Pflegeeinrichtungen wollen flexibel bleiben
Ab 2019 sind in Pflegeheimen nur noch Einzelzimmer erlaubt – Zustimmung und Kritik
SPAICHINGEN - Keine Doppelzimmer, bestimmte Raum- und Gruppengrößen – ab dem 1. Januar tritt für Pflegeheime in Baden-Württemberg eine neue Landesverordnung in Kraft. Während das Sozialministerium die Regeln für einen notwendigen Schritt hält, wünschen sich die Einrichtungen in Spaichingen und auf dem Heuberg mehr Freiräume in der Gestaltung ihrer Arbeit.
„Auch ohne Verordnung werden stationäre Einrichtungen überwiegend nach diesen Standards gebaut“, sagt Pascal Murmann, Sprecher des Sozialministeriums. Für ihn ist die Landesheimbauverordnung mit den „subjektiven Wünschen und wissenschaftlich belegten Bedürfnissen“der Pflegebedürftigen abgestimmt. Für das Ministerium sind die Vorgaben pflegewissenschaftlicher Konsens – „inhaltlich wird das nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt“, sagt Murmann. Im Fokus: der Raum Anfang September 2009 wurde die Verordnung von der damaligen Landesregierung durchgebracht, seitdem hatten Einrichtungen im Land zehn Jahre Zeit, die Vorschriften zu erfüllen. Ziel der damaligen Offensive: An der Erhaltung von Würde, Selbstbestimmung und Lebensqualität der Bewohner von Heimen zu arbeiten.
Im Zentrum der Verordnung steht die Einzelzimmerregelung, außerdem gibt es nun Mindestvorgaben für die Raumgröße der Wohnräume – diese darf nicht weniger als 14 Quadratmeter betragen. Auch in den sogenannten Wohngruppen sollen maximal 15 Bewohner auf einmal sein. Auch das Raumkonzept dieser Gruppen ist genau festgelegt.
Die Rückmeldungen zeigen bereits jetzt eine positive Zwischenbilanz, sagt Murmann. „Die überwiegende Zahl der Einrichtungsträger hat sich bereits auf den Weg gemacht, die Landesheimbauverordnung umzusetzen.“Doch nicht jede Einrichtung ist in der Lage, die Regeln umzusetzen. In Sigmaringendorf muss beispielsweise ein kleines Heim wegen der neuen Bauverordnung schließen. Alle Räume auf Einzelzimmer herunterzustreichen – einige kleinere Einrichtungen haben nicht mehr genug Platz, um weiterhin zu bestehen. „Es gibt auch einzelne Träger, die den Status Quo beibehalten wollen und keine Bereitschaft zur Anpassung zeigen“, antwortet Murmann. Mit Instrumenten wie den verlängerten Übergangsfristen will das Ministerium diesen Einrichtungen aber weiter helfen. Keine schlechten Erfahrungen mit Doppelzimmern Solche Probleme, wie die der Einrichtung in Sigmaringendorf, haben hiesige Pflegeheime nicht. Die Stiftung Liebenau muss sich jedoch derzeit um ein Verlängerungsverfahren für das Pflegeheim in Gosheim bemühen. Die Einrichtung ist noch nicht alt. 2006 wurde unter damaligen Standards gebaut, nun müssen die Wohngruppen und einige Doppelzimmer der neuen Verordnung angepasst werden. „Wir führen gerade konstruktive Gespräche mit der Kommune und der Heimaufsicht“, sagt Helga Raible von der Presseabteilung der Stiftung Liebenau. Es sei schwierig, gute Lösungen zu finden. „Wir haben nichts gegen die Einzimmerregelung, aber die Umsetzung stellt uns vor Herausforderungen.“Für die Beweggründe zur Verordnung zeigt Raible Verständnis, sie würde sich jedoch flexible Lösungsmöglichkeiten für die Einrichtungen wünschen.
Im Spaichinger Altenzentrum St. Josef gehen die Verantwortlichen gelassen in das neue Jahr. „Wir sind gut vorbereitet und nicht mehr von den Regelungen betroffen“, sagt Nadja Merkle, Bereichsleiterin der Stiftung St. Franziskus. Im Gegensatz zum Pflegeheim in Gosheim wurde in Spaichingen bis 2014 umgebaut, „in den vier Jahren Bauphase waren die neuen Landesregeln schon bekannt. Wir konnten daher alles schon recht früh abdecken.“Merkle sieht die Regelung ähnlich wie ihre Kollegin: „In manchen Fällen macht es Sinn, auf Doppelzimmer zurückgreifen zu können.“
„Wir hatten grundsätzlich keine schlechten Erfahrungen mit Doppelzimmern“, sagt auch Margarete Ohnmacht vom Pflegeheim St. Ulrich in Wehingen. Sie ist der Meinung, dass zu den Bedürfnissen der Menschen auch der ständige Kontakt gehört: „Im Alter geht es darum, die Menschen nicht allein zu lassen.“Früher seien Doppelzimmer Standard gewesen, sagt Ohnmacht, „klar, mussten Menschen dann auch mal umziehen, wenn es nicht so gepasst hat. Aber wir haben immer eine Lösung gefunden.“
Die Veränderungen betreffen die Einrichtung derweil kaum. In Wehingen wäre gut geplant worden und die Vorgaben in dem zehnjährigen Zeitfenster verwirklicht worden, sagt Ohnmacht. Für die Leiterin der Einrichtung ist die Verordnung eine Antwort auf eine neue Generation von Pflegebedürftigen: „Die Erwartungshaltung der jüngeren Generationen ändert sich, daher machen die neuen Regeln schon Sinn.“