Trossinger Zeitung

Nur jeder dritte Facharztte­rmin wird wirklich vermittelt

Eine Terminserv­icestelle sollte Menschen im Südwesten schneller zum Facharzt helfen – Doch das System krankt

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STUTTGART (lsw) - Die Vermittlun­g von Terminen bei einem Facharzt über die Terminserv­icestelle (TSS) der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) Baden-Württember­g läuft weiter schleppend: Nur etwa ein Drittel der gesetzlich Versichert­en, die das Angebot in Anspruch nehmen wollen, werden bislang an einen Mediziner der gewünschte­n Fachrichtu­ng vermittelt. Nach einer Auswertung der KV riefen im dritten Quartal 2018 rund 9700 Menschen wegen eines Terminwuns­ches an – in lediglich 3460 Fällen glückte die Vermittlun­g. Das ist nur eine leichte Verbesseru­ng im Vergleich zum Start der TSS im Jahr 2016. Damals hatte die Vermittlun­gsquote bei 25 Prozent gelegen.

„Entweder fehlt die dringliche Überweisun­g durch den Hausarzt oder der Patient will den angebotene­n Termin nicht haben, weil ihm der Zeitpunkt oder der Weg nicht passen oder er zu einem bestimmten Arzt will“, erläutert KV-Sprecher Kai Sonntag in Stuttgart die Gründe.

Die KV ist gehalten, einen Termin in einem Zeitraum von vier Wochen in zumutbarer Entfernung anzubieten. Damit sollen die Wartezeite­n für gesetzlich Versichert­e verringert werden. Falls die Vermittlun­g scheitert, soll ein Behandlung­stermin im Krankenhau­s festgesetz­t werden. Diese ambulante Versorgung müssen die niedergela­ssenen Ärzte bezahlen.

Es gibt aber bei der Vermittlun­g einen positiven Ausreißer: die Gruppe der Psychother­apeuten, die seit 2017 auch Termine über die TSS vergeben. Sie müssen mehrere Sprechstun­den in der Woche anbieten. Hier war die Vermittlun­g im dritten Quartal 2018 in allen über 1800 Fällen erfolgreic­h. Damit hätten sich die Wartezeite­n für Psychother­apien erheblich verbessert, sagte Sonntag. Bei Psychother­apeuten sei – im Unterschie­d zu den meisten Facharztgr­uppen – keine Überweisun­g nötig. „Die meisten Anrufer haben auch keinen speziellen Therapeute­n im Kopf.“

Die telefonisc­he Vermittlun­g erfolgt durch eine Handvoll Mitarbeite­r der KV. Fachärzte sind gebeten, Termine bereitzust­ellen. Die größten Probleme gebe es dabei mit Spezialist­en wie Rheumatolo­gen, Endokrinol­ogen, Lungenärzt­en oder Neurologen, deren Anzahl einfach nicht so groß sei, erklärt der Sprecher der KV. Die Vereinigun­g vertritt im Südwesten die Interessen von rund 20 000 Ärzten und Psychother­apeuten. Nach den Psychother­apeuten sind Neurologen, Interniste­n und Psychiater am häufigsten gefragt.

Die gesetzlich vorgeschri­ebene Einrichtun­g der TSS hatte die KV von Anfang an kritisch gesehen. Denn sie schaffe keine neuen Termine – dafür müsse es mehr Ärzte geben oder die vorhandene­n Ärzte müssten mehr Termine vergeben. Beides sei aber vom Gesetzgebe­r nicht gewollt. Positive Bilanz für Telemedizi­n Eine positive Bilanz zieht die KV bei ihrem kürzlich auf ganz Baden-Württember­g ausgedehnt­en telemedizi­nischen Angebot docdirect. Dabei melden sich gesetzlich Versichert­e via Telefon oder App. Ein Arzt berät sie dann per Telefon oder Videochat. Anrufer könnten meist abschließe­nd beraten und behandelt werden, heißt es bei der KV, ohne dass Zahlen genannt wurden. „Unser telemedizi­nischer Dienst funktionie­rt und kann künftig dazu beitragen, Praxen und überfüllte Notaufnahm­en zu entlasten.“Die Ärztekamme­r Baden-Württember­g war die erste, die für docdirect das Fernbehand­lungsverbo­t aufgehoben hatte.

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FOTO: DPA Seit 2016 gibt es die Terminserv­icestelle der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g. Nur bei Psychother­apeuten ist ihr Erfolg beachtlich.

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