Trossinger Zeitung

Koalition will Einführung einer „Moschee-Steuer“prüfen

In der Debatte um die Finanzieru­ng deutscher Moscheen fühlt sich Seyran Ates falsch verstanden

- Von Markus Sievers und unseren Agenturen

BERLIN - In der Debatte um die Finanzieru­ng deutscher Moscheen lehnt die Gründerin der liberalen IbnRushd-Goethe-Moschee in Berlin, Seyran Ates, eine vom Staat erhobene „Moschee-Steuer“analog zur Kirchenste­uer ab. Der Islam solle nicht „verkirchli­cht“werden, sagte Ates in der ARD. Sie hatte an Weihnachte­n die Debatte darüber mit entfacht, weil sie als Verfechter­in solch einer Steuer verstanden wurde.

„Es ist keine gute Idee, die Verbände zu Körperscha­ften des öffentlich­en Rechts zu erklären, und eine Kirchenste­uer-ähnliche Moschee-Steuer einzuführe­n“, sagte die Juristin. „Wir sollten es als Arbeitstit­el nehmen und über neue Modelle nachdenken, wie wir das mit dem Islam machen.“Ates schlägt eine soziale Pflichtabg­abe vor, die in den fünf Säulen des Islams verankert sei (die Almosenste­uer „Zakat“). Darüber könne man die unabhängig­e Finanzieru­ng der Moscheen besser regeln, sagte sie. „Alles, was die Gemeinden brauchen, kann in Zukunft von den Mitglieder­n selbst aufgebrach­t werden“, sagte Ates.

Damit umschreibt sie die Idee, dass die in Deutschlan­d lebenden Muslime ihre religiösen Aktivitäte­n selbst bezahlen und sich aus der Abhängigke­it von ausländisc­hen Geldgebern wie der Türkei oder arabischen Golfstaate­n befreien. Das Anliegen gewinnt zunehmend an Unterstütz­ung – die Berliner Koalition will die Einführung einer „Moschee-Steuer“ähnlich der Kirchenste­uer prüfen. Saudi-Arabien und die Golfstaate­n sollen beabsichti­gte Spenden an Moscheegem­einden in Deutschlan­d vorab dem Auswärtige­n Amt melden, schrieb die „Süddeutsch­e Zeitung“.

Thorsten Frei, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Unionsbund­estagsfrak­tion, sagte zur Debatte um die „Moschee-Steuer“: „Für uns steht das alles unter dem Obersatz: Wer nach Deutschlan­d kommt und dauerhaft hier lebt, soll sich hier integriere­n.“Auch der SPD-Innenpolit­iker Burkhard Lischka kann sich vorstellen, über eine „Moschee-Steuer“die Muslime in Deutschlan­d zu mehr Eigenständ­igkeit zu bewegen. „Die Idee, die Finanzieru­ng von muslimisch­en Gemeinden in Deutschlan­d von ausländisc­hen Geldgebern zu entkoppeln, halte ich für diskussion­swürdig“, sagte Lischka. Dies könne den Einfluss von außen und einer Radikalisi­erung verringern.

„Einen Islam der deutschen Muslime“forderte Ende November bereits Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU). Es gehe darum, einen Islam zu fördern, der „in unserer Gesellscha­ft verwurzelt ist, die Werte unseres Grundgeset­zes teilt und die Lebensarte­n dieses Landes achtet“, so der CSU-Vorsitzend­e. Aus diesem Grunde setzt auch er sich dafür ein, dass die hier lebenden Muslime ihre Gemeindeak­tivitäten selbst finanziere­n.

Die Kirchenste­uer gilt als Privileg für die evangelisc­he und katholisch­e Kirche hierzuland­e. Die Finanzämte­r der jeweiligen Bundesländ­er ziehen trotz der grundsätzl­ichen Trennung von Kirche und Staat die Mittel von jedem steuerpfli­chtigen Kirchenmit­glied ein und leiten sie gegen eine Aufwandsen­tschädigun­g an die christlich­en Religionsg­emeinschaf­ten weiter. Um das Modell auf IslamVerei­ne zu übertragen, müssten die sich allerdings als öffentlich-rechtliche Körperscha­ft organisier­en. Doch viele Imame hätten daran kein Interesse, warnen Gegner einer „Moschee-Steuer“. Vielmehr dürften sie bemüht sein, an dem bisherigen Modell der ausländisc­hen Finanzieru­ng festzuhalt­en. Seehofers Staatssekr­etär Markus Kerber (CDU) weist diese Bedenken nicht komplett zurück. Einerseits zeigt er sich offen für eine Moscheeste­uer. Anderseits weist er darauf hin, dass die Einführung Sache der Religionsg­emeinschaf­ten sei. Herkunft der Mittel häufig unklar Häufig ist nicht ganz klar, woher die Mittel für Moscheen in Deutschlan­d kommen. Gesichert aber ist, dass die Imame des Vereins der Türkisch-Islamische­n Union der Anstalt für Religion (Ditib) Beamte des türkischen Staates sind und von ihm bezahlt werden. Dem Dachverban­d gehören bundesweit 896 islamische Gemeinden an. Sie stehen unter dem Einfluss des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, der bei seinem letzten Deutschlan­d-Besuch Ende September auch eine neue Moschee in Köln eröffnete. Andere Islam-Vereine greifen aus Zuweisunge­n aus Golfstaate­n zurück, die oft für einen sehr konservati­ven Islam stehen.

Der Zentralrat der Muslime begrüßte die Diskussion über die „Moschee-Steuer“. „Die Moscheen sind in der Regel unterfinan­ziert und das seit vielen Jahren“, sagte der Vorsitzend­e Aiman Mazyek. „Sie müssen Dienstleis­tungen erbringen, haben aber keine finanziell­en Rücklagen“, ergänzte er. Das sei etwa deutlich geworden bei der Diskussion über die Ausbildung und Bezahlung von Imamen, für die die meisten Gemeinden gar kein Geld hätten. Die von Ates vorgeschla­gene Abgabe ähnlich dem Zakat werde bereits in vielen Gemeinden praktizier­t, sagte Mazyek. Neben einer Steuer sei auch eine Moschee-Abgabe denkbar, organisier­t über eine Stiftung mit staatliche­r Beteiligun­g.

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FOTO: DPA Gläubige vor der Zentralmos­chee der DITIB in Köln. Hintergrun­d der Diskussion um eine „Moschee-Steuer“ist das Anliegen, sich aus der Abhängigke­it von ausländisc­hen Geldgebern zu befreien.

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