Erst zäh, dann zufriedenstellend
Online-Handel hinterlässt seine Spuren beim Weihnachtsgeschäft der Einzelhändler
TUTTLINGEN - Geschenke kaufen auf den letzten Drücker – das geht in diesem Jahr besonders gut, fällt der Heiligabend doch auf einen Montag. So stehen Kurzentschlossenen am letzten Adventswochenende und sogar am 24. noch alle Ladentüren offen. Für die Tuttlinger Einzelhändler fiel das bisherige Weihnachtsgeschäft größtenteils positiv aus – die erhoffte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr nehmen jedoch nicht alle wahr.
Etwas holprig war vor allem der Start ins Adventsgeschäft. „Die ersten beiden Adventswochenenden waren schlecht, erst jetzt läuft es langsam normal. Der vergangene Samstag war dann etwa auf Vorjahresniveau“, sagt Gundram Meurer von Ego Männermode und Aust Fashion. Er hatte sich mehr erhofft. Den Grund für die anfänglich fehlende Kauflust der Kunden sieht er einerseits in der Sperrung der Fußgängerbrücken und der Baustelle in der Fußgängerzone.
Aber auch die Tatsache, dass Tuttlingen nicht mit einem großen Weihnachtsmarkt locke und viele ihre Weihnachtseinkäufe deshalb anderswo erledigen würden, spielt nach seiner Einschätzung eine Rolle. „Die Leute wollen ein Erlebnis haben am Wochenende“, sagt Meurer. Dass an Heiligabend noch der große Umsatz wartet, glaubt er nicht: „Am Freitag geht vielleicht nochmal was, aber ab Samstag kaufen die Leute dann eher Lebensmittel“, meint der Einzelhändler.
Für Lucia Maier von der Parfümerie Gradmann ist der verhaltene Einstieg des Weihnachtsgeschäfts keine Überraschung: „Die ersten beiden Adventssonntage sind in Tuttlingen immer ruhig. Da gehen die Leute auf den Weihnachtsmarkt, sammeln Ideen und bummeln – ab dem dritten Advent geht es dann zur Sache“, sagt sie. Deswegen seien ihre Mitarbeiter derzeit auch schwer am Werkeln, im Vergleich zum Vorjahr sei sie in diesem Jahr zufriedener mit den Geschäften. „Wir sind gespannt, wie der Montag wird“, fügt die Filialleiterin hinzu. Abgrenzen vom Online-Handel durch spezielles Sortiment Ähnliche Erfahrungen hat auch Claudia Diener von Mode Elfenreich gemacht. „Bisher waren die Geschäfte schlechter als vergangenes Jahr“, sagt sie. Sie setzt deshalb große Hoffnungen in das letzte Adventswochenende. „Man muss ja optimistisch bleiben“, sagt die Ladenbesitzerin. Sie spüre jedoch durchaus, dass die Tuttlinger immer häufiger nicht mehr beim lokalen Händler einkauften, sondern übers Internet oder in größeren Städten.
Dass der Online-Handel das Weihnachtsgeschäft der Tuttlinger Einzelhändler beeinflusst, bekommt auch Christof Manz von Stiefels Buchladen zu spüren: „Das schlägt sich natürlich in den Weihnachtsgeschäften nieder. Wir stellen uns bewusst anders auf und haben nicht das klassische Standard-Sortiment. Das wird angenommen“, sagt der Buchhändler. Er sei deshalb bisher zufrieden mit dem Adventsgeschäft.
Dass Bücher nach wie vor ein beliebtes Weihnachtsgeschenk seien, freut auch Katharina King von Buch Greuter. „Die erste Dezemberwoche war etwas schleppend, aber ich habe das Gefühl, das wird jetzt alles aufgeholt“, sagt sie. Sie habe im Vergleich zu 2017 bereits jetzt eine Steigerung wahrgenommen. Auch die Bestellungen über den eigenen Onlineshop würden immer mehr. „Vielleicht liegt es daran, dass bei Amazon gestreikt wird, dass die Leute wieder mehr im Buchladen einkaufen. Zudem kommt natürlich der Stöberfaktor vor Ort dazu“, erklärt sie sich die Steigerung.
Auch beim Taschengeschäft Kohler-Gehring und dem Vaude-Store klingeln die Kassen dieses Jahr mehr als zu Weihnachten 2017. „Wir sind bis jetzt zufrieden, ich glaube dass der Freitag und der Samstag noch einmal stark werden“, sagt Geschäftsführer Jörg Sutter. An Heiligabend verkauft sich höchstens ein Gutschein Ernüchternder fällt die Zwischenbilanz von Ulfried Haller vom gleichnamigen Herrenmodegeschäft aus. „Es ist kurz gesagt zufriedenstellend – aber mehr auch nicht“, sagt der Seniorchef. Eine Steigerung gebe es nicht, die bisherigen Umsätze seien sehr ähnlich wie im Vorjahr. „Am Wochenende erhoffen wir uns schon nochmal was“, sagt Haller.
Mit „okay“umschreibt Frank Butsch, Geschäftsführer von Intersport Butsch, das bisherige Weihnachtsgeschäft. „In der heutigen Zeit, mit dem Onlinehandel als Konkurrenz, muss man froh sein, wenn man seinen Umsatz halten kann“, sagt Butsch.
Auffällig sei, dass in diesem Jahr aufgrund des wenigen Schnees anstatt Skiausrüstung mehr Bekleidung verkauft werde, weil die Leute eher Wandern gehen. Auf Heiligabend als Einkaufstag für Spätentschlossene setzt er dagegen wenig Hoffnung: Spontankäufer gebe es an Weihnachten fast gar nicht mehr – „und wenn, dann wollen die Leute höchstens einen Gutschein“, fügt er hinzu.