Massive Kritik an Behörden nach Datendiebstahl
Innenminister Seehofer will über die Veröffentlichung Hunderter sensibler Informationen aufklären
BERLIN (dpa) - Im Fall des hundertfachen Datendiebstahls hagelt es Kritik an Behörden und dem Bundesinnenminister – nun hat Horst Seehofer umfangreiche Informationen versprochen. Er wolle sich am Montag noch einmal mit den Chefs des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für IT-Sicherheit (BSI), Holger Münch und Arne Schönbohm, zusammensetzen, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“. Spätestens Mitte der Woche wolle er die Öffentlichkeit informieren. „Die Öffentlichkeit wird alles erfahren, was ich weiß“, sagte Seehofer der Zeitung.
Am Donnerstag kommt außerdem der Innenausschuss des Bundestags zu einer Sondersitzung zusammen, an der nach Angaben aus Sicherheitskreisen voraussichtlich auch Seehofer teilnehmen wird. Zugesagt haben das Bundeskriminalamt, das BSI und das Bundesamt für Verfassungsschutz, wie die Ausschussvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) sagte.
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen vom Sonntag sind 994 Personen von dem Online-Angriff betroffen. Es sind vor allem Politiker, aber auch Prominente und Journalisten. Etwa 50 Fälle seien schwerwiegender, weil größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos und Korrespondenz veröffentlicht worden seien, hieß es. Ermittelt wird nach Angaben eines Sprechers der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt „mit Hochdruck“ – aus taktischen Gründen würden derzeit aber keine weiteren Angaben zu dem Verfahren gemacht, dass die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft zusammen mit dem Bundeskriminalamt führt.
Am Wochenende hagelte es Kritik am BSI und seines Präsidenten Schönbohm. „Das BSI hat sich nicht mit Ruhm bekleckert“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki dem Sender n-tv. „Ein Präsident, der erst erklärt, man wisse seit Anfang Dezember von den Vorgängen, um jetzt zurückzurudern und zu sagen, man wisse es eigentlich erst seit dem 3. Januar, der muss sich fragen lassen, ob er der richtige Mann an dieser Position ist.“ BSI irritiert mit Vorgehen In der Nacht zum Freitag war öffentlich geworden, dass ein Unbekannter über Twitter bereits im Dezember über eine Art Adventskalender massenhaft Daten und Dokumente im Netz veröffentlicht hatte – darunter Handynummern, Fotos und Chat-Protokolle. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sind unter den Betroffenen. Viele der Opfer erfuhren von dem Online-Angriff nach eigenen Worten am Freitag aus den Medien. Dann sorgte das BSI mit seiner Informationspolitik für Irritationen. Schönbohm sagte dem Sender Phoenix am Freitag: „Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen.“Daraufhin äußerten sich Betroffene verärgert, weil sie von nichts wussten.
Einen Tag später gab das BSI allerdings an, dass die Experten einen Fall von Anfang Dezember sowie vier weitere Fälle im Lauf des Jahres 2018 zunächst für Einzelfälle gehalten hatten. Einen Zusammenhang habe man erst „durch die Analyse der Gesamtheit der aktuell im ganzen veröffentlichten Datensätze“festgestellt.
Von einer geplanten oder erfolgten Veröffentlichung der gestohlenen Daten im Zusammenhang mit dem Twitter-Account „G0d“(@_0rbit) habe man bis zur Nacht zu Freitag „keine Kenntnis“gehabt. Auch Seehofer weiß nach eigenen Angaben erst seit Freitagmorgen von den Veröffentlichungen. Für Stirnrunzeln sorgt bei Politikern auch, dass der Twitter-Account noch bis Freitag online war, obwohl beispielsweise das Kanzleramt bereits kurz vor Mitternacht informiert wurde.