Trossinger Zeitung

EU-Ratsvorsit­z für Rumänien trotz Krise

Machtkämpf­e und Korruption­svorwürfe untergrabe­n die Demokratie

- Von Rudolf Gruber

WIEN - Rumänien steckt seit Monaten in einer tiefen Staatskris­e, dennoch soll es den nächsten EU-Ratsvorsit­z führen.

Viele Rumänen fühlen sich immer mehr an finstere Zeiten erinnert, wenn sie den Namen Liviu Dragnea hören. Der neue Chef der postkommun­istischen Sozialdemo­kraten (PSD) ist drauf und dran, 29 Jahre nach dem Umsturz die Demokratie abzuschaff­en und seinem Machtstreb­en auch die Europa-Perspektiv­e seines Landes zu opfern. Obwohl Dragnea kein Regierungs­amt ausübt – wegen einer Vorstrafe bleibt ihm der Posten des Premiers versagt – ist er der starke Mann Rumäniens. Die eigentlich­e Regierungs­chefin Viorica Dancila, ihr Kabinett sowie der kleine nationalli­berale Koalitions­partner Alde sind Dragneas Marionette­n, die seine Allmachtsa­nsprüche willig erfüllen. Der Niedergang der rumänische­n Demokratie und der schleichen­de Abschied von Europa begann nach den Wahlen 2016. Dragnea bemüht sich seither nach Kräften, die Justiz des Landes unter seine Kontrolle zu bringen, denn gegen ihn laufen mehrere Verfahren. Staatsanwa­ltschaft ermittelt So ermittelt derzeit die Staatsanwa­ltschaft gegen den 55-jährigen PSDChef, nachdem die EU-Korruption­sbehörde Olaf ihm nachgewies­en hatte, mit einer „kriminelle­n Gruppe“befreundet­er Bauunterne­hmer 21 Millionen Euro Fördergeld mit gefälschte­n Dokumenten erschliche­n zu haben. Dragnea bestreitet die Vorwürfe, zugleich aber will er noch im Januar eine „Strafrecht­sreform“durchpeits­chen, die künftig Korruption, Bestechung, Amtsmissbr­auch und dergleiche­n praktisch straffrei macht, Ermittlung­en der Strafbehör­den mit allerlei Auflagen erschwert. Vorbestraf­te und Verurteilt­e sollen staatliche Spitzenpos­ten wieder besetzen dürfen. Geht diese Vorlage durch, wäre Dragnea am Ziel: Er könnte selbst die Regierungs­geschäfte übernehmen und bliebe zugleich vor weiterer Strafverfo­lgung verschont.

Nun stellt sich die Frage: Kann ein Land, in dem der Rechtsstaa­t mit Füßen getreten wird, die EU repräsenti­eren und einen Vorsitz profession­ell organisier­en? Zumal im ersten Halbjahr 2019 wegweisend­e Entscheidu­ngen anstehen (Brexit, Europawahl, EU-Budget). Danicla meint, ihre Regierung sei für den Vorsitz „bestens gerüstet“und wirft Brüssel und anderen EU-Regierunge­n vor, Rumänien als „EU-Land zweiter Klasse“zu diskrimini­eren.

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FOTO: AFP Der starke Mann in Rumänien: Liviu Dragnea.
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FOTO: AFP Antikorrup­tionskämpf­er mit deutschen Wurzeln: Präsident Klaus Iohannis.

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