„Diese Entwicklung hat die Dorfgemeinschaft gestärkt“
Bürgermeister Simon Axt spricht über ein umstrittenes Bauprojekt in Durchhausen und neue Ideen
DURCHHAUSEN - Kilometerweise Glasfaserkabel, neue Bau- und Gewerbeflächen, dazu heftiger Streit um ein Bauprojekt in der Durchhauser Ortsmitte: Bürgermeister Simon Axt hatte im vergangenen Jahr viel auf dem Schreibtisch. Unser Mitarbeiter Frank Czilwa hat ihn gefragt, wie es jetzt weitergeht. Eines der größten Projekte im Ort im vergangenen Jahr war die Glasfaser-Infrastruktur für schnelles Internet. Wie weit ist das gediehen? Wir sind so ziemlich fertig. Wir haben zehn Kilometer Glasfaserkabel verlegt und dafür den größten Zuschuss in der Gemeindegeschichte von 809 000 Euro erhalten. Den Eigenanteil der Gemeinde von 875 000 Euro finanzieren wir mit den Einnahmen aus der Verpachtung der Kabel an den Anbieter. Für mich die schönste Zahl: 253 Gebäude – das sind 75 Prozent aller Gebäude in der Gemeinde – haben einen GlasfaserHausanschluss legen lassen. Die übrigen können dies noch nachholen. Auch alle Gewerbebetriebe im Ort? Ja, wir haben das Bauprojekt sogar noch erweitert und auch das interkommunale Gewerbegebiet Neuen mit angeschlossen. Ein wenig Lehrgeld in Sachen innerörtliche Öffentlichkeitsarbeit haben Sie zahlen müssen bei der Diskussion um zwei zunächst geplante Mehrfamilienhäuser in der Ortsmitte ... Der Hintergrund in der Sache war, dass zwei alte Bauernhäuser neben der Kirche abgerissen wurden, die seit 20 Jahren leer standen. Während des Abbruchs kam ein Investor auf mich zu, mit der Idee, dort zwei Mehrfamilienhäuser zu errichten. Ich meine nach wie vor, dass das kein schlechtes Projekt für den Ort gewesen wäre. Wir haben deutlich zu wenige Mietwohnungen im Ort. Eigentumswohnungen zu erwerben ist so gut wie gar nicht möglich. Und auch für Senioren wären barrierefreie Wohnungen gut gewesen. Missverständnisse gab es, weil ich den Gemeinderat so früh wie möglich einbinden wollte. Ich habe den Investor eingeladen, seine Ideen dem Gemeinderat vorzustellen. Bei der Bevölkerung ist das aber so angekommen, als sollte schon eine Vorentscheidung fallen. Wir wollten der Bevölkerung auch keine Details vorenthalten. Zu diesem frühen Zeitpunkt gab es schlicht noch keine Detailpläne. Das war der Bevölkerung aber nicht klar zu machen und so hat die Sache schnell ihre Kreise gezogen. Zum Beispiel die Aussage, dass bis zu 21 Wohnungen entstehen könnten, wurde so aufgefasst, als ob das schon beschlossene Sache wäre. So entstand im Ort für ein paar Wochen eine Situation, die schwierig und für die Dorfgemeinschaft belastend war. Wie konnte das dann gelöst werden? Ich habe dann Dr. Thomas Uhlendahl aus Freiburg für eine Mediation eingeladen. Es gab ein vierstündiges Mediationsgespräch mit drei Vertretern der Bürgerinitiative und mir und den beiden stellvertretenden Bürgermeistern. Dieses Gespräch hat sehr gut getan. Wir haben uns darüber verständigt, über alles in Ruhe zu informieren und eine weitere Bürgerbeteiligung in die Wege zu leiten. Mit der Bürgerbeteiligung wurde eine Idee aufgegriffen, die ich schon mal vor zwei Jahren eingebracht hatte. Aber damals gab es Vorbehalte dagegen, da es schon vor zehn Jahren einen sehr aufwändigen Bürgerbeteiligungsprozess gegeben habe, wobei die dabei entstandenen Ideen aber nicht weiterverfolgt wurden. Aber jetzt in dieser Situation wurde das wieder aufgegriffen. Ich habe die zwei Bürger-Werkstätten, die von Dr. Uhlendahl sehr gut moderiert wurden, zur Gestaltung der Ortsmitte und zu den Themen Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur als sehr wohltuend empfunden. Was kam dabei raus? Folgende Ideen waren der Bevölkerung wichtig: Ein Bürgerzentrum einzurichten, es wird ein kleiner Dorfladen gewünscht mit Poststelle und eventuell einem Café als Treffpunkt; ein neues Feuerwehr-Magazin und seniorengerechtes Wohnen. Was ich sehr gut fand, war, dass die Bürgerwerkstätten gut angenommen wurden und rund 60 Bürger anwesend waren. Wir haben den Termin im Mitteilungsblatt bekannt gegeben und zusätzlich 150 Bürger per Zufallsauswahl direkt angeschrieben und eingeladen. Außerdem haben wir 75 Schreiben an alle Jugendlichen im Ort zwischen 14 und 20 Jahren abgeschickt. Schließlich waren prozentual mehr Jugendliche da, als ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprochen hätte. Ein solches Interesse der Jugend am Gemeindegeschehen ist nicht selbstverständlich. Insgesamt hat diese Entwicklung die Dorfgemeinschaft gestärkt. Wie sieht jetzt der weitere Umsetzungsprozess aus? Ich habe Anfang Februar einen Termin im Regierungspräsidium, wo ich abklären möchte, welche Fördermöglichkeiten es für die Projekte gibt, und ob Durchhausen eine Schwerpunktgemeinde im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) werden kann. Mitte Februar wird es dann eine Klausurtagung des Gemeinderats geben, in der ich die Ergebnisse des Gesprächs im Regierungspräsidium vorstelle und wir nochmals durchsprechen, wie wir weiter vorgehen und die Bürger weiter beteiligen können. Welche Investitionen in Durchhausen 2019 geplant sind, erfahren Sie in Teil 2 des Interviews.