Koalition will Einführung einer „Moschee-Steuer“prüfen
In der Debatte um die Finanzierung deutscher Moscheen fühlt sich Seyran Ates falsch verstanden
BERLIN - In der Debatte um die Finanzierung deutscher Moscheen lehnt die Gründerin der liberalen IbnRushd-Goethe-Moschee in Berlin, Seyran Ates, eine vom Staat erhobene „Moschee-Steuer“analog zur Kirchensteuer ab. Der Islam solle nicht „verkirchlicht“werden, sagte Ates in der ARD. Sie hatte an Weihnachten die Debatte darüber mit entfacht, weil sie als Verfechterin solch einer Steuer verstanden wurde.
„Es ist keine gute Idee, die Verbände zu Körperschaften des öffentlichen Rechts zu erklären, und eine Kirchensteuer-ähnliche Moschee-Steuer einzuführen“, sagte die Juristin. „Wir sollten es als Arbeitstitel nehmen und über neue Modelle nachdenken, wie wir das mit dem Islam machen.“Ates schlägt eine soziale Pflichtabgabe vor, die in den fünf Säulen des Islams verankert sei (die Almosensteuer „Zakat“). Darüber könne man die unabhängige Finanzierung der Moscheen besser regeln, sagte sie. „Alles, was die Gemeinden brauchen, kann in Zukunft von den Mitgliedern selbst aufgebracht werden“, sagte Ates.
Damit umschreibt sie die Idee, dass die in Deutschland lebenden Muslime ihre religiösen Aktivitäten selbst bezahlen und sich aus der Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern wie der Türkei oder arabischen Golfstaaten befreien. Das Anliegen gewinnt zunehmend an Unterstützung – die Berliner Koalition will die Einführung einer „Moschee-Steuer“ähnlich der Kirchensteuer prüfen. Saudi-Arabien und die Golfstaaten sollen beabsichtigte Spenden an Moscheegemeinden in Deutschland vorab dem Auswärtigen Amt melden, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“.
Thorsten Frei, stellvertretender Vorsitzender der Unionsbundestagsfraktion, sagte zur Debatte um die „Moschee-Steuer“: „Für uns steht das alles unter dem Obersatz: Wer nach Deutschland kommt und dauerhaft hier lebt, soll sich hier integrieren.“Auch der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka kann sich vorstellen, über eine „Moschee-Steuer“die Muslime in Deutschland zu mehr Eigenständigkeit zu bewegen. „Die Idee, die Finanzierung von muslimischen Gemeinden in Deutschland von ausländischen Geldgebern zu entkoppeln, halte ich für diskussionswürdig“, sagte Lischka. Dies könne den Einfluss von außen und einer Radikalisierung verringern.
„Einen Islam der deutschen Muslime“forderte Ende November bereits Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Es gehe darum, einen Islam zu fördern, der „in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, die Werte unseres Grundgesetzes teilt und die Lebensarten dieses Landes achtet“, so der CSU-Vorsitzende. Aus diesem Grunde setzt auch er sich dafür ein, dass die hier lebenden Muslime ihre Gemeindeaktivitäten selbst finanzieren.
Die Kirchensteuer gilt als Privileg für die evangelische und katholische Kirche hierzulande. Die Finanzämter der jeweiligen Bundesländer ziehen trotz der grundsätzlichen Trennung von Kirche und Staat die Mittel von jedem steuerpflichtigen Kirchenmitglied ein und leiten sie gegen eine Aufwandsentschädigung an die christlichen Religionsgemeinschaften weiter. Um das Modell auf IslamVereine zu übertragen, müssten die sich allerdings als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisieren. Doch viele Imame hätten daran kein Interesse, warnen Gegner einer „Moschee-Steuer“. Vielmehr dürften sie bemüht sein, an dem bisherigen Modell der ausländischen Finanzierung festzuhalten. Seehofers Staatssekretär Markus Kerber (CDU) weist diese Bedenken nicht komplett zurück. Einerseits zeigt er sich offen für eine Moscheesteuer. Anderseits weist er darauf hin, dass die Einführung Sache der Religionsgemeinschaften sei. Herkunft der Mittel häufig unklar Häufig ist nicht ganz klar, woher die Mittel für Moscheen in Deutschland kommen. Gesichert aber ist, dass die Imame des Vereins der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) Beamte des türkischen Staates sind und von ihm bezahlt werden. Dem Dachverband gehören bundesweit 896 islamische Gemeinden an. Sie stehen unter dem Einfluss des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der bei seinem letzten Deutschland-Besuch Ende September auch eine neue Moschee in Köln eröffnete. Andere Islam-Vereine greifen aus Zuweisungen aus Golfstaaten zurück, die oft für einen sehr konservativen Islam stehen.
Der Zentralrat der Muslime begrüßte die Diskussion über die „Moschee-Steuer“. „Die Moscheen sind in der Regel unterfinanziert und das seit vielen Jahren“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek. „Sie müssen Dienstleistungen erbringen, haben aber keine finanziellen Rücklagen“, ergänzte er. Das sei etwa deutlich geworden bei der Diskussion über die Ausbildung und Bezahlung von Imamen, für die die meisten Gemeinden gar kein Geld hätten. Die von Ates vorgeschlagene Abgabe ähnlich dem Zakat werde bereits in vielen Gemeinden praktiziert, sagte Mazyek. Neben einer Steuer sei auch eine Moschee-Abgabe denkbar, organisiert über eine Stiftung mit staatlicher Beteiligung.