Wirtschaftsstudie sorgt für Kritik
Kreistag diskutiert Nutzen einer 100 000-Euro-Studie – Geld für mehr Marketing eingestellt
TUTTLINGEN - Der Landkreis hat 2017 eine Wirtschaftsstudie in Auftrag gegeben. Die sollte Potentiale, Risiken und Perspektiven für den Wirtschaftsstandort Landkreis Tuttlingen beleuchten. Das Ergebnis: Im Kreis gibt es einen Fachkräftemangel und ein Defizit beim Breitbandausbau – nicht gerade überraschend. Den Erkenntnisgewinn der 100 000Euro-Studie kritisierten mehrere Kreisräte.
Damit es der Wirtschaft im Kreis gut geht, muss die Politik gute Bedingungen schaffen. Welche das sind, sollte eine Studie herausfinden. Dazu hatte die CDU-Kreistagsfraktion 2010 angeregt. Workshops, Experteninterviews und Unternehmensbefragungen mündeten nun in 160 Seiten Studie des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW). Diese wurde erstmals im Juli vorgestellt.
In der jüngsten Sitzung des Verwaltungsund Finanzausschusses des Kreistages am Mittwoch sorgte die Studie nun aber für Kritik aus allen Fraktionen. „Wir haben uns ein bisschen mehr von der Aussagekraft der Studie erwartet“, sagte etwa Joachim Löffler (CDU), Bürgermeister von Emmingen-Liptingen. Paul Haug (FDP) kritisierte auch das Interesse der Unternehmen. Bei der Präsentation der Ergebnisse im September in Wehingen seien nur wenige Vertreter der Wirtschaft anwesend gewesen. „Man hätte da mehr erwarten können“, sagte Trossingens Bürgermeister Clemens Maier (FWV), „das sind alles Themen, die wir schon seit Jahrzehnten kennen.“ Zweifel an der Aussagekraft Die zentralen Ergebnisse der Studie: Die Wirtschaft im Landkreis ist vom Fachkräftemangel bedroht, die Anbindung an schnelles Internet ist eine entscheidende Voraussetzung für den Wirtschaftsstandort. Diese Aussagen resultieren unter anderem aus 31 Experteninterviews und einer Unternehmensbefragung. Von den 1084 angefragten Unternehmen im Landkreis beteiligten sich 179. Das entspricht mal 16 Prozent der eigentlich vorgesehenen Stichprobe und nur drei Prozent aller Unternehmen im Landkreis.
Für Kritik sorgte auch der Preis der Studie. Rund 100 000 Euro musste der Kreis für das 160-Seiten-Papier auf den Tisch legen. „Die Frage ist, ob das Geld gut angelegt ist“, sagte Clemens Maier.
„Ich bin verwundert über das Meinungsbild“, kommentierte Landrat Stefan Bär die Kritik an der Studie. „Ich persönlich habe aus der Wirtschaft heraus positive Rückmeldungen erhalten, dass sich der Landkreis mit diesen Themen beschäftigt.“Man müsse der Studie vielleicht nicht ungeteilt zustimmen. Doch sei das erste Mal, dass man ein Meinungsbild von Unternehmen vorliegen habe. Handlungsvorschläge in Studie Neben einer Bestandsaufnahme gibt die Studie aber auch konkrete Handlungsvorschläge für den Kreis: Der Start einer Ausbildungsoffensive gegen den Fachkräftemangel, die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes durch Förderung von Freizeit-, Sportund Kulturangeboten zu erhöhen, ein besseres Standortmarketing – und die Einrichtung eines 3-D-Druckerparks, das mehrere Unternehmen in Kooperation nutzen könnten.
„Ich bin schon der Meinung, dass die Wirtschaft sich um die Wirtschaft kümmern muss und die Kommunen und der Kreis um die Rahmenbedingungen“, sagte Landrat Stefan Bär. Der Kreis sei vor allem für den Breitbandausbau und das Standortmarketing verantwortlich. Vor allem Letzteres hob der Landrat als zu bearbeitendes Aufgabenfeld hervor. „Es muss darum gehen, dass wir die starke Profilierung des Landkreises noch besser sichtbar machen.“Das sei auch in Hinblick auf die Lehrersituation im Kreis und den Ärztemangel von Bedeutung. Denn: „Bei all der Stärke, die wir haben, gibt es auch andere, die sich frische und moderner aufgestellt haben“, so Bär.
Deswegen schlug die Kreisverwaltung vor, zunächst 50 000 Euro für ein besseres Standortmarketing in den Haushalt einzustellen – vorsorglich. Wenn es dann einen konkreten Vorschlag gebe, wie das Geld eingesetzt werden könnte, werde der Kreistag erneut darüber beraten. Dem Vorschlag stimmte der Kreistag schließlich einstimmig zu.