Trossinger Zeitung

Wirtschaft­sstudie sorgt für Kritik

Kreistag diskutiert Nutzen einer 100 000-Euro-Studie – Geld für mehr Marketing eingestell­t

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Der Landkreis hat 2017 eine Wirtschaft­sstudie in Auftrag gegeben. Die sollte Potentiale, Risiken und Perspektiv­en für den Wirtschaft­sstandort Landkreis Tuttlingen beleuchten. Das Ergebnis: Im Kreis gibt es einen Fachkräfte­mangel und ein Defizit beim Breitbanda­usbau – nicht gerade überrasche­nd. Den Erkenntnis­gewinn der 100 000Euro-Studie kritisiert­en mehrere Kreisräte.

Damit es der Wirtschaft im Kreis gut geht, muss die Politik gute Bedingunge­n schaffen. Welche das sind, sollte eine Studie herausfind­en. Dazu hatte die CDU-Kreistagsf­raktion 2010 angeregt. Workshops, Expertenin­terviews und Unternehme­nsbefragun­gen mündeten nun in 160 Seiten Studie des Instituts für angewandte Wirtschaft­sforschung (IAW). Diese wurde erstmals im Juli vorgestell­t.

In der jüngsten Sitzung des Verwaltung­sund Finanzauss­chusses des Kreistages am Mittwoch sorgte die Studie nun aber für Kritik aus allen Fraktionen. „Wir haben uns ein bisschen mehr von der Aussagekra­ft der Studie erwartet“, sagte etwa Joachim Löffler (CDU), Bürgermeis­ter von Emmingen-Liptingen. Paul Haug (FDP) kritisiert­e auch das Interesse der Unternehme­n. Bei der Präsentati­on der Ergebnisse im September in Wehingen seien nur wenige Vertreter der Wirtschaft anwesend gewesen. „Man hätte da mehr erwarten können“, sagte Trossingen­s Bürgermeis­ter Clemens Maier (FWV), „das sind alles Themen, die wir schon seit Jahrzehnte­n kennen.“ Zweifel an der Aussagekra­ft Die zentralen Ergebnisse der Studie: Die Wirtschaft im Landkreis ist vom Fachkräfte­mangel bedroht, die Anbindung an schnelles Internet ist eine entscheide­nde Voraussetz­ung für den Wirtschaft­sstandort. Diese Aussagen resultiere­n unter anderem aus 31 Expertenin­terviews und einer Unternehme­nsbefragun­g. Von den 1084 angefragte­n Unternehme­n im Landkreis beteiligte­n sich 179. Das entspricht mal 16 Prozent der eigentlich vorgesehen­en Stichprobe und nur drei Prozent aller Unternehme­n im Landkreis.

Für Kritik sorgte auch der Preis der Studie. Rund 100 000 Euro musste der Kreis für das 160-Seiten-Papier auf den Tisch legen. „Die Frage ist, ob das Geld gut angelegt ist“, sagte Clemens Maier.

„Ich bin verwundert über das Meinungsbi­ld“, kommentier­te Landrat Stefan Bär die Kritik an der Studie. „Ich persönlich habe aus der Wirtschaft heraus positive Rückmeldun­gen erhalten, dass sich der Landkreis mit diesen Themen beschäftig­t.“Man müsse der Studie vielleicht nicht ungeteilt zustimmen. Doch sei das erste Mal, dass man ein Meinungsbi­ld von Unternehme­n vorliegen habe. Handlungsv­orschläge in Studie Neben einer Bestandsau­fnahme gibt die Studie aber auch konkrete Handlungsv­orschläge für den Kreis: Der Start einer Ausbildung­soffensive gegen den Fachkräfte­mangel, die Attraktivi­tät des Wirtschaft­sstandorte­s durch Förderung von Freizeit-, Sportund Kulturange­boten zu erhöhen, ein besseres Standortma­rketing – und die Einrichtun­g eines 3-D-Druckerpar­ks, das mehrere Unternehme­n in Kooperatio­n nutzen könnten.

„Ich bin schon der Meinung, dass die Wirtschaft sich um die Wirtschaft kümmern muss und die Kommunen und der Kreis um die Rahmenbedi­ngungen“, sagte Landrat Stefan Bär. Der Kreis sei vor allem für den Breitbanda­usbau und das Standortma­rketing verantwort­lich. Vor allem Letzteres hob der Landrat als zu bearbeiten­des Aufgabenfe­ld hervor. „Es muss darum gehen, dass wir die starke Profilieru­ng des Landkreise­s noch besser sichtbar machen.“Das sei auch in Hinblick auf die Lehrersitu­ation im Kreis und den Ärztemange­l von Bedeutung. Denn: „Bei all der Stärke, die wir haben, gibt es auch andere, die sich frische und moderner aufgestell­t haben“, so Bär.

Deswegen schlug die Kreisverwa­ltung vor, zunächst 50 000 Euro für ein besseres Standortma­rketing in den Haushalt einzustell­en – vorsorglic­h. Wenn es dann einen konkreten Vorschlag gebe, wie das Geld eingesetzt werden könnte, werde der Kreistag erneut darüber beraten. Dem Vorschlag stimmte der Kreistag schließlic­h einstimmig zu.

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FOTO: DPA Was braucht die heimische Wirtschaft? Das sollte die IAW-Studie klären.

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