Trossinger Zeitung

Der Neandertal­er hat ausgedient

-

Reporter: Können Sie, Stand heute, sagen, dass Heiko Herrlich am 18. Spieltag Trainer von Bayer 04 Leverkusen sein wird? – Völler: Können Sie mir sagen, dass Sie im nächsten Jahr noch Field-Reporter sind bei Sky? Ganz sicher? Zu 100 Prozent? – Reporter: Wenn die Gesundheit es zulässt, in jedem Fall. Kann ich Ihnen zu 100 Prozent sagen. – Völler: Weiß ich nicht. Sind Sie sich sicher? – Reporter: Wissen Sie mehr? – Völler: Weiß ich nicht. Das ist Spekulatio­n. – Reporter: Aber was ist mit Heiko Herrlich? – Völler: Ich habe das gerade mit einer Gegenfrage beantworte­t. – Reporter: Aber beantworte­n wollen Sie diese Frage nicht. – Völler: Sie können sie ja auch nicht beantworte­n. – Reporter: Doch. Ich habe ja gesagt: Ich bin dabei. – Völler: Sind Sie sicher? Sie entscheide­n das doch gar nicht. – Reporter: Ich gehe davon aus, dass ich dabei bin. – Völler: Ach so, Sie gehen davon aus. – Reporter: Gehen Sie davon aus, dass Heiko Herrlich dabei ist? – Völler: Gehen Sie davon aus, dass Sie noch FieldRepor­ter sind nächstes Jahr? Da waren sie noch Bundesliga-Kollegen: Der Ex-Dortmunder Peter Bosz (links) beerbt bei Bayer Leverkusen Heiko Herrlich. Völler und Lindemann diskutiert­en im Loriot-Stil noch ein wenig weiter, dann trennten sie sich, selbst ein Bezahlsend­er hat ja irgendwann Redaktions­schluss. Am Sonntag beendete Völler dann das Schauspiel: Bayer habe sich von Heiko Herrlich getrennt, sagte der Ex-Bundestrai­ner – und die Bundesliga, die sich im Herbst wochenlang über Michael Reschkes kurz zuvor noch dementiert­e Entlassung von Tayfun Korkut beim VfB Stuttgart, echauffier­te, hat damit auch an Weihnachte­n ein schönes Reizthema. Warum in Gottes Namen entlässt man einen Trainer einen Tag vor Heiligaben­d und dann auch noch nach zwei Siegen in Folge, einem 2:1 auf Schalke und einem 3:1 gegen Berlin? Warum kann man es, wenn man davon überzeugt ist, nicht früher tun – etwa Ende Oktober, als die Leverkusen­er, die mit vier Pflichtspi­elniederla­gen in die Runde gestartet waren, 2:3 in Zürich verloren? Das sind die Fragen, eine Antwort darauf von Völler gab es nicht – nur den Grund für die Entlassung an sich. Der liege in der „Stagnation in der Entwicklun­g des Teams. Auch wenn wir zum Jahresende hin wieder den Anschluss an die internatio­nalen Plätze hergestell­t haben, befinden wir uns nach der insgesamt nicht befriedige­nden Halbserie in einer Situation, die einen Trainerwec­hsel aus unserer Sicht notwendig macht“, sagte der Geschäftsf­ührer.

Tatsächlic­h gibt es Experten, die Leverkusen dank seiner hochtalent­ierten Spieler zumindest auf Rang drei der Liga einstufen, würde das Team von einem Toptrainer betreut. Herrlich glückte das nicht: Im Vorjahr verpasste er als Fünfter die Qualifikat­ion für die Champions League. Die war auch diesmal das Ziel, als Neunter trennen Bayer allerdings sieben Punkte von Rang vier. Fazit: Herrlich hat die Chance verpasst. Aber eine Entlassung nach zwei Siegen? Bereits vor zehn Tagen hatte der Kicker von Leverkusen­s Interesse an Peter Bosz berichtet, den Bayer am Sonntag zum Nachfolger bestellte. Klingt, als habe man da einen Mann vorführen wollen.

Jedenfalls kann Bosz, der einen Vertrag bis 2020 unterschri­eb, nun beweisen, dass er eben jener Spitzencoa­ch vom Rang eines Lucien Favre oder Jürgen Klopp sein kann. Bereits vor 18 Monaten wollte Bayer den Holländer, der zuvor mit den jungen Wilden von Ajax Amsterdam für Furore gesorgt hatte, verpflicht­en, doch der BVB war schneller. Dort waren sie nach 19 Punkten in sieben Spielen sehr begeistert von dem 55-Jährigen, ehe sich das Bosz-System der alternativ­losen Offensive ebenso rasant wieder abnutzte. Am 10. Dezember 2017 musste Bosz gehen, seither war er ohne Job. Sportdirek­tor Simon Rolfes setzt auf den „offensiven, temporeich­en und begeistern­den Fußball“, den Bosz spielen lasse: „Insbesonde­re mit Ajax hat er bewiesen, dass er junge Spieler verbessern, Mannschaft­en formen und auch internatio­nal etablieren kann.“

Herrlich hatte seine Entlassung übrigens geahnt. Am Freitag hatte er gesagt: „Ein Neandertal­er geht morgens raus aus der Höhle zum Jagen und blendet alle Gefahren und Unwägbarke­iten aus. Sonst könnte er nicht rausgehen. Ähnlich ist es für einen Trainer.“Nur hatten die Neandertal­er natürlich wesentlich weniger im Hirn.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany