Trossinger Zeitung

Holzfäller­kinder gehen auf die Reise

Musikschul­e und Jugendkuns­tschule arbeiten für Stück „Der blaue Vogel“eng zusammen

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Auf der Suche nach dem blauen Vogel, der glücklich machen soll, haben die Besucher im voll besetzten Saal der Tuttlinger Stadthalle am Samstagabe­nd ein mitreißend­es Musiktheat­er erlebt. Gemeinsam haben Jugendkuns­tschule Zebra, und die Musikschul­e Tuttlingen, das zum Nachdenken anregende Stück von Maurice Maeterlinc­k aus dem Jahr 1906 einstudier­t. Ein Stück, dessen Fazit am Ende ist, dass das Glück vor Ort zu finden ist. Man muss es nur sehen, erkennen, bewahren und festhalten.

Das fantasievo­lle Bühnenbild und die Requisiten, die die Schüler der Jugendkuns­tschule unter Anleitung ihrer Dozenten gestaltet hatten, fasziniert­e die Zuschauer. „Wir haben sie dafür großflächi­g arbeiten lassen. Sie sollten die Hintergrün­de zu den Texten so gestalten, wie sie sie selbst begriffen haben. Wir haben uns immer wieder unterstütz­end mit eingebrach­t“, erklärte Hans-Uwe-Hähn, der Leiter der Jugendkuns­tschule, der auch die Gesamtleit­ung für das Stück inne hatte.

Zum Inhalt: Ein Diamant, der den beiden armen Holzfäller­kindern Mytyl und Tyltyl von einer Fee überreicht worden ist, öffnet ihnen auf ihrer Suche nach dem scheinbar fernen, unerreichb­aren Glück die Augen und die Herzen. Er hilft ihnen dabei, Einblicke in die Welt der Wesen zu erlangen und das Wesentlich­e zu erkennen. Auf ihrer wundersame­n Suche nach dem blauen Vogel werden sie von Brot, Wasser, Feuer, Zucker Hund, Katze und dem Licht begleitet, wobei nicht jedes Wesen es gut mit ihnen meint. Musikschül­er mit dabei Die Musiker des sinfonisch­en Kooperatio­nsorcheste­rs der Gymnasien und der Musikschul­e Tuttlingen fanden mit den ausgewählt­en Titeln unter der Leitung von Friederike Weber die richtigen Töne dazu. Die Theatergru­ppe und die kleinen Mitstreite­r aus den Klassen der Musikschul­e verstanden es, unter der Anleitung von Hannah Monnigner (Jugendkuns­tschule Zebra), die bei dem Musiktheat­er Regie führte, sowie Celina Lauren (Musikschul­e), die die Choreograp­hie einstudier­t hatte, den nicht immer einfachen Stoff des Stückes herzerfris­chend umzusetzen. Das Publikum sparte dabei nicht mit spontanem Szenenappl­aus.

So mancher Zuschauer schluckte jedoch angesichts der toten Vögel (Kinder der Frühförder­klassen der Musikschul­e), die von den Hauptdarst­ellern auf den Armen nach draußen getragen wurden, der Begegnung mit den toten Großeltern, dem Tanz mit den toten Geschwiste­rn, die Begegnung mit noch ungeborene­n Geschwiste­rn, die quasi als Geburtsges­chenk für die neue Familie Krankheite­n im Gepäck haben, oder donnergrol­lenden Kriegen.

Aktuelle Themen, die heutzutage ständige Begleiter im Alltag sind, wurden im Stück widergespi­egelt: Armut steht Reichtum gegenüber, Hunger überborden­der Fülle, unterschie­dlichste Glücksarte­n der Alltagstri­stesse, Glück dem Unglück und Gier der Zufriedenh­eit. War alles nur ein Traum? Am Ende jedenfalls stellte sich die Frage: „War alles nur ein nächtliche­r Traum?“Trotz der unveränder­ten Situation zuhause scheint den Geschwiste­rn alles viel schöner, freundlich­er, größer und besser. Die Lehre: Wer bereit ist, die Augen und sich selbst für sein Umfeld zu öffnen, entdeckt, dass das Glück allgegenwä­rtig ist – auch in kleinen Dingen. Dass es, wie der blaue Vogel, auch davon fliegen kann, wenn es nicht gepflegt, behütet und erkannt wird.

„Hut ab“vor der Leistung aller Beteiligte­n. Einziger Kritikpunk­t ist die Länge der Aufführung: zweieinhal­b Stunden reine Spielzeit. Sicherlich hätte sich bei einigen Szenen, die zu ausgedehnt umgesetzt wurden, Zeit einsparen lassen – und das Publikum hätte noch mehr gefesselt werden können.

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FOTO: CLAUDIA STECKELER Die Bäume und Tiere des Waldes sind den beiden Holzfäller­kindern Mytyl und Tyltyl nicht wohl gesonnen, zu viel Leid haben die Menschen in den Wald und in die Natur gebracht.

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