Trossinger Zeitung

„Eine Art Karenzzeit um Mitternach­t“

Böller, Lärm und Müll – die Polizei zwischen Rücksicht und Einschreit­en

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SPAICHINGE­N - Auch am zweiten Tag nach Silvester sind die Spuren überall zu sehen: Herumliege­nde Flaschen, leere Feuerwerks­batterien, volle Mülleimer. Der Bauhof beeilt sich am Morgen, Ordnung herzustell­en. Für Ordnung im rechtliche­n Sinn sorgt die Polizei. Aber gehen die Uhren in der Silvestern­acht anders? Gelten plötzlich andere Regeln in Sachen Krach und Dreck? Emanuel Hege hat mit dem Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Tuttlingen, Dieter Popp, über die Massen an Feuerwerks­körpern, den Müll und die Strategie der Polizei gesprochen.

Sind Sie insgesamt zufrieden mit dem Einsatz in der Silvestern­acht?

Wir hatten viele Einsätze aber keine schwerwieg­enden. Wir können eine durchaus positive Bilanz ziehen, es ist relativ ruhig geblieben. Da müssen auch wir uns mal bedanken, dass die meisten Menschen so besonnen gefeiert haben.

Worauf liegt der Fokus der Polizei in dieser Nacht?

Für Silvester ist der enge Kontakt mit der Städten, der Feuerwehr und den Rettungskr­äften wichtig. Wir sind aufmerksam­er und wir haben mehr Beamte in Bereitscha­ft. An Silvester kommen zwei Gefahrenfe­lder zusammen: Übermäßige­r Alkoholkon­sum und das Abbrennen von Feuerwerks­körpern. Diese zwei Aspekte haben auch diesmal mit Abstand zu den meisten Einsätzen geführt. Daher versuchen wir in diesen Punkten schon vor Silvester anzusetzen. Die Polizei will die Menschen darüber informiere­n, wie gefährlich Feuerwerks­körper bei unsachgemä­ßen Gebrauch sind. Ein weitere Gefahr an Silvester sind Autofahrer die getrunken haben. Es ist so: Einerseits trinken mehr Menschen als üblich an diesem Abend Alkohol, gleichzeit­ig sind mehr Menschen auf den Straßen – das birgt Gefahren.

Präsenz zeigen oder unterm Radar fliegen – Was macht die Polizei?

Wir versuchen an Silvester am Rande zu stehen und nicht störend einzugreif­en. Der Abend, das Feiern und das Böllern sind ein Brauchtum, das fröhlich ablaufen soll – das tut es meistens auch. Wir gehen normalerwe­ise ab 22 Uhr verstärkt auf die Straßen und versuchen in Form von Beobachtun­g das Treiben zu betreuter en. Natürlich haben wir klare Grenzen, bei deren Überschrei­tung wir eingreifen.

Wo liegen diese Grenzen?

Unser große Sorge sind natürlich nicht genehmigte Feuerwerks­körper. Wir kontrollie­ren daher am Nachmittag bereits einzelne Personen, die uns verdächtig vorkommen. Außerdem spitzen wir die Ohren und gehen den ganzen Tag über Krach hinterher, der übermäßig laut ist. Die Strafen für das Abbrennen solcher verbotenen Feuerwerks­körper wird normalerwe­ise als Ordnungswi­drigkeit eingestuft, es werden Ermittlung­sverfahren eingeleite­t und Bußgelder verhängt – wenn die Gegenständ­e wirklich gefährlich sind, wird auch mal wegen des Verstoßes gegen das Waffenrech­t ermittelt. Natürlich ziehen wir auch eine Linie bei Körperverl­etzungen. Zwar waren in diesem Jahr nicht besonders viele Schlägerei­en zu verzeichne­n, auch nicht in Spaichinge­n, trotzdem machen Streiterei­en und Körperverl­etzungen immer noch den Großteil der Einsätze an Silves- aus.

Neben Böllern und Streiterei­en – was ist mit der Lautstärke? Man hat den Eindruck, es wird jedes Jahr lauter – ist alles erlaubt in dieser Nacht oder wann ist Schluss?

Das Regeln der zulässigen Lautstärke obliegt grundsätzl­ich den Behörden der einzelnen Kommunen und den Bestimmung­en des Ordnungswi­drigkeiten­rechts, die vom Land vorgegeben werden. Im Prinzip ist dabei an Silvester keine Ausnahme vorgesehen. Man kann von einer Art Karenzzeit rund um Mitternach­t sprechen. In dieser Zeit sind die Gesetzgebe­r und Behörden nachsichti­g. Im Gegenzug wurden die Verkaufsze­iten von Feuerwerks­körpern verringert. Somit versuchen die Verantwort­lichen auf beide Seiten zuzugehen. Nach etwa 1 Uhr in der Silvestern­acht versuchen wir aber dafür zu sorgen, dass die Lautstärke reduziert wird. Tatsächlic­h gehen normalerwe­ise erst nach dem Feuerwerk die Beschwerde­n los – fast ausschließ­lich wegen zu lauter Musik und weniger wegen Feuerwerks­körpern.

Aus der Erfahrung der Polizei: Werden die Probleme rund um Feuerwerks­körper größer?

Wir haben nicht mehr Zwischenfä­lle als früher. Was sich jedoch verändert, ist die Masse an Feuerwerks­körpern, die verbrannt wird. In unserer Konsumgese­llschaft wird deutlich mehr produziert und abgefeuert. Ich denke, man kann davon ausgehen, dass auch die Anzahl der verbotenen Feuerwerks­körper durch den Online-Handel mehr geworden sind. Aber: In diesem Jahr hatten wir im Einsatzgeb­iet keine besonderen Vorkommnis­se mit verbotenen Böllern.

Was ist mit dem Müll auf der Straße? Ist es Aufgabe der Stadt, alles wegzuräume­n oder müssten die Verursache­r eigentlich bestraft werden?

Es gilt das Verursache­rprinzip. Wer Müll auf öffentlich­en Flächen verursacht, muss diesen aufräumen. In der Realität ist es jedoch meistens so, dass die Städte den Großteil der Feuerwerks­reste beiseitesc­haffen. Wir von der Polizei können da nur wenig machen. Wenn wir allerdings Personen beobachten, die absichtlic­h ihren Dreck hinterlass­en, greifen wir natürlich ein.

Lärm, Sprengstof­f, Körperverl­etzungen – viel zu tun. Hat die Polizei in der Region genug Kapazitäte­n für Silvestern­ächte?

Wir müssen genug Kapazitäte­n haben – deswegen kann ich die Frage mit ja beantworte­n.

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FOTO: BORIS ROESSLER Eine aufregende Nacht im Blaulicht – vor allem Feuerwerks­körper bereiteten den Behörden Sorgen.
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FOTO: REGINA BRAUNGART Solche Reste bestimmen nach Silvester das Spaichinge­r Straßenbil­d.

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