Mehr Bio, weniger Fleisch für Schüler und Beamte
Die Grünen fordern neue Vorgaben für landeseigene Kantinen – Studie: Ab 20 Prozent Ökoware wird es teuer
STUTTGART - Mehr Bio und gesünder als bisher: Kantinen von Schulen und rund 90 Behörden sollen bis 2030 mindestens ein Drittel Bio-Lebensmittel verwenden. Außerdem sollen sie gesundes Essen anbieten. Das fordern die Grünen. Sie halten das für möglich, ohne dass die Preise steigen.
Das Land selbst betreibt 88 Kantinen, etwa in Ministerien oder Einrichtungen wie dem Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf. Auch die Justizvollzugsanstalten haben Kantinen. Hinzu kommen mehr als 50 Mensen an Hochschulen. Diesen Großküchen kann die Landesregierung vorschreiben, wie sie arbeiten.
Bislang sollen sie mindestens 20 Prozent Bioware verwenden. Das reicht den Grünen nicht. Geht es nach ihnen, müssen ein Drittel aller Lebensmittel bis 2030 aus dem ÖkoLandbau kommen. Darüber wollen sie in den kommenden Monaten mit dem Regierungspartner CDU verhandeln. Stimmt er zu, können die Vorgaben kommen.
Außerdem sollen die Kantinen und Mensen sich von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifizieren lassen. Dazu müssen Kantinen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Möglichst wenig Fett und Zucker, möglichst saisonal, möglichst wenig Fertigprodukte – das sind einige der Vorgaben.
Dabei geht es auch um die Auswahl der Speisen. Nur zwei Mal pro Woche Fleisch oder Wurst, einmal Seefisch, immer Salat oder Gemüse. Doch Fleischliebhaber müssen keine Angst haben: In der Regel lassen die Kantinen eine Menülinie zertifizieren. Sie bieten daneben aber täglich weitere an. „Wir setzen darauf, dass immer mehr Menschen auf gesünderes, sprich hochwertiges und fleischloses Essen umstellen“, sagt Martin Grath, verbraucherpolitischer Sprecher der Landtags-Grünen. Vegetarische und vegane Speisen müssten gezielt angeboten werden – aber nicht als einzige Option. Vier Cent mehr pro Essen Grundsätzlich wünschen sich die Grünen dieselben Regeln auch für alle Schulkantinen – also ein Drittel Ökoware und eine gesunde Küche. Für Schulen sind aber die jeweiligen Städte und Gemeinden verantwortlich. Deshalb setzt die Regierungsfraktion auf deren Einsicht.
Der Grünen-Verbraucherexperte Grath fürchtet nicht, dass die Essen in Zukunft deutlich teurer werden: „Es stimmt schon lange nicht mehr, dass Bio-Essen zwingend teurer sein muss. Viel Geld könnten wir auch sparen, wenn wir weniger Lebensmittel wegwerfen.“Tatsächlich hat eine Untersuchung der DGE ergeben: Wer sich an die Richtlinien hält, erhöht die Preise seiner Speisen im Schnitt nur um vier Cent. Das gilt auch, wenn 15 Prozent der Lebensmittel aus Öko-Landbau stammen.
Doch steigt der Bio-Anteil, sieht es anders aus. Das haben Wissenschaftler im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft herausgefunden. Sie untersuchten Schulkantinen in Deutschland. Das Ergebnis: „20 Prozent Bioanteil führen zu einer nur geringen Preissteigerung im einstelligen Cent-Bereich pro Mahlzeit. Höhere Bioanteile führen allerdings zu überproportionalen Kostensteigerungen.“Zunächst stellten Kantinen bei günstigen Lebensmitteln auf Bio um – etwa bei Gemüse. Doch wenn Fleisch in BioQualität gekauft wird, explodierten die Kosten. Mehr als 80 Prozent zahle drauf, wer nur Bioprodukte verwende. Gute Erfahrungen Zwei Biberacher Gymnasien haben Erfahrungen mit DGE- und Bioessen. Ihre gemeinsame Kantine wird vom Dornahof betrieben. Sie richtet sich bereits an den Empfehlungen der Ernährungsexperten aus. Sowohl die Direktoren der Schulen als auch die Mensabetreiber sind zufrieden.
Das Essen sei durch die Umstellung im Jahr 2014 besser geworden. Die Zahl der Mahlzeiten sei gestiegen. 4,20 Euro kostet ein reguläres Menü, ein Plus von 20 Cent seit 2017. Doch das liege nicht an der DGEVorgabe, betont Mensachefin Iris Goller: Es sei der allgemeinen Teuerung geschuldet. Die Stadt lege pro Menü 2,50 Euro drauf, damit es für die Eltern erschwinglich bleibe.
Die Mahlzeiten mit DGE-Empfehlung liefen besser als zunächst gedacht. „Selbst Fisch wird gut angenommen, am Dienstag hatten wir 90mal Lasagne und immerhin 40-mal Lachs“, sagt Goller. Den Anteil der Bioware noch weiter zu erhöhen als die DGE empfiehlt, sei aber schwierig. Noch seien die Lieferanten nicht darauf eingestellt.