Marie Bäumer
Verletzlich, verzweifelt und doch voller mitreißender Energie und Leidenschaft. So interpretierte Marie Bäumer (49) die große Filmdiva Romy Schneider in dem Drama „3 Tage in Quiberon“. Für ihre sensible Darstellung wurde Bäumer bereits mit dem Deutschen Filmpreis als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Bei der Berlinale ging sie überraschend leer aus. Am Samstagabend hat Bäumer bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises nun Chancen auf die Trophäe als beste europäische Schauspielerin.
Bäumer wurde immer wieder mit der Filmlegende Romy Schneider verglichen. Sie habe das aber „nie als besonderen Druck oder Dilemma empfunden“, erzählte sie. „Ich habe viele Drehbücher bekommen. Das waren alles Biopics, die fand ich alle nicht interessant“, sagte sie. „Als Schauspielerin eine Schauspielikone zu interpretieren – ich finde, damit kann man eigentlich nur gegen die Wand fahren.“Einen Zoom am Ende von Schneiders Leben allerdings habe sie interessant gefunden. „3 Tage in Quiberon“spielt im Jahr 1981, ein Jahr später starb Schneider.
Marie Bäumers schauspielerische Bandbreite ist enorm. Die gebürtige Düsseldorferin wurde 1995 mit ihrem Auftritt in Detlev Bucks skurriler Komödie „Männerpension“bekannt. Ihre komödiantische Seite zeigte die passionierte Reiterin dann auch in Michael „Bully“Herbigs Winnetou-Parodie „Der Schuh des Manitu“. In Oskar Roehlers Beziehungsdrama „Der alte Affe Angst“spielte Bäumer die Frau eines Sexsüchtigen. 2007 begeisterte sie das Publikum als Buhlschaft beim Salzburger „Jedermann“. Für ihre Rolle in „Im Angesicht des Verbrechens“wurde die in Südfrankreich lebende Schauspielerin mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. Elke Vogel
Süßer Vogel Jugend. Da liegen wir, wohl im Jahre 1966 (in Vietnam wird getötet und gestorben) fröhlich auf unseren Handtüchern, auf Decken im Freibad. Cliquentreff am Sommernachmittag. Jungs und Mädels. 15, 16, 17 Jahre alt sind wir, der Sound tönt etwas blechern aus einem portablen PhilipsPlattenspieler. Der gehört der Fabrikantentochter, deren Taschengeld großzügig bemessen ist. Sie hat die neueste Scheibe der „Rolling Stones“aufgelegt. „Aftermath“. „The Last Time“, der erste Hit von Richards/Jagger, hat sich ja bereits in unsere Ganglien gebrannt. Und natürlich das Hammerstück „Satisfaction“. Konsumkritik mit einem heftigen Gitarrenriff, das an ein rostiges Saxophon erinnert. Die „Fuzzbox“, die Keith für diesen speziellen Sound angestöpselt hat, ein kleines Gerät mit Neun-VoltBatterie, kommt groß raus. Haben auch bald alle Hobby-Musiker der Kleinstadt. Jetzt: „Paint It Black“, und mehr. Das Seelengewinsel wie „Heart of Stone“oder „Time Is on My Side“ist Schnee von gestern. Das Composer-Duo in Bestform. Und da wird noch viel kommen. Der Typ mit den coolen Riffs Keith, der am kommenden Dienstag tatsächlich 75 wird, ist „unser Stone“. Warum? Jagger singt, schauspielert am Mikro, ist der Frontman. Dazu unbestritten ein genialer Songwriter, zusammen mit Keith. Aber auch ein gockeliger Breitmaulfrosch mit riesigem Ego. Brian Jones, der Blonde? Ein begnadeter Gitarrist und Sitarspieler. Aber irgendwas passt da nicht. Das merken auch die Rolling Stones, nach Jahren, als sie ihn wegen seiner Unzuverlässigkeit – Heroin – mit einer für damalige Zeit königlichen Abfindung in die Wüste schicken. Brian endet tot auf dem Grund eines Swimmingpools – ob’s die Drogen sind, oder ob es Mord war, kommt nie ans Licht. Charlie Watts und Bill Wyman? Zuverlässige Sidemen, doch die könnten auch im Anzug in einer klassischen Bigband auftreten. Nein, Keith ist unser Lieblings-Stone. Nicht der superschnelle Gitarrengott, dafür ersinnt, spielt er die heißesten Riffs. Und er ist der Coolste, schon damals. Bei Livekonzerten – zweimal erlebt – steht er ganz lässig da, haut seine Riffs, seine Licks raus. Auf seiner Fender Telecaster, oft nur mit fünf Saiten bespannt. Die tiefen Töne sind Sache der Kollegen.
