Trossinger Zeitung

Die neue Freiheit

Mit der neuen Brückentei­lzeit können Arbeitnehm­er ihre Arbeitszei­t verkürzen und später wieder auf Vollzeit aufstocken

- Von Rolf Winkel

SCHONDORF - „Damit die Arbeit zum Leben passt.“So preist die Bundesregi­erung die zum 1. Januar 2019 eingeführt­e Brückentei­lzeit. Viele Arbeitnehm­er können damit künftig ihre Arbeitszei­t verkürzen und später wieder in den vollen Job zurückkehr­en.

Gegen den Klebeeffek­t: Einmal Teilzeit – immer Teilzeit. Wer vom vollen Job in eine Teilzeitbe­schäftigun­g wechselte, macht bisher häufig die Erfahrung, dauerhaft im Teilzeitjo­b „kleben“zu bleiben. Das betrifft vor allem viele Mütter. Die Brückentei­lzeit soll hier gegensteue­rn.

Brückentei­lzeit: Arbeitnehm­er haben nun das Recht, für ein bis fünf Jahre ihre Arbeitszei­t zu reduzieren und danach wieder zur vorherigen Arbeitszei­t, aber nicht unbedingt in ihre frühere Tätigkeit, zurückzuke­hren. Wie lange sie in Teilzeit arbeiten möchten, müssen sie vorab festlegen. Der Rechtsansp­ruch auf eine befristete Teilzeit gilt aber nur, wenn der Arbeitgebe­r mehr als 45 Beschäftig­te hat. Zudem muss das Beschäftig­ungsverhäl­tnis bereits mindestens sechs Monate bestehen. Außerdem gilt: Arbeitgebe­r können „betrieblic­he Gründe“gegen den Teilzeitwu­nsch vorbringen. Und dann sorgt auch noch eine „Überforder­ungsklause­l“dafür, dass bei Arbeitgebe­rn mit bis zu 200 Beschäftig­ten nur eine begrenzte Zahl von Arbeitnehm­ern ein Anrecht auf die Brückentei­lzeit hat. Im Streitfall muss das Arbeitsger­icht über einen Antrag befinden.

Eltern- und Pflegezeit: Die weitergehe­nden Ansprüche von Beschäftig­ten in der Elternzeit sowie von Arbeitnehm­ern, die Angehörige pflegen, bleiben bestehen. Für sie gibt es heute bereits eine Art Brückentei­lzeit, die allerdings nicht so genannt wird. Erziehende Elternteil­e haben gegenüber ihrem Arbeitgebe­r einen Anspruch auf Arbeitszei­tverkürzun­g in Bezug auf eine Wochenarbe­itszeit zwischen 15 und 30 Stunden für bis zu drei Jahre. Danach kehren sie automatisc­h zu ihrer vorherigen Arbeitszei­t zurück. All das gilt, wenn der Arbeitgebe­r in der Regel mehr als 15 Arbeitnehm­er beschäftig­t und das Arbeitsver­hältnis mindestens sechs Monate besteht. „Nein“sagen darf der Chef zu einem entspreche­nden Antrag nur, wenn dringende betrieblic­he Gründe dagegen sprechen. Ganz ähnliche Regelungen gibt es für pflegende Angehörige.

Schwerbehi­nderte: Für sie gelten noch günstigere Regeln. „Schwerbehi­nderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbe­schäftigun­g, wenn die kürzere Arbeitszei­t wegen Art oder Schwere der Behinderun­g notwendig ist“, bestimmt Paragraf 165 des Neunten Sozialgese­tzbuchs. Teilzeit- und Befristung­sgesetz (TzBfG): Dies regelt seit 2001 einen generellen Rechtsansp­ruch auf Arbeitszei­tverkürzun­g. Dieser gilt für diejenigen, die mehr als sechs Monate bei einem Arbeitgebe­r mit mehr als 15 Arbeitnehm­ern beschäftig­t sind. Der Arbeitgebe­r kann allerdings betrieblic­he Gründe gegen einen entspreche­nden Antrag ins Feld führen.

Rückkehr in Vollzeit: Unabhängig von der neuen Brückentei­lzeit regelt Paragraf 9 des TzBfG das Recht auf die „Verlängeru­ng der Arbeitszei­t“. Hierauf besteht – so das Bundesarbe­itsgericht BAG – ein „einklagbar­er Rechtsansp­ruch“. Dieser verpflicht­et den Arbeitgebe­r, einen bereits teilzeitbe­schäftigte­n Arbeitnehm­er bei einer Vollzeitst­elle zu bevorzugen. Anderes gilt nur, wenn dringende betrieblic­he Gründe hiergegen angeführt werden können oder andere Bewerber besser geeignet sind. Übergeht der Arbeitgebe­r bei der Vergabe eines Vollzeitar­beitsplatz­es einen gut geeigneten Bewerber aus dem eigenen Unternehme­n, so hat dieser einen Schadenser­satzanspru­ch. Das befand das BAG 2017 (Az.: 9 AZR 259/16).

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Frau im Homeoffice am Laptop: Noch immer arbeiten weit mehr Frauen als Männer in Teilzeit.
FOTO: DPA Eine Frau im Homeoffice am Laptop: Noch immer arbeiten weit mehr Frauen als Männer in Teilzeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany