Die CDU und das Merz-Dilemma
Nachgefechte: Täglich kommen neue Verwendungsvorschläge für den unterlegenen Kandidaten
BERLIN - Die einen bringen ihn als möglichen baden-württembergischen Ministerpräsidenten ins Spiel, die anderen drängen nach wie vor auf einen Kabinettsposten für ihn und damit die Möglichkeit für eine Kanzlerkandidatur: Friedrich Merz ist zwar auf dem CDU-Parteitag in Hamburg als Spitzenkandidat für den Parteivorsitz Annegret KrampKarrenbauer unterlegen, aber Ruhe ist deshalb noch nicht eingekehrt.
Auch über die Weihnachtstage kamen neue Vorschläge, wie man Friedrich Merz einsetzen kann. Allen voran der Vorschlag von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU), der sich Merz als Kanzlerkandidaten vorstellen kann. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wies vorsichtshalber darauf hin, dass hier eine ganz andere bereits in der Poleposition ist: CDUParteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Merz nach Stuttgart? Die „Bild am Sonntag“hatte Friedrich Merz als möglichen Herausforderer von Winfried Kretschmann für die nächste Landtagswahl in BadenWürttemberg ins Spiel gebracht. Angeblich befürworteten dies viele Abgeordnete im Südwesten, da Thomas Strobl nicht als führungsstarker CDU-Landeschef gelte. Zumindest öffentlich hat aber kein einziger diesen Personalwunsch geäußert. Es wäre auch höchst ungewöhnlich, wenn sich die Baden-Württemberger nach Hilfe aus Nordrhein-Westfalen sehnten. Eine Art Bewerbung All das sind Nachgefechte, wie man mit dem unterlegenen Friedrich Merz nun klug umgehen könnte. Sechs Tage vor Heiligabend hatte dieser selbst eine Art Bewerbung in der „FAZ“abgegeben. Er traue sich einen Kabinettsposten aufgrund seiner Erfahrung in Wirtschaft und Politik zu. Von Kanzlerin Angela Merkel allerdings ist nicht bekannt, dass sie den Wunsch hegt, Merz in ihr Kabinett zu holen. Und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer verkündet flapsig-kühl, sie habe beim letzten Kabinettsfrühstück durchgezählt, das Kabinett sei vollzählig.
Seit dem Hamburger Parteitag Mitte Dezember schmollen viele Merz-Anhänger. Erst gab es Gerüchte wie jenes, auf dem Parteitag sei sein Mikrofon leiser gestellt worden. Merz selbst unterstützt solche Vorwürfe nicht. „Der Wettbewerb um den CDU-Vorsitz war fair“, sagt er. Und er gibt selbst zu, dass es sicher auch an seiner Tagesform gelegen habe, dass er am Ende gegen KrampKarrenbauer unterlag. Gleich auf dem Parteitag war Merz gefragt worden, ob er für das Präsidium der CDU kandidieren wolle. Er hatte dies abgelehnt.
Trotzdem will er jetzt weiter in der Partei präsent bleiben. Um über das Wie zu sprechen, hat er sich bereits mit Annegret Kramp-Karrenbauer getroffen, ein weiteres Gespräch soll Ende Januar stattfinden. Doch auch bis dahin wird wohl kaum ein Kabinettsposten frei werden. Enttäuschte Hoffnungen Schon vor dem Parteitag in Hamburg war gerätselt worden, wie die MerzAnhänger mit einer Niederlage umgehen würden. Dass sie eher schlechte Verlierer sein würden, stand für viele fest. Das liegt daran, dass auf Merz viele Hoffnungen der Konservativen für eine Neuausrichtung der CDU lagen – und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Besonders starke Erwartungen hatten viele in der CDU Baden-Württembergs. Der Karlsruher CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer meint nun, vielleicht könne Merz auch per Mitgliederentscheid zum Kanzlerkandidaten der CDU bestimmt werden. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) habe völlig recht, wenn er Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer als mögliche Nachfolger von Angela Merkel ins Gespräch bringe. Auch der Wirtschaftsrat der CDU stellt sich weiter hinter Merz. Die sich andeutenden schlechteren Konjunkturdaten erforderten ein Umsteuern in der Wirtschaftsund Finanzpolitik, sagte der Vorsitzende Wolfgang Steiger der Deutschen Presse-Agentur. Darauf müsse die CDU eine überzeugende personelle wie inhaltliche Antwort geben. „Hierfür ist auch die Einbeziehung von Friedrich Merz ein ganz wichtiger Schlüssel.“ Wunsch nach Unterscheidbarkeit Merz könne wesentlich dazu beitragen, die Unterscheidbarkeit zu anderen Parteien deutlich zu machen und so die Volksparteien zu stabilisieren, meint Steiger. Er erwartet nun von der neuen CDU-Chefin ein Signal, den Wirtschaftsflügel wieder zu stärken. Konservativer als Merkel Nun hat Kramp-Karrenbauer in der Vergangenheit klar gemacht, dass sie in einigen Fragen, zum Beispiel der Homo-Ehe, konservativer ist als Angela Merkel. Als große Wirtschaftsliberale aber ist auch Kramp-Karrenbauer bislang nicht aufgetreten.
„In der Wirtschaftspolitik finden sich von ihr in den Archiven viele Forderungen nach Steuererhöhungen“, stellt FDP-Chef Christian Lindner fest. „Das gefällt den Grünen, aber uns nicht.“
Viele in der CDU gehen aber davon aus, dass die Parteispitze das Signal von Hamburg, das weit über die Person Merz hinausgeht, verstanden hat. Der Wangener CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser fasst es so zusammen: „Friedrich Merz war ein Symbol für die Rückkehr zu wirtschaftsorientierter, wenn man so will konservativer, Politik. Wer immer das verkörpert, wird die Menschen dafür gewinnen können.“
Saudischer König besetzt Regierungsposten neu
RIAD (dpa) - Fast drei Monate nach der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi besetzt Saudi-Arabiens König Salman wichtige Regierungsposten neu und tauscht auch seinen Außenminister. Neuer Chefdiplomat wird der frühere Finanzminister Ibrahim al-Assaf. Er folgt auf Adel al-Dschubair, der zum Staatsminister degradiert wurde. Die Macht des unter Druck stehenden Kronprinzen Mohammed bin Salman scheint unangetastet. Er bleibt stellvertretender Ministerpräsident und Verteidigungsminister. Der neue Außenminister al-Assaf war 2017 unter den Festgenommenen einer Verhaftungswelle, wurde aber wieder freigelassen.
Wiesenthal-Zentrum listet antisemitische Vorfälle auf
TEL AVIV (dpa) - Das WiesenthalZentrum hat eine Liste der nach eigenen Angaben zehn weltweit schlimmsten antisemitischen Vorfälle 2018 veröffentlicht. Auf Platz eins steht der US-Attentäter Robert Bowers, der bei einem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh elf Menschen getötet hat. Platz zwei belegt der Führer der Bewegung Nation of Islam, Louis Farrakhan. Auf Platz sieben steht die deutsche Bank für Sozialwirtschaft. Als Begründung hieß es, die Bank arbeite mit der Organisation „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“zusammen, die sich für einen Israel-Boykott einsetze.
Bundesregierung bestürzt über Hinrichtungen in Japan
BERLIN (KNA) - Die Bundesregierung hat sich bestürzt über zwei Hinrichtungen in Japan gezeigt. „Die Todesstrafe ist eine unmenschliche und grausame Art der Bestrafung“, sagte die Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler. Sie appellierte an Japans Regierung, die weitere Vollstreckung von Todesurteilen auszusetzen. In Japan wurden am Donnerstag den Angaben der Bundesregierung zufolge zwei verurteilte Mörder im Alter von 60 und 67 Jahren hingerichtet.
Hitler-Haus: Ex-Besitzerin will hohe Entschädigung
BRAUNAU AM INN (dpa) - Im Rechtsstreit um Hitlers Geburtshaus in Braunau am Inn strebt der Anwalt der ehemaligen Hausbesitzerin eine millionenschwere Entschädigung wegen der Enteignung an. „Ziel sind ganz klar 1,5 Millionen Euro“, bekräftigte der Salzburger Rechtsanwalt Gerhard Lebitsch. Ein Gutachter hatte beim Prozess vor dem Landesgericht Ried im Innkreis für die Immobilie eine Wertspanne von 810 000 Euro bis 1,5 Millionen Euro ermittelt. Die Republik Österreich hatte der Hausbesitzerin bisher 310 000 Euro für das zweistöckige Haus samt Garagen und Parkplatz bezahlt.