Rauchende Kippe zwischen den Lippen, am Finger den berühmten Totenkopfring. Immer mit einem Grinsen, manchmal diabolisch. Später mit zerfurchtem Gesicht, wie ein hundertjähriger Indianer. Oder wie der Vater von Jack Sparrow, dem „Fluch-der-Karibik“-Piraten Johnny Depp. Der bezeichnet Richards als sein Vorbild. Hat dem Old Man of Rock ’n’ Roll zweimal eine kleine Rolle in seinen Filmen zugedacht. Sympathy for the devil.
Wie Richards zu den Stones kommt, oder besser: Wie die Stones mit ihm überhaupt erst die legendäre, die „größte Rock ’n’ Roll-Band aller Infernalisches Duo: Mick Jagger und Keith Richards. Zeiten“gründen, ist mittlerweile fester Bestandteil der Rock-Historie. Richards ist der Sohn eines Industriearbeiters in Dartford, Grafschaft Kent. Working Class. Sein Großvater, ein Jazzer, besitzt eine Gitarre, weckt in Keith den Guitarplayer, zeigt ihm die ersten Griffe. Keine Jugendmusikschule, keine Akademie. Aber der unbändige Wunsch, Blues zu spielen. 1961 trifft er Mick Jagger – den er aus der Grundschule kennt, ohne ihn sonderlich zu mögen – auf dem Bahnhof in Dartford. Jagger hat einige Blues-Platten unter dem Arm, sie kommen ins Gespräch. Ein Jahr später zieht Keith Richards in London mit Mick Jagger und Brian Jones in eine schäbige Wohnung. Die Geburtsstunde der Stones.
An erster Stelle steht der Blues. In einer eigenen, etwas dreckigeren Spielart. Die Coverversionen ihrer US-Idole kommen gut an, die Stones werden als Gegenentwurf zu den damals braven Beatles promoted. Die Stones treffen einen Nerv. Mit dem Erfolg kommen die Drogen, das ist fast wie ein Naturgesetz im Rockbusiness. Keith lässt nichts aus. Hochprozentige Wässerchen. Einen Joint nach dem anderen. Pülverchen aus Südamerika. Heroin. Jagger lebt dagegen relativ clean.
Was Frauen angeht, lässt Richards ebenso wenig anbrennen wie Jagger. Heute würde man sagen: Sexaholic, ab auf die Couch. Aber es sind die wilden Jahre, im „swinging London“wie auf dem Kontinent. Sexuelle Befreiung, die Überwindung aller Konventionen ist hip. Legendär, auch durch die Biografie der „Kommunardin“Uschi Obermaier, wie Jagger und Keith Richards sie gleichzeitig in München aufsuchen. Jagger macht die „älteren Rechte“geltend, Keith zieht trotzdem nicht ab. Sie durchkiffen gemeinsam die Nacht. Am nächsten Abend, Jaggers Ehefrau Bianca ist eingetroffen, steht Keith wieder bei 1998 müssen die Stones ihren Tourneestart verschieben – Keith ist von der Leiter seiner Bibliothek gestürzt. So so. 2006 fällt er von einer Palme, heißt es. Tatsächlich ist er völlig dicht über einen Baumstumpf gestolpert. Die Ärzte stellen ein Blutgerinnsel im Gehirn fest. Seitdem nimmt Richards gerinnungshemmende Medikamente. Wird dadurch, der Nebenwirkungen wegen, seine Drogensucht los. Wirklich? 2007 ist Keith wieder in den Schlagzeilen, weil er Asche seines Vaters zusammen mit Kokain geschnupft hat. „Nur ein bisschen“.
Egal, er bezeichnet sich mittlerweile selbst als clean, mit „ganz kleinen Ausnahmen“. Seine Droge heute: „Mit den Stones auf der Bühne zu stehen, das mache ich, bis ich umfalle.“Er ist superreich, hat Anwesen im südenglischen Sussex, im USStaat Connecticut, auf Parrot Cay, in der Karibik. „Da sitze ich im Schatten (er steht immer noch erst um vier Uhr nachmittags auf), schaue meinen Enkelchen zu, wie sie im flachen Wasser an meinem Privatstrand plantschen. Ist doch großartig.“
Durchaus. Den blöden Spruch „Wer damals wirklich dabei gewesen ist, kann sich an nichts erinnern“konterkariert Richards mit einer opulenten, über 700-seitigen Biografie. Fröhlich berichtet er, dass Mick ihn des öfteren angerufen habe, um Details für die eigenen Jagger-Erinnerungen zu erfahren. Das Verhältnis der beiden ist mittlerweile „brüderlich“, nach langer Intimfreundfeindschaft. Monogam lebt Keith Richards schon lange. Er ist seit 40 Jahren mit dem US-Model Patti Hansen liiert, hat fünf Kinder, fünf Enkelkinder. Irgendwie wirkt er geerdet, der Überlebenslurch. „It’s Only Rock ’n’ Roll, But I Like It.“Bis ihm der Telecaster aus der Hand fällt.
Happy Birthday, Keith!