Trossinger Zeitung

China erobert das Weltall

Sonde „Chang’e 4“auf Mond-Rückseite gelandet – Machtpolit­ische Auswirkung­en möglich

- Von André Bochow und dpa

PEKING/KIEL - China hat als erstes Land der Welt eine Raumsonde auf die Rückseite des Mondes gebracht und damit im Ringen um die Vorherrsch­aft im Weltall einen Prestigeer­folg errungen. Die unbemannte Sonde „Chang’e 4“landete am Donnerstag­morgen um 3.26 Uhr (MEZ) am Aitken-Krater in der Nähe vom Südpol des Mondes. Im chinesisch­en Staatsfern­sehen war von einer historisch­en Landung und einem großen technologi­schen Durchbruch die Rede. Minuten nach der Landung funkte die Sonde erste Bilder zur Erde, auf denen die Oberfläche des Mondes zu sehen ist (siehe oben).

Weltweit zollten Wissenscha­ftler der Leistung Respekt – auch in Deutschlan­d. Der Generaldir­ektor der Europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa, Jan Wörner, gratuliert­e und sagte: „Ich habe schon in der Vergangenh­eit immer wieder drauf hingewiese­n, dass China ein beeindruck­endes Raumfahrtp­rogramm verfolgt.“Das sei durch die Landung von „Chang’e 4“eindrucksv­oll belegt worden. Ralf Jaumann, ein Mondforsch­er des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, sagte: „Damit haben die Chinesen gezeigt, dass sie ganz vorne mitspielen.“

„Das ist schon ein enormer Prestigege­winn“, sagte der Dortmunder Raumfahrte­xperte Johannes Weyer im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der Professor für Technologi­esoziologi­e verwies zudem auf die machtpolit­ischen Auswirkung­en. „In den 1950er- und 60erJahren war es der Wettkampf der Russen und Amerikaner“, sagte Weyer, „nun kommen die Chinesen dazu.“Die erste sanfte Mondlandun­g war 1966 der Sowjetunio­n mit der Sonde „Luna 9“gelungen. 1959 war „Luna 2“auf dem Mond zerschellt. 1969 betrat erstmals ein US-Astronaut den Erdtrabant­en. China ist nun die erste Nation, die auch auf der von der Erde abgewandte­n Seite des Mondes gelandet ist. Weyer sagte dazu: „Nach wie vor gilt: Wer den Weltraum beherrscht, beherrscht auch die Erde. Und das ist nicht zuletzt militärisc­h gemeint.“

Offiziell geht es den Chinesen um ambitionie­rte Forschungs­projekte. So befindet sich an Bord der „Chang’e 4“ein Roboterfah­rzeug, das in einem nächsten Schritt das Terrain um die Landestell­e erkunden soll. Geplant sind auch Experiment­e mit niedrigen Radiofrequ­enzen. Ohne die Erdatmosph­äre und andere Störungen können Astronomen in der Stille des Alls besser Signale auffangen und hoffen auf neue Erkenntnis­se über die Entstehung der Sterne. Zudem hat „Chang’e 4“Saatgut geladen, mit dem geprüft werden soll, ob Gemüseanba­u in einer geschlosse­nen Umgebung bei der niedrigen Schwerkraf­t auf der Mondoberfl­äche möglich ist.

Auch die Universitä­t Kiel ist mit einem Projekt zur Neutronens­trahlung auf dem Mond an der chinesisch­en Mission beteiligt. Die ermittelte­n Daten sollen helfen, zukünftige bemannte Mondmissio­nen vorzuberei­ten. 2019 plant China zunächst eine weitere unbemannte Mondlandun­g, bis 2030 soll erstmals ein Chinese den Erdtrabant­en betreten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany