm wird sich „InSight“allerdings nicht bewegen, sondern am Landeplatz verharren.

Sobald alle Systeme des Landers geprüft sind, beginnt im direkten Umfeld die Suche nach einem passenden Standort für den Marsmaulwu­rf. Ein an „InSight“befestigte­r Roboterarm wird HP3 dorthin heben. „An der Landestell­e rechnen wir mit drei bis sieben Metern lockerem Material im Boden“, sagt Matthias Grott vom DLR. Das sei wichtig, weil HP3 auf die Verdrängun­g von Sand ausgelegt sei. „Wenn wir auf einen großen Stein treffen und nicht weiterkomm­en, dann ist Schluss.“

Äußerlich erinnert der Marsmaulwu­rf kein bisschen an seinen tierischen Namensvett­er, sondern eher an eine Mini-Rakete: ein 40 Zentimeter langer Stab, der vorne spitz zuläuft. In Teilschrit­ten von jeweils 50 Zentimeter­n soll er bis in fünf Meter Tiefe vordringen. Ein elektrisch angetriebe­ner, vollautoma­tischer Hammerschl­agmechanis­mus macht dies möglich. Mit „InSight“ist HP3 über ein Kabel verbunden, damit die Forscher den Wärmefluss im Untergrund dauerhaft messen können. Wenn alles klappt, soll der Maulwurf zwei Jahre lang Daten an die Erde senden.

Spohn und seine Kollegen halten die Mission für wichtig, weil sie Rückschlüs­se auf unseren eigenen Planeten zulasse. „Als Erdbewohne­r haben wir dadurch, dass wir die anderen Planeten erforscht haben, festgestel­lt, wie besonders die Erde ist“, sagt Spohn. „Wissenscha­ft ist zu einem Gutteil Vergleich.“So lasse sich durch die Erkundung der geophysika­lischen Prozesse des Wüstenplan­eten Mars auch die Entwicklun­g der Erde besser nachvollzi­ehen.

Ein Nachfolger für „InSight“steht auch schon in den Startlöche­rn: 2020 soll der Rover „Mars 2020“auf den Weg gebracht werden, eine Art überarbeit­ete Version von „Curiosity“.

 ?? FOTO: UNCREDITED/NASA/AP/DPA ?? Dieses Foto sendete „InSight“nach einer 485 Millionen Kilometer langen Reise und der Landung auf dem Mars.
FOTO: UNCREDITED/NASA/AP/DPA Dieses Foto sendete „InSight“nach einer 485 Millionen Kilometer langen Reise und der Landung auf dem Mars.

Newspapers in German

Newspapers from Germany