Ampel mit fünf Farben
Verbraucherschützer fordern Nährwertlogo Nutri Score – Iglo und Danone als Vorreiter
BERLIN - Noch steht auf der Packung Rahmspinat eines großen Herstellers eine lange Liste an Zutaten. Die kleinen Buchstaben geben Aufschluss über den Gehalt an Fett oder Zucker. Doch ob das veredelte Gemüse nun gesund ist oder zu viel andere ungesunde Beigaben enthält, erschließt sich nur gut informierten Kunden. Das soll sich künftig ändern. Erste Unternehmen wollen freiwillig eine leicht erkennbare Nährwertkennzeichnung einführen. Auf einer Farbskala von grün bis rot wird das Feld hervorgehoben, das dem Gesamtgehalt des Produktes entspricht. Danone hat diesen sogenannten Nutri Score für seine Molkereierzeugnisse angekündigt. Tiefkühlproduzent Iglo will ab diesem Januar Fischstäbchen oder eben Spinat mit der Farbpalette versehen. „Durch den jetzigen Schritt liefern wir den Verbrauchern eine Transparenz, die immer mehr nachgefragt wird“, sagt die Chefin von Iglo Deutschland, Antje Schubert.
Mit der lange diskutierten Lebensmittelampel hat der in Frankreich entwickelte Nutri Score nicht mehr viel zu tun. Die in Großbritannien verwendete Ampel mit den Signalfarben rot, gelb und grün zeigt nur an, ob zum Beispiel eine Fertigpizza zu viel Fett, Salz oder Zucker enthält. Dabei gehen andere Aspekte des Produktes verloren. Viel Gemüse oder Obst als gesunde Zutaten werden bei der Ampel nicht berücksichtigt.
Der Nutri Score erfasst und bewertet hingegen positive wie negative Zutaten. Daraus errechnet der Hersteller oder ein damit betrautes Institut einen Gesamtwert, der dann in einer Farbenreihe von A, grün, bis E, rot, auf der Verpackung hervorgehoben wird. Für die Kunden wird das Ergebnis durch einen zweiten Schritt vergleichbar. Alle Angaben beziehen sich auf die Mengenangabe 100 Gramm. So lassen sich verschiedene Produkte schnell gegeneinander abwägen. Bisher trickst die Industrie bei den Nährwertangaben immer wieder, indem sie die Kennzeichnung auf recht beliebig definierte Portionsgrößen bezieht. So wird bei Chips zum Beispiel der Fettgehalt optisch mitunter verringert, weil die Portion unrealistisch klein gerechnet wird. Das Ergebnis ist dann im aufgedruckten Logo auf der Vorderseite der Packung zu sehen – in einer fünfstufigen Skala von A auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes C bis zu einem roten E für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben, etwa ein hellgrünes B für Naturjoghurt oder ein oranges D für einen Joghurt mit Karamellsauce und Knusperflocken.
Die Lebensmittelindustrie hat die Ampel lange bekämpft, weil sie durch die plakative Bewertung weniger Inhaltsstoffe eine Bevormundung der Verbraucher befürchtete. Beim Nutri Score scheinen diese Sorgen zumindest bei den Pionieren des Systems zu schwinden. „Essen muss Spaß machen, lustvoll sein und bedarf keines erhobenen Zeigefingers“, betont Iglo-Chefin Schubert. Bei anderen Unternehmen hält sich die Begeisterung in Grenzen – auch wenn das Modell mit fünf Farben differenzierter ist als nur mit drei. Durch Ampelfarben werde automatisch eine subjektive Bewertung vorgenommen, moniert der Spitzenverband BLL. Wie sie genau zustande kommt, mache das Logo nicht ersichtlich. Überhaupt werde es wissenschaftlichen Grundlagen nicht gerecht, wenn alles Rötliche mit „Stop“verbunden werde und alles Grüne mit ungehemmtem Genuss. Es komme auf die gesamte individuelle Ernährungsweise an, und wie man sich bewege. Es sei aber anzuerkennen, wenn einzelne Unternehmen freiwillig in Testphasen mit ihren Kunden eintreten möchten. Einfacher als britische Ampel Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) ist dagegen vom französischen Vorbild überzeugt. „Verbraucher wollen sich zwischen verschiedenen Fertigpizzen oder Frühstückscerealien entscheiden“, betont vzbv-Chef Klaus Müller. Die Darstellung in einem Gesamtwert für den Nährstoffgehalt sei ein großer Fortschritt. „Es kann ein Vorbild für Deutschland sein“, sagt Müller und fordert von der Bundesregierung eine analoge Regelung. „Wir appellieren an die Lebensmittelwirtschaft, hier ihren destruktiven Widerstand aufzugeben.“Das Logo sei auch einfacher als die britische „Ampel“– diese umstrittene Kennzeichnung hat mehrere separate Symbole in rot, gelb oder grün für Zucker, Fett und Salz.
Bislang hat sich die große Koalition mit einer einheitlichen Farbkennzeichnung schwer getan. Dennoch soll bis zum Sommer ein Modell auf erarbeitet sein, das den Nährwertgehalt „gegebenenfalls vereinfacht visualisiert“. So haben es Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hat schon Vorschläge in Aussicht gestellt, macht aber auch keinen Hehl aus ihrer Skepsis gegen „vereinfachte“Kennzeichnungen mit den Ampelfarben. Belgien und Spanien sind da schon weiter, sie haben die Einführung des Nutri Scores nach dem Vorbild Frankreichs bereits angekündigt.