Amerikaner durchquert Antarktis allein
Colin O’Brady ist der Erste, der es ohne Hilfsmittel von Küste zu Küste geschafft hat
WASHINGTON (dpa/AFP) - Als erster Mensch hat ein Amerikaner nach eigenen Angaben die Antarktis alleine und aus eigener Muskelkraft überquert. Am Mittwoch erreichte der 33jährige Colin O’Brady sein Ziel am Ross-Schelfeis, wie er mitteilte. Auf Skiern hat er demnach binnen 54 Tagen rund 1500 Kilometer durch klirrende Kälte zurückgelegt. Gepäck und Verpflegung zog O’Brady auf einem Schlitten hinter sich her.
„Ich hab es geschafft!“, schrieb er nun auf Instagram. „Als ich meinen Schlitten über diese unsichtbare Linie zog, erreichte ich mein Ziel: der erste Mensch in der Geschichte zu werden, der den antarktischen Kontinent von Küste zu Küste durchquert, allein, ohne Unterstützung und ohne Hilfe.“
O’Brady hat die gesamte Reise im Netz dokumentiert. Die Etappen seines Abenteuers wurden auf O'Bradys Internetseite colinobrady.com veröffentlicht. Dort konnten Neugierige die Reise per GPS-Signal durch den kältesten Kontinent der Welt verfolgen – vom Atlantischen Ozean über den Südpol, bis hin zum Pazifischen Ozean.
O’Brady war Anfang November zeitgleich mit dem Briten Louis Rudd zum Wettrennen durch die Antarktis gestartet. Ihre Wege trennten sich dann.
Die letzten 125 Kilometer habe O’Brady am Stück in gut 32 Stunden zurückgelegt, schrieb er. „Als ich das Wasser für meinen Haferbrei kochte, ist mir eine scheinbar unmögliche Idee gekommen“, schrieb er auf Instagram. „Ich habe mich gefragt, ob es möglich wäre, den ganzen Weg bis zum Ziel in einem Rutsch zurückzulegen. Als ich mir die Stiefel geschnürt habe, war aus dem unmöglichen Plan ein festes Ziel geworden.“„Die letzten 32 Stunden waren einige der herausforderndsten Stunden meines Lebens“, schrieb O'Brady. „Es waren aber ehrlich gesagt auch einige der besten Momente, die ich jemals erlebt habe.“
In den fast zwei Monaten, in denen O’Brady unterwegs war, lauerten viele Gefahren. „New York Times“und „National Geographic“berichteten von lebensbedrohlichen Winden und heftigem Schneefall, schlechter Sicht, tiefen Gletscherspalten und Temperaturen unter Null. Hell war es 24 Stunden am Tag – die Sonne geht im antarktischen Sommer nicht unter.
O’Bradys Überquerung sei eine der bemerkenswertesten Errungenschaften in der Polar-Geschichte, schrieb die „New York Times“, die mit dem Abenteurer nach seiner Ankunft am Ziel gesprochen hatte. Dazu gehöre auch das Wettrennen zum Südpol im Jahr 1912 zwischen dem Norweger Roald Amundsen und dem Briten Robert Falcon Scott. 1996-97 habe der Norweger Børge Ousland bereits alleine die Antarktis überquert. Er hatte sich aber teilweise von einem Gleitschirm ziehen lassen. 24 Stunden am Tag hell Vor Jahren noch wäre es undenkbar gewesen, dass O’Brady das Antarktis-Abenteuer gelingt: 2008, so heißt es auf seiner Website, verbrannten fast 25 Prozent seines Körpers bei einem Unfall in Thailand. Ärzte zweifelten daran, dass er je wieder normal laufen könne. Doch er habe es wieder auf die Beine geschafft, habe in den Jahren darauf Triathlons absolviert und habe die höchsten Gipfel auf jedem der sieben Kontinente bestiegen, auch den Mount Everest.
Der 49-Jährige Rudd ist Medienberichten zufolge noch unterwegs. Im Gepäck hat Rudd eine Flagge mit dem Familienwappen seines Freundes, des britischen Abenteurers Henry Worsley. Worsley hatte den Versuch, die Antarktis alleine und ohne Hilfsmittel zu überqueren, im Jahr 2016 nicht überlebt. Der 55-jährige hatte nur 48 Kilometer vor dem Ziel aufgeben und um Hilfe rufen müssen. Wenig später starb er in einer Klinik.