Der Notfallplan
Im Krisenfall will der Finanzminister Steuern senken
BERLIN - Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lässt seine Beamten an Plänen für einen Wirtschaftsabschwung arbeiten. Für den Fall einer plötzlichen Wachstumsschwäche seien Steuersenkungen und Mehrausgaben vorgesehen, schreibt das Nachrichtenmagazin „Spiegel“unter Berufung auf Regierungsquellen. Während eine Steuersenkung für die Fachleute in den vergangenen Jahren wegen der rund laufenden Wirtschaft nicht infrage kam, wäre sie nach Ansicht des Ministeriums als Mittel gegen eine Rezession gerechtfertigt.
Scholz scheint generell mit einem Abschwung zu rechnen. „Die schöne Zeit, in der der Staat immer mehr Steuern einnimmt als erwartet, sind vorbei“, sagte der Minister am Wochenende der „Bild am Sonntag“. Er bekräftigte seinen Plan, den Solidaritätszuschlag für hohe Einkommen bestehen zu lassen, während er für niedrige und mittlere Einkommen bis 2021 auslaufen soll. Zugleich beharrt Scholz darauf, auch künftig keine neuen Schulden zu machen – obwohl er selbst mit weniger Einnahmen und zugleich Steuersenkungen und sogar Konjunkturausgaben plant. Durch diese Kombination müsste eigentlich das Defizit steigen.
Die Ökonomen verzeichnen derzeit gemischte Signale für die Weltkonjunktur. In Deutschland sieht es aufgrund der niedrigen Arbeitslosigkeit noch ganz gut aus. Auch die USA haben gerade robuste Job-Daten veröffentlicht. Die allgemeine Tendenz zeigt dabei jedoch nach unten: Die Börsenkurse schwanken von Woche zu Woche, es droht ein ungeordneter Brexit, in der EU gibt es Streit um den Haushalt Italiens.
Die Prognosen der Ökonomen laufen daher immer weiter auseinander. Analysten großer Banken erwarten für 2019 immerhin noch ein Wachstum von 1,5 Prozent, nur geringfügig weniger als 2018. Das Ifo-Institut rechnet jedoch mit lediglich 1,1 Prozent. Noch düsterer sieht der Mittelstand die Lage. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmer sagt in einer Erhebung des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, dass sie eine Rezession befürchten.
Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, befürchtet vor allem Störungen der Konjunktur durch einen Abschwung in China – dem wichtigsten deutschen Handelspartner. Tatsächlich kippen derzeit in Fernost die Indikatoren, doch China bereitet sich darauf vor, die Wirtschaft zu stützen. Premier Li Keqiang kündigte am Freitag „antizyklische Maßnahmen“an. Er wolle die Geldpolitik erneut lockern sowie die Steuern senken. Peking hat zuletzt auch die Ausgaben für Bauprojekte wieder hochgefahren.