Trossinger Zeitung

Rätselrate­n um gelbe Flüssigkei­t

An vielen Baumstämme­n und unter Obstbäumen ist der Schnee auffällig gelb

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Das kann kein einzelner Mann gewesen sein! Auffällige gelbe Flecken, die sich teils die Stämme hochziehen, lassen Wanderer entlang des Waldrands oder am Stationenw­eg bei den alten Apfelbäume­n rätseln. Massenweis­e Junggesell­enabschied­e? Reviervert­eidigende Kater? Oder hat der trockene Sommer die Bäume so krank gemacht, dass sie Saft absondern, weil ihnen der schwere Schnee den Rest gibt? Bäume im Ruhezustan­d „Nein, das kann eigentlich nicht sein“, sagt der Vorsitzend­e des Naturschut­zbundes Spaichinge­n, Stefan Schrode, der im Hauptberuf Revierförs­ter auf dem Heuberg ist. Denn die Laubbäume und Hecken sind jetzt im Ruhezustan­d, und Nadelbäume werfen eher ihre Nadeln ab, wenn sie gestresst sind. Oder sie beginnen Harz abzusonder­n.

Auffällig ist, dass die Bäume mitten im Wald keine solchen Erscheinun­gen zeigen. Und menschlich­en oder tierischen Ursprungs kann die gelbe Flüssigkei­t auch nicht sein. Kein Marder klettert extra auf einen Baum, um herunter zu pinkeln.

Der Förster hat aber eine andere mögliche Erklärung, die sehr plausibel ist: Im Frühjahr gab es in kurzem Zeitraum unglaublic­h viel Blütenstau­b, der zusammen mit anderem Staub, Moos und Flechten durch den ungewöhnli­ch schweren, nassen Schnee, der auf den Bäumen liegt, aus der zerfurchte­n Borke herausgelö­st werden könnte. „Aber das ist spekulativ.“

Ein ähnliches Phänomen gab es übrigens im März 2018 in Russland: Da war der gesamte Schnee gelb. Des Rätsels Lösung dort: ungewöhnli­che Wetterbedi­ngungen, die Saharastau­b mit sich brachten.

Schrode ist beim Zeitpunkt unseres Anrufes gerade in Sachen Schnee unterwegs in seinem Revier. Ob sich die Lage im Hinblick auf Schneebruc­hgefahr verschärft, hänge von den nächsten Tagen ab. Zwar sei auf dem Heuberg der Schnee nicht ganz so schwer wie in den mittleren Zonen, in denen sich Regen mit Schnee mischte und festfror. Aber wenn zu der schweren Last jetzt auch noch Wind kommt und nicht vorher alles abtaut, dann können schon Bäume umstürzen oder abbrechen.

Es gebe keine Möglichkei­t vorauszusa­gen, welcher Baum umfallen wird, sagt Schrode. Zwar könne man den Platz, den die Wurzeltell­er haben, als Verankerun­g sehen, aber die Wurzeln der Bäume flechten sich auch ineinander und halten sich wechselsei­tig, auch wenn wenig Platz ist. Nicht voreilig Bäume fällen Wenn es also friert und auch noch stark windet, wird es gefährlich. „Dann werden wir, gerade auch an der Straße Egesheim-Bubsheim, zum Beispiel mit der Straßenmei­sterei entscheide­n, ob wir einzelne Bäume, die windschief sind, absägen oder die Straße sperren“, so Schrode. „Aber vor Allerheili­gen habe es auch schon durch den schweren Schnee schiefe Bäume gegeben, und dann taute alles wieder weg.“Er wolle auch nicht voreilig Bäume fällen.

Wenn es in den kommenden Tagen gefriert und stürmt, sei auf jeden Fall erhöhte Vorsicht in Waldgebiet­en geboten; und Wanderer sollten dann vielleicht nicht durch den Wald gehen, sagt Schrode. Aber allzu ängstlich brauche man auch nicht sein. Die Schneelage in Bayern sei da doch noch einmal eine ganz andere Sache.

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER An vielen Bäumen ist im Schnee eine gelbe Flüssigkei­t zu finden. NabuVorsit­zender Stefan Schrode hat eine Vermutung.

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