Holzfällerkinder gehen auf die Reise
Musikschule und Jugendkunstschule arbeiten für Stück „Der blaue Vogel“eng zusammen
TUTTLINGEN - Auf der Suche nach dem blauen Vogel, der glücklich machen soll, haben die Besucher im voll besetzten Saal der Tuttlinger Stadthalle am Samstagabend ein mitreißendes Musiktheater erlebt. Gemeinsam haben Jugendkunstschule Zebra, und die Musikschule Tuttlingen, das zum Nachdenken anregende Stück von Maurice Maeterlinck aus dem Jahr 1906 einstudiert. Ein Stück, dessen Fazit am Ende ist, dass das Glück vor Ort zu finden ist. Man muss es nur sehen, erkennen, bewahren und festhalten.
Das fantasievolle Bühnenbild und die Requisiten, die die Schüler der Jugendkunstschule unter Anleitung ihrer Dozenten gestaltet hatten, faszinierte die Zuschauer. „Wir haben sie dafür großflächig arbeiten lassen. Sie sollten die Hintergründe zu den Texten so gestalten, wie sie sie selbst begriffen haben. Wir haben uns immer wieder unterstützend mit eingebracht“, erklärte Hans-Uwe-Hähn, der Leiter der Jugendkunstschule, der auch die Gesamtleitung für das Stück inne hatte.
Zum Inhalt: Ein Diamant, der den beiden armen Holzfällerkindern Mytyl und Tyltyl von einer Fee überreicht worden ist, öffnet ihnen auf ihrer Suche nach dem scheinbar fernen, unerreichbaren Glück die Augen und die Herzen. Er hilft ihnen dabei, Einblicke in die Welt der Wesen zu erlangen und das Wesentliche zu erkennen. Auf ihrer wundersamen Suche nach dem blauen Vogel werden sie von Brot, Wasser, Feuer, Zucker Hund, Katze und dem Licht begleitet, wobei nicht jedes Wesen es gut mit ihnen meint. Musikschüler mit dabei Die Musiker des sinfonischen Kooperationsorchesters der Gymnasien und der Musikschule Tuttlingen fanden mit den ausgewählten Titeln unter der Leitung von Friederike Weber die richtigen Töne dazu. Die Theatergruppe und die kleinen Mitstreiter aus den Klassen der Musikschule verstanden es, unter der Anleitung von Hannah Monnigner (Jugendkunstschule Zebra), die bei dem Musiktheater Regie führte, sowie Celina Lauren (Musikschule), die die Choreographie einstudiert hatte, den nicht immer einfachen Stoff des Stückes herzerfrischend umzusetzen. Das Publikum sparte dabei nicht mit spontanem Szenenapplaus.
So mancher Zuschauer schluckte jedoch angesichts der toten Vögel (Kinder der Frühförderklassen der Musikschule), die von den Hauptdarstellern auf den Armen nach draußen getragen wurden, der Begegnung mit den toten Großeltern, dem Tanz mit den toten Geschwistern, die Begegnung mit noch ungeborenen Geschwistern, die quasi als Geburtsgeschenk für die neue Familie Krankheiten im Gepäck haben, oder donnergrollenden Kriegen.
Aktuelle Themen, die heutzutage ständige Begleiter im Alltag sind, wurden im Stück widergespiegelt: Armut steht Reichtum gegenüber, Hunger überbordender Fülle, unterschiedlichste Glücksarten der Alltagstristesse, Glück dem Unglück und Gier der Zufriedenheit. War alles nur ein Traum? Am Ende jedenfalls stellte sich die Frage: „War alles nur ein nächtlicher Traum?“Trotz der unveränderten Situation zuhause scheint den Geschwistern alles viel schöner, freundlicher, größer und besser. Die Lehre: Wer bereit ist, die Augen und sich selbst für sein Umfeld zu öffnen, entdeckt, dass das Glück allgegenwärtig ist – auch in kleinen Dingen. Dass es, wie der blaue Vogel, auch davon fliegen kann, wenn es nicht gepflegt, behütet und erkannt wird.
„Hut ab“vor der Leistung aller Beteiligten. Einziger Kritikpunkt ist die Länge der Aufführung: zweieinhalb Stunden reine Spielzeit. Sicherlich hätte sich bei einigen Szenen, die zu ausgedehnt umgesetzt wurden, Zeit einsparen lassen – und das Publikum hätte noch mehr gefesselt werden können.