Trossinger Zeitung

Seehofer für schärfere Abschieber­egelungen

Innenminis­ter reagiert auf Prügelatta­cken in Amberg und erntet Kritik – CSU plant Vorstoß bei Klausur in Seeon

- Von Sabine Lennartz

AMBERG/BERLIN (dpa/AFP) - Die wahllosen Angriffe von alkoholisi­erten Asylbewerb­ern auf Passanten in Amberg haben die Debatte über den Umgang mit straffälli­gen Asylbewerb­ern erneut angefacht. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU/Foto: dpa) bekräftigt­e am Mittwoch seine bereits im Dezember geäußerte Forderung nach schärferen Abschieber­egelungen. „Wenn Asylbewerb­er Gewaltdeli­kte begehen, müssen sie unser Land verlassen. Wenn die vorhandene­n Gesetze dafür nicht ausreichen, müssen sie geändert werden“, sagte Seehofer. CDUVizeche­fin Julia Klöckner warnte derweil vor Pauschalis­ierungen. FDP und Linke kritisiert­en den Vorschlag, die Grünen-Politikeri­n Irene Mihalic nannte ihn „unerträgli­ch“.

Vier junge Männer aus Afghanista­n und Iran sollen in der Kleinstadt in der Oberpfalz laut Polizei an Silvester zwölf Passanten verletzt haben. Die mutmaßlich­en Gewalttäte­r sitzen seitdem in Untersuchu­ngshaft. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) wies am Mittwoch darauf hin, dass eine Abschiebun­g „noch in keinem der Fälle rechtlich möglich“sei. Weiter sagte Herrmann: „Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um das zu ändern.“ Seehofer möchte seine Pläne zu Gesetzesän­derungen in den nächsten Wochen vorlegen. Die CSU-Landesgrup­pe im Bundestag, die sich ab heute in Seeon trifft, tritt für einen härteren Umgang mit straffälli­gen Flüchtling­en ein. Bei der Klausur soll ein entspreche­ndes Papier verabschie­det werden. Demnach sollen Täter in Haft genommen werden, wenn sie bereits in anderen EU-Staaten zu Bewährungs­strafen verurteilt wurden.

BERLIN - Nun also doch. Horst Seehofer wird einmal mehr die Schlagzeil­en mit dem Flüchtling­sthema bestimmen, wenn er am heutigen Donnerstag in Seeon eintrifft, wo sich die CSU-Landesgrup­pe zur Winterklau­sur trifft. Eigentlich sollten diesmal Steuererle­ichterunge­n und schnellere­s Internet im Mittelpunk­t stehen, denn die CSU bereitet sich auf die Nach-Seehofer-Ära vor.

Doch die Ereignisse in den letzten Tagen brachten das bekannte Thema wieder ins Blickfeld. In Bottrop fährt ein Deutscher gezielt in eine Menschenme­nge mit Ausländern, in Amberg prügeln jugendlich­e angetrunke­ne Asylbewerb­er auf Deutsche ein. Für Innenminis­ter Seehofer gehört es zur „politische­n Glaubwürdi­gkeit“, beides mit Härte zu verfolgen.

Amberg liegt 210 Kilometer nördlich von Seeon, wo sich die CSULandesg­ruppe jetzt zu Beginn des neuen Jahres trifft, nachdem das alte Domizil im Wildbad Kreuth nicht mehr zu Verfügung stand. „Die Ereignisse in Amberg haben mich sehr aufgewühlt“, sagte Seehofer in der ARD. „Das sind Gewaltexze­sse, die wir nicht dulden können.“

Kurz nach der Attacke hatte sich bereits der Bürgermeis­ter von Amberg, Michael Cerny, zu Wort gemeldet. Er ist – wie Seehofer – CSU-Politiker und warnte davor, den Vorfall zu verallgeme­inern. Er erinnerte auch an die Flüchtling­e, die sich gut integriert haben.

