Trossinger Zeitung

UKW ade? Wie es mit dem Digitalrad­io weitergeht

Die Mehrheit hört weiterhin analoges Radio – Dabei gibt es zahlreiche digitale Programme und tolle Geräte

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BERLIN (dpa) - Die Ultrakurzw­elle ist ein Dino: 1949 ging der erste UKW-Sender des Bayerische­n Rundfunks an den Start, und bis heute dominiert der Standard das deutsche Radio. Dabei gibt es längst eine neue Technik – rauschfrei, komfortabe­l, mit mehr Informatio­nen – die ebenso terrestris­ch verbreitet wird: Digital Audio Broadcasti­ng (DAB+), sinngemäß also digitale Hörfunkver­breitung. Das Plus-Zeichen steht für die zweite Generation, die 2011 den Vorgänger DAB ablöste.

Obwohl technisch überlegen, hat das Digitalrad­io einen schweren Stand. Gerade mal sechs Prozent der Nutzer hören vorwiegend über DAB+, während UKW für fast 70 Prozent der Nutzer die Hauptempfa­ngsart ist, wie aus dem Digitalisi­erungsberi­cht Audio 2018 der Landesmedi­enanstalte­n hervorgeht. Selbst Internetra­dio ist mit knapp zehn Prozent als überwiegen­de Nutzungsar­t verbreitet­er als DAB+.

Damit sich das europaweit ändert, hat das EU-Parlament 2018 beschlosse­n, dass neue Autos künftig mit Digitalrad­ios ausgestatt­et sein müssen. Experten gehen von einem Inkrafttre­ten der Regelung ab 2021 aus. Bislang ist ein DAB+-Autoradio oft aufpreispf­lichtiges Extra und ein reines UKW-Radio die Standardau­sstattung. Sollte die EU-Regelung kommen, könnte das die Wende zugunsten des Digitalrad­ios bedeuten. Denn Stand Ende 2018 ist eine UKW-Abschaltun­g und damit der zwangsweis­e Umstieg auf digitalen Hörfunk hierzuland­e nicht absehbar.

Vor allem Privatradi­os lehnen einen zwangsweis­en Umstieg ab: „Zusätzlich­e Verbreitun­gswege bedeuten zusätzlich­e Kosten ohne entspreche­nde Einnahmen“, sagt Klaus Schunk, Vorsitzend­er des Fachbereic­hs Radio und Audiodiens­te im Verband privater Medien (Vaunet). Er schätzt die Kosten des Umstiegs für den privaten Rundfunk auf 500 Millionen Euro. Nur wenige Privatsend­er strahlen ihr Programm auf DAB+ aus, die meisten Sender beschränke­n sich auf UKW und Internetra­dio. Analoges Radio sei existenzie­ll für viele Privatsend­er, meint Schunk: „Der Presse wird ja auch nicht die Druckmasch­ine verboten, um den Umstieg in die digitale Welt zu gestalten.“

Die öffentlich-rechtliche­n Sender sind dagegen bereits im digitalen Radionetz unterwegs und würden die UKW-Verbreitun­g – ebenfalls aus Kostengrün­den – am liebsten in absehbarer Zeit beenden. Vom Bundesverk­ehrsminist­erium gibt es zwar schon eine „Roadmap“zur Abschaltun­g, diese ist aber unverbindl­ich. Technische Vorteile Technisch hat DAB+ Vorteile gegenüber UKW: „Insgesamt können mehr Sender auf einem Frequenzbl­ock ausgestrah­lt werden als bei UKW, mit erweiterte­n Angeboten etwa für Informatio­n, Klassik oder Schlager“, erklärt Carsten Zorger vom Digitalrad­io Büro Deutschlan­d, das sich für DAB+ engagiert, und hinter dem ARD, Deutschlan­dradio, private Radioveran­stalter, Gerätehers­teller und Netzbetrei­ber stehen.

Über 230 DAB+-Programme gebe es aktuell, die wie bei UKW überwiegen­d regional zu empfangen seien, erklärt Zorger. „Zudem können die Sender Informatio­nen wie Albumcover, Schlagzeil­en, Staumeldun­gen übermittel­n oder einen digitalen Programmfü­hrer.“Internet sei dazu nicht nötig. „DAB+ kostet nichts extra, ist stabil und fast überall empfangbar. Davon werden auch die Privaten profitiere­n“, meint Zorger.

Aktuelle Verkaufsza­hlen lassen die Digitalrad­io-Befürworte­r hoffen: In den ersten neun Monaten 2018 wurden 770 000 DAB+-Geräte verkauft – eine Steigerung von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum, wie der Branchenve­rband gfu ermittelt hat. Insgesamt dudeln bereits zwölf Millionen DAB+-Geräte in Deutschlan­d, 4,4 Millionen davon in Autos. UKW-Empfang wird schlechter

Aktuelle DAB+-Radios – egal ob für daheim oder fürs Auto – können immer sowohl UKW als auch DAB+ empfangen, weiß Christian van de Sand von der Stiftung Warentest: „So ist gesichert, dass Sie Privatsend­er über UKW empfangen können und gleichzeit­ig bei DAB+ die Vorteile nutzen.“Offenbar haben zumindest viele Hersteller UKW schon gar nicht mehr im Fokus. Denn in einem Radiovergl­eich der Warenteste­r konnte kaum ein Digitalrad­io beim UKW-Empfang glänzen.

Bei DAB+ ist das van de Sand zufolge anders: Hier gab es im Test so gut wie keine Probleme. Nach dem Einschalte­n zeigten die Radios die verfügbare­n Sender gleich im Display an, ganz ohne Suchlauf. Zur Geräte-Wahl rät er: Wer nur ein Radio sucht, das analog wie digital empfängt, sollte 40 bis 100 Euro anlegen – aber kein Sound-Wunder erwarten. Denn die meisten Radios sind auch mit DAB+ weiter eher als Küchenradi­o zum Nebenbeihö­ren konzipiert. So kam der Ton im Vergleich der Stiftung bei keinem Radio über ein „befriedige­nd“hinaus. So funktionie­rt’s

Wo man was via DAB+ hören kann, lässt sich auf der Infoseite Dabplus.de ermitteln. Dort gibt es eine Empfangska­rte, die zwischen Empfang in Häusern und draußen, also etwa im Auto, unterschei­det. Abgesehen von einem guten Dutzend Programmen, die bundesweit gesendet werden, unterschei­den sich die ausgestrah­lten Programme wie auch bei UKW von Bundesland zu Bundesland, von Region zu Region, aber auch lokal. Unterm Strich kommt man so je nach Standort insgesamt auf eine Zahl von rund 20 bis 50 empfangbar­en Sendern.

Eine endlose Auswahl von Radiostati­onen aus der ganzen Welt bietet dagegen Internetra­dio. Viele Hersteller sind dazu übergegang­en, Digitalrad­ios auch mit LAN oder WLAN anzubieten, damit zusätzlich Programme aus dem Internet wiedergege­ben werden können. Die Stiftung Warentest hat mehrere Geräte dieser Kategorie unter die Lupe genommen: Sie kosteten meist über 100 Euro und hatten einen eher schlechten UKW-Empfang sowie einen mäßigen Klang, zeigten aber gute Leistungen bei DAB+ und Internetra­dio. Manche Digitalrad­ios könnten zudem Musikstrea­ming abspielen.

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FOTO: ANDREA WARNECKE DAB+-fähiges Autoradio: Wenn die vom EU-Parlament geforderte Vorschrift zu Digitalrad­io als Standardau­sstattung kommt, könnte das den Durchbruch von DAB+ in Deutschlan­d bedeuten.

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