Trossinger Zeitung

Zu spät am Einsatzort

Nicht immer kommt der Rettungswa­gen schnell genug – Ehrenamtli­che sind unverzicht­bar

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Nicht überall im Landkreis kommt der Rettungswa­gen so schnell, wie er sollte. Besonders im Donautal und auf dem Heuberg können die Rettungskr­äfte oft die gesetzlich­e Hilfsfrist von 15 Minuten nicht einhalten. Das geht aus dem Datensatz eines Kooperatio­nsprojekte­s der „Schwäbisch­en Zeitung“mit dem „Südwestrun­dfunk“(SWR) hervor. Die angemessen­e Versorgung im Kreis ist nur durch die Arbeit vieler Ehrenamtli­cher möglich.

Drei Mitarbeite­r sitzen jeweils vor bis zu sieben Bildschirm­en, auf den Monitoren leuchten Tabellen und Karten. Immer wieder klingelt das Telefon – Notrufe. Hier, in der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Tuttlingen, werden alle Einsätze der Rettungswa­gen koordinier­t. Auf einer Karte sind die Standorte der Einheiten eingezeich­net. Sind die Vierecke grün hinterlegt, ist der Wagen frei, rot bedeutet belegt. Erreicht ein Notruf die Leitstelle, schlägt der Computer den Rettungswa­gen vor, der den kürzesten Weg zum Einsatzort hat.

Doch trotz neuester Technik schaffen es Rettungswa­gen nicht immer, innerhalb der gesetzlich­en Frist am Einsatzort einzutreff­en: 15 Minuten vom Anruf in der Leitstelle bis zum Verlassen des Rettungswa­gens. In manchen Teilen des Landkreise­s klappt das nur selten. Der Grund: lange Wege im Flächenkre­is Tuttlingen und zum Teil schwierige Straßenver­hältnisse. Die Einrichtun­g von zusätzlich­en Rettungswa­chen ist unwirtscha­ftlich. Aus den vom SWR erhobenen Zahlen von 2016 und 2017 wird deutlich: Innerhalb der gesetzlich­en Fristen kommt der Rettungswa­gen häufig nur in den Bereichen, die in der Nähe einer Rettungswa­che liegen. Im Landkreis sind das Tuttlingen, Trossingen, Spaichinge­n, Wehingen – und Mühlheim, die erst im Juli 2018 eingericht­et worden ist. Längere Fahrtzeite­n am Rand des Landkreise­s Vor allem am südlichen und östlichen Rand des Landkreise­s, im Bereich Geisingen, im Donautal und dem Heuberg, kam der Rettungswa­gen meist später, als er eigentlich sollte. Laut den Daten, die unserer Zeitung zur Verfügung gestellt wurden, konnte die Hilfsfrist etwa in Fridingen im Jahr 2017 nur in 28,7 Prozent der dortigen Einsätze eingehalte­n werden – in 2016 waren es sogar nur 17,6 Prozent. Eigentlich sollte die gesetzlich­e Hilfsfrist in zumindest 95 Prozent der Einsätze eingehalte­n werden. Deutlich unter dieser Vorgabe lagen 2017 unter anderem Kolbingen (27 Prozent), Talheim (74 Prozent) oder Bubsheim (79 Prozent). Anders sieht es etwa an den Klinikstan­dorten Tuttlingen (96,9 Prozent) und Spaichinge­n (94,4 Prozent) aus. Auch Trossingen liegt als Standort einer Rettungswa­che (93,8 Prozent) im grünen Bereich.

Die Rettungswa­chen im Landkreis betreut das Deutsche Rote Kreuz. „Es gibt physikalis­che Grenzen, die man auch mit Blaulicht nicht überwinden kann“, sagt Oliver Ehret, Kreisgesch­äftsführer des DRK Tuttlingen. Im Landkreis sei nicht alles rosig, aber auch nicht so dramatisch, wie es scheint. Denn: Schon seit den 90erJahren gibt es im Landkreis das „Helfer-vor-Ort“-System. Nur durch Ehrenamtli­che machbar Das sind vom DRK ausgebilde­te Ehrenamtli­che in den Gemeinden, die im Notfall von der Leitstelle zusätzlich alarmiert werden – eine Art freiwillig­e Feuerwehr des DRK. Sie sind oft schneller am Einsatzort als der Krankenwag­en und können die Zeit bis der Rettungswa­gen eintrifft, überbrücke­n. „Das hat schon einige Leben gerettet“, sagt auch Dr. Eckhard Stegmann, Notarzt in Tuttlingen. Das Stabilisie­ren der zu Versorgend­en und die ersten Informatio­nen durch die ehrenamtli­chen Helfer sei Gold wert. Aber: Laut Oliver Ehret wird das nicht als auf die Hilfsfrist anrechenba­r anerkannt.

„Ohne unsere Ehrenamtli­chen funktionie­rt unser Gesundheit­ssystem im ländlichen Raum nicht“, sagt Ehret. „Hauptamtli­ch ist das einfach nicht finanzierb­ar.“Man versuche aus den Rahmenbedi­ngungen das Beste zu machen. Deswegen versuche man in Zukunft auch kreisüberg­reifend zusammenzu­arbeiten und gemeinsame Notarztsta­ndorte einzuricht­en. Doch nicht zuletzt müssen da auch die Kostenträg­er mitmachen – die Krankenkas­sen.

Auch die vom Arbeiter-Samariter -Bund im Juli neu eingericht­ete Rettungswa­che in Mühlheim steht noch auf dem Prüfstand. Sie ist bis Ende 2019 nur im Probebetri­eb und nur an Werktagen zwischen 9 und 19 Uhr besetzt. Wie es auf lange Sicht weitergeht, ist noch ungewiss. Wie pünktlich ist der Rettungswa­gen bei Ihnen? Eine Karte mit allen Daten finden Sie auf unserer Internetse­ite unter www.schwaebisc­he.de/ hilfsfrist-tut Alle Berichte zur Einhaltung der Hilfsfrist­en im Südwesten finden Sie auf unserer Internetse­ite unter www.schwaebisc­he.de/ rettungsda­ten

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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Auf einem Monitor können die Mitarbeite­r in der Leitstelle genau nachverfol­gen, wo sich die Rettungswa­gen im Landkreis befinden.

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