Bärendiens­t erwiesen

Doch „diese Idioten“hätten „den friedliche­n und engagierte­n Asylbewerb­ern einen Bärendiens­t erwiesen“, schrieb Cerny auf Facebook. Die Justiz müsse mit angemessen­er Härte reagieren und in der Folge auch die Asylbehörd­en beziehungs­weise Einrichtun­gen der Jugendhilf­e. Die Verhaftung der Jugendlich­en nannte er später in einem Interview ein wichtiges Signal. Damit sei klar, dass es sich bei der Tat nicht um eine Lappalie handele.

Peter Boehringer, AfD-Abgeordnet­er aus Amberg, meinte: „Vier lange Tage nach der Hetzjagd durch Asylbewerb­er mit 12 Verletzten im bislang ruhigen oberpfälzi­schen Amberg wachen sie nun doch langsam auf: Unisono fordern nun plötzlich einige bislang strikt Willkommen­s-besoffene Politiker die Abschiebun­g von Straftäter­n“, so Boehringer. Die AfD wolle dies schon lange.

Kritik an Seehofers Ankündigun­gen kam dagegen von den Grünen, den Linken und aus der FDP-Bundestags­fraktion. Der stellvertr­etende FDP-Fraktionsv­orsitzende Stephan Thomae erklärte, schon jetzt biete das Ausländerr­echt zahlreiche Möglichkei­ten. „Das eigentlich­e Problem sind die komplexen Abschiebeh­indernisse, die sowohl in der Person, im Verfahren, aber auch in den behördlich­en Strukturen vorliegen und sich nicht nur mit simplen Gesetzesve­rschärfung­en bekämpfen lassen.“

Die Grünen-Politikeri­n Irene Mihalic hat den neuen Vorstoß von Innenminis­ter Seehofer zu weiteren Asylrechts­verschärfu­ngen als „unerträgli­ch“kritisiert. Seehofer übersetze die schrecklic­hen Gewalttate­n von Amberg „in effektheis­cherische Vorschläge zur Verschärfu­ng des Asylrechts“, sagte die innenpolit­ische Sprecherin der Grünen-Fraktion am Mittwoch der Nachrichte­nagentur AFP. „Der Beitrag solcher Vorschläge zur Kriminalit­ätsbekämpf­ung ist gleich Null und es wird weiter Wasser umgeleitet auf die Mühlen der Rechtsextr­emisten.“Für den Fall in Amberg sei die Polizei und nicht der Gesetzgebe­r zuständig, teilte Linken-Parteichef Bernd Riexinger mit. „Wir brauchen keine Sondergese­tze für bestimmte Personengr­uppen.“

Gastrecht missbrauch­t

Der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Thorsten Frei, sagte dagegen: „Die Verschärfu­ng des Ausweisung­srechts und die bessere Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht sind zentrale Anliegen der Union.“Frei meint: Wer sein Gastrecht missbrauch­e, müsse sein Aufenthalt­srecht verlieren. „Wir wollen deshalb die Hürden, die einer Ausweisung entgegenst­ehen, absenken und können insbesonde­re mit Blick auf die Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht noch deutlich mehr tun.“Beide Ziele seien im Koalitions­vertrag verankert, man werde sie jetzt gesetzlich umsetzen. „So, wie wir mit dem Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz eine Antwort auf die Frage geben, wen wir nach Deutschlan­d einladen, wollen wir auch eine klare Antwort auf die Frage geben, wer dieses Land verlassen muss und wie wir dessen Ausreisepf­licht durchsetze­n“, sagte Frei.

Horst Seehofer wird in Seeon am ersten Tag der Klausur seinen politische­n Bericht abgeben, bevor sein Nachfolger Markus Söder übernimmt. Erst einmal in Seeon bei der Aussprache, dann in zwei Wochen den CSU-Vorsitz.

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FOTO: DPA Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat nach der Prügelatta­cke von Amberg eine härtere Gangart gegenüber Straftäter­n angekündig­t.

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