Zu spät am Einsatzort
Nicht immer kommt der Rettungswagen schnell genug – Ehrenamtliche sind unverzichtbar
TUTTLINGEN - Nicht überall im Landkreis kommt der Rettungswagen so schnell, wie er sollte. Besonders im Donautal und auf dem Heuberg können die Rettungskräfte oft die gesetzliche Hilfsfrist von 15 Minuten nicht einhalten. Das geht aus dem Datensatz eines Kooperationsprojektes der „Schwäbischen Zeitung“mit dem „Südwestrundfunk“(SWR) hervor. Die angemessene Versorgung im Kreis ist nur durch die Arbeit vieler Ehrenamtlicher möglich.
Drei Mitarbeiter sitzen jeweils vor bis zu sieben Bildschirmen, auf den Monitoren leuchten Tabellen und Karten. Immer wieder klingelt das Telefon – Notrufe. Hier, in der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Tuttlingen, werden alle Einsätze der Rettungswagen koordiniert. Auf einer Karte sind die Standorte der Einheiten eingezeichnet. Sind die Vierecke grün hinterlegt, ist der Wagen frei, rot bedeutet belegt. Erreicht ein Notruf die Leitstelle, schlägt der Computer den Rettungswagen vor, der den kürzesten Weg zum Einsatzort hat.
Doch trotz neuester Technik schaffen es Rettungswagen nicht immer, innerhalb der gesetzlichen Frist am Einsatzort einzutreffen: 15 Minuten vom Anruf in der Leitstelle bis zum Verlassen des Rettungswagens. In manchen Teilen des Landkreises klappt das nur selten. Der Grund: lange Wege im Flächenkreis Tuttlingen und zum Teil schwierige Straßenverhältnisse. Die Einrichtung von zusätzlichen Rettungswachen ist unwirtschaftlich. Aus den vom SWR erhobenen Zahlen von 2016 und 2017 wird deutlich: Innerhalb der gesetzlichen Fristen kommt der Rettungswagen häufig nur in den Bereichen, die in der Nähe einer Rettungswache liegen. Im Landkreis sind das Tuttlingen, Trossingen, Spaichingen, Wehingen – und Mühlheim, die erst im Juli 2018 eingerichtet worden ist. Längere Fahrtzeiten am Rand des Landkreises Vor allem am südlichen und östlichen Rand des Landkreises, im Bereich Geisingen, im Donautal und dem Heuberg, kam der Rettungswagen meist später, als er eigentlich sollte. Laut den Daten, die unserer Zeitung zur Verfügung gestellt wurden, konnte die Hilfsfrist etwa in Fridingen im Jahr 2017 nur in 28,7 Prozent der dortigen Einsätze eingehalten werden – in 2016 waren es sogar nur 17,6 Prozent. Eigentlich sollte die gesetzliche Hilfsfrist in zumindest 95 Prozent der Einsätze eingehalten werden. Deutlich unter dieser Vorgabe lagen 2017 unter anderem Kolbingen (27 Prozent), Talheim (74 Prozent) oder Bubsheim (79 Prozent). Anders sieht es etwa an den Klinikstandorten Tuttlingen (96,9 Prozent) und Spaichingen (94,4 Prozent) aus. Auch Trossingen liegt als Standort einer Rettungswache (93,8 Prozent) im grünen Bereich.
Die Rettungswachen im Landkreis betreut das Deutsche Rote Kreuz. „Es gibt physikalische Grenzen, die man auch mit Blaulicht nicht überwinden kann“, sagt Oliver Ehret, Kreisgeschäftsführer des DRK Tuttlingen. Im Landkreis sei nicht alles rosig, aber auch nicht so dramatisch, wie es scheint. Denn: Schon seit den 90erJahren gibt es im Landkreis das „Helfer-vor-Ort“-System. Nur durch Ehrenamtliche machbar Das sind vom DRK ausgebildete Ehrenamtliche in den Gemeinden, die im Notfall von der Leitstelle zusätzlich alarmiert werden – eine Art freiwillige Feuerwehr des DRK. Sie sind oft schneller am Einsatzort als der Krankenwagen und können die Zeit bis der Rettungswagen eintrifft, überbrücken. „Das hat schon einige Leben gerettet“, sagt auch Dr. Eckhard Stegmann, Notarzt in Tuttlingen. Das Stabilisieren der zu Versorgenden und die ersten Informationen durch die ehrenamtlichen Helfer sei Gold wert. Aber: Laut Oliver Ehret wird das nicht als auf die Hilfsfrist anrechenbar anerkannt.
„Ohne unsere Ehrenamtlichen funktioniert unser Gesundheitssystem im ländlichen Raum nicht“, sagt Ehret. „Hauptamtlich ist das einfach nicht finanzierbar.“Man versuche aus den Rahmenbedingungen das Beste zu machen. Deswegen versuche man in Zukunft auch kreisübergreifend zusammenzuarbeiten und gemeinsame Notarztstandorte einzurichten. Doch nicht zuletzt müssen da auch die Kostenträger mitmachen – die Krankenkassen.
Auch die vom Arbeiter-Samariter -Bund im Juli neu eingerichtete Rettungswache in Mühlheim steht noch auf dem Prüfstand. Sie ist bis Ende 2019 nur im Probebetrieb und nur an Werktagen zwischen 9 und 19 Uhr besetzt. Wie es auf lange Sicht weitergeht, ist noch ungewiss. Wie pünktlich ist der Rettungswagen bei Ihnen? Eine Karte mit allen Daten finden Sie auf unserer Internetseite unter www.schwaebische.de/ hilfsfrist-tut Alle Berichte zur Einhaltung der Hilfsfristen im Südwesten finden Sie auf unserer Internetseite unter www.schwaebische.de/ rettungsdaten