Eine tödliche Falle
Fünf Teenager sterben bei „Escape-Game“in Polen
KOSZALIN (dpa) - Es sollte eine fröhliche Geburtstagsfeier unter Teenagern sein. Doch am Ende finden fünf Mädchen bei einem „EscapeGame“, eingeschlossen auf kleinstem Raum, den Tod. In Polen fragen sich viele, ob das Unglück hätte verhindert werden können. Der Besitzer des Unglücksbetriebs ist vorläufig festgenommen worden. Es handele sich um einen 28 Jahre alten Mann aus der Woiwodschaft Großpolen, sagte Polizeipräsident Jaroslaw Szymczyk am Sonntag auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.
Die Kinder hätten gemeinsam den Geburtstag eines der Mädchen gefeiert, sagte Polens Innenminister Joachim Brudzinski im Sender TVN24. Die Familien der Toten erhielten psychologische Hilfe. Ein 25 Jahre alter Mitarbeiter der Agentur, die das Spiel organisierte, erlitt schwere Verbrennungen und kam in eine Spezialklinik. Der Küstenort Koszalin (Köslin) liegt rund 180 Kilometer östlich von Greifswald.
Bei einem „Escape-Game“(Fluchtspiel) versucht eine Gruppe, aus einem abgeschlossenen Raum zu entkommen. Sie muss dafür unter Zeitdruck bestimmte Rätsel und Aufgaben lösen. „EscapeGames“haben sich in den vergangenen Jahren in vielen Ländern zu einem Trend entwickelt. Beliebt ist das Spiel bei Familienfeiern und Junggesellenabschieden, auch in Deutschland gibt es viele Angebote.
Die Einsatzkräfte schilderten dramatische Szenen. „Die Feuerwehrleute mussten spezielle Ausrüstung und viel Körperkraft aufwenden, um ins Innere zu gelangen“, sagte ein Sprecher dem Sender TVN24. Die Fenster seien verschlossen und verriegelt gewesen. Beim Eintreffen der Rettungsdienste habe das Haus bereits in Flammen gestanden.
Das Feuer sei im Vorzimmer ausgebrochen, teilte die Staatsanwaltschaft laut PAP mit. Den Teenagern sei damit der einzige Fluchtweg versperrt gewesen. Nach ersten Erkenntnissen war Gas aus einem Behälter entwichen und hatte sich entzündet. Vor Ort wurden vier gasbetriebene Heizgeräte sichergestellt. Nicht feuersicher Laut der Obduktion starben alle Opfer an einer Vergiftung durch das Rauchgas Kohlenmonoxid. Der festgenommene Besitzer des Unglücksbetriebs sei nicht vorbestraft, hieß es. Das Unternehmen war für eine Stellungnahme telefonisch nicht zu erreichen.
Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von einer beispiellosen Tragödie und kündigte weitreichende Konsequenzen an. Die ersten „Escape-Game2-Angebote seien von den Behörden geschlossen worden, sagte der Politiker der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) am Sonntag auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.
Die sofort eingeleiteten landesweiten Kontrollen der rund 1100 „Escape“-Räume in Polen ergaben ein negatives Bild: Von 178 bereits kontrollierten Geschäften erfüllten laut der Polizei 129 die Brandschutz-Vorschriften nicht. „Die strafrechtlichen Sanktionen müssen sehr streng sein“, forderte Innenminister Brudzinski.
Die Regierung kündigte zudem an, gefährliche Gasöfen aus dem Verkehr ziehen zu lassen. Erwogent wird auch eine Pflicht, spezielle Sensoren für Kohlenmonoxid zu installieren. Unterdessen wurde bekannt, dass „Escape“-Räume in Polen bisher keinen besonderen Auflagen unterliegen.
Bei einer ersten Begehung des Unglücksgebäudes in Koszalin wurden zahlreiche Mängel festgestellt. „Es war nicht genug Platz für diese Leute in diesem Raum“, sagte der oberste Feuerwehrmann Polens, Leszek Suski, laut PAP. Dieser sei nur etwa sieben Quadratmeter groß gewesen. Heizgeräte hätten zu nahe an brennbaren Materialien gestanden. Zudem seien Kerzen gefunden worden. Die Elektroinstallation sei provisorisch gewesen.
Der Bürgermeister von Koszalin, Piotr Jedlinski, erklärte den Sonntag zu einem Trauertag. Der Umzug der Heiligen Drei Könige wurde abgesagt. Der Küstenort in der Woiwodschaft Westpommern hat knapp über 100 000 Einwohner.
„Escape-Games“sind auch in Deutschland beliebt, allein in Berlin gibt es mehrere Anbieter. Nach dem verheerenden Brand in Polen warnte die Feuerwehr in der deutschen Hauptstadt vor Panik und verwies darauf, dass Sicherheitskonzepte vorhanden seien: Für jeden Berliner „Escape-Room“gebe es ein individuelles Sicherheitskonzept zum Schutz im Brandfall, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Dabei würden alle möglichen Brandszenarien überprüft.