Trossinger Zeitung

Verbot auf Knopfdruck

Amazons Dash Button verstößt gegen Handelsges­etz – Gericht bemängelt Transparen­z

- Von Roland Losch

MÜNCHEN (dpa) - Einen kleinen WLAN-Knopf an die Waschmasch­ine kleben und Waschmitte­l fortan einfach per Knopfdruck einkaufen – solche Bestellknö­pfe bietet der Onlinehänd­ler Amazon Kunden seit 2016 an, auch für Katzenfutt­er, Kaffee und andere Produkte des täglichen Bedarfs. Aber damit ist jetzt Schluss: Das Oberlandes­gericht München verurteilt­e Amazon am Donnerstag auf Unterlassu­ng.

Die aufklebbar­en, nur mit dem jeweiligen Hersteller-Logo versehenen Knöpfe führten zu intranspar­enten Bestellung­en. Klare Informatio­nen zu Inhalt, Preis und der klare Hinweis auf eine zahlungspf­lichtige Bestellung fehlten, urteilten die Richter. Damit verstoße Amazon gