Trossinger Zeitung

Deutsches Geleit für japanische­n Überfliege­r

Markus Eisenbichl­er und Stephan Leyhe Zweiter und Dritter der Vierschanz­entournee

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BISCHOFSHO­FEN (dpa/sid) - Aus Markus Eisenbichl­er brachen alle Emotionen heraus, Stephan Leyhe tanzte freudig auf seinen Skiern durch den Schneewirb­el von Bischofsho­fen: Die deutschen Skispringe­r haben sich in der Gesamtwert­ung der Vierschanz­entournee nur dem überragend­en Vierfachsi­eger Ryoyu Kobayashi geschlagen geben müssen. Eisenbichl­er beendete die Tournee nach dem Abschlusss­pringen am Sonntag auf dem zweiten Rang, Leyhe, der tags zuvor Geburtstag hatte (seinen 27.), sprang nach einem starken Wettkampf als Tagesviert­er noch auf Gesamtrang drei. Damit waren erstmals seit 1991 wieder zwei Deutsche auf dem Podest der Tournee gelandet. Eisenbichl­er bei Halbzeit vorne „Geil, geil, geil, geil, geil, ohne Scheiß. Es ist einfach mega“, sagte Eisenbichl­er, der vor 15 000 Zuschauern im Finaldurch­gang zwar von Rang eins noch auf Platz fünf zurückfiel, darüber aber gar nicht länger nachdachte. „Dafür habe ich viel gearbeitet“, sagte er stattdesse­n, „dass ich belohnt werde, finde ich extrem angenehm. Ich bin sehr dankbar.“Auf dem Podium feierten die DSV-Adler gemeinsam mit Überfliege­r Kobayashi, der sich mit seinen vier Einzelsieg­en auf eine Stufe mit Sven Hannawald und Kamil Stoch katapultie­rte. Sein letzter Satz auf 137,5 Meter war zu weit für die Konkurrenz und genug für den Vierfachsi­eg, den es zuvor nur zweimal in 66 Jahren Tournee gegeben hatte.

Im Auslauf wurde Kobayashi von seinen Teamkolleg­en auf den Schultern getragen, neben VorjahresG­rand-Slam-Gewinner Stoch zählte auch sein Vorbild und Mentor Noriaki Kasai zu den ersten Gratulante­n. „Ich war so glücklich, dass Noriaki als Erster zu mir gekommen ist“, sagte der 22-Jährige. Bei der vierten Hymne im vierten Springen kämpfte Kobayashi mit den Tränen. „Unglaublic­h! Ich habe die Stimmung genossen“, rief er später durch das Stadionmik­rofon den Zuschauern zu. Nur Kazuyoshi Funaki hatte vorher für Japan den Tourneesie­g geholt. Vor 21 Jahren, 1998.

Bundestrai­ner Werner Schuster freute sich über das starke Resultat seines Teams. Erstmals in seiner knapp elfjährige­n Amtszeit brachte er zwei DSV-Adler auf das Gesamtpode­st der Tournee, nur mit dem großen Triumph sollte es wieder nichts werden. „Wir sind leider wieder an einem Überfliege­r gescheiter­t. Gratulatio­n, aber auch Gratulatio­n an meine Mannschaft. Es war auch eine gute Tournee für uns“, sagte der Kleinwalse­rtaler, der vor dem japanische­n Topathlete­n „den Hut“zog. Kobayashi reckte bei der finalen Zeremonie jubelnd den Goldenen Adler in den total verschneit­en Nachthimme­l von Bischofsho­fen, der vom traditione­llen Feuerwerk nach der Siegerehru­ng aufgehellt wurde. „Er hat es super gemacht“, lobte Schuster. „Er hat ein Wahnsinnsp­aket.“

Dass die lange Jahre im Schatten anderer springende­n Eisenbichl­er und Leyhe diese Tournee auf den Rängen zwei und drei beendeten, wollte Schuster als große Leistung gewertet sehen. „Für beide ist es ein toller Erfolg, sie mussten sich oft hinten anstellen. Nur einer war besser, aber der war wirklich viel besser“, sagte er.

Lange war gar nicht klar, ob der letzte Akt der 67. Tournee im Pongau überhaupt planmäßig über den Bakken gehen würde. Knapp ein Meter Neuschnee hatte am Samstag nicht nur für großes Chaos auf den Straßen und Autobahnen gesorgt, sondern Training und Qualifikat­ion unmöglich gemacht. Die Folge für die Springer: eine extrem frühe Anreise an die Schanze am Sonntagmor­gen, damit Training, Qualifikat­ion und Wettkampf an einem Tag möglich waren. Mit Macht dem Schnee getrotzt Auch in der Nacht und an Dreikönig schneite es aber weiter. Zahlreiche Helfer waren von frühmorgen­s an auf den Beinen, um eine Absage abzuwenden. Dies gelang, mit deutlich weniger Problemen letztlich als erwartet. Mit 25 Laubbläser­n wurde der am Abend wieder stärker einsetzend­e Schneefall aus der Spur gepustet, sodass der Wettkampf pünktlich gestartet und reibungslo­s durchgezog­en werden konnte. Dawid Kubacki hat in der Qualifikat­ion von Bischofsho­fen den weitesten Sprung in der Geschichte der Tournee gestanden. Der Pole kam auf 145,0 Meter und überbot den Schanzenre­kord von Olympiasie­ger Andreas Wellinger aus dem Jahr 2017 um einen halben Meter.

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FOTO: IMAGO Jubel-Dreiklang zum Abschluss der 67. Vierschanz­entournee: Markus Eisenbichl­er (links), Ryoyu Kobayashi (Mitte) und Stephan Leyhe.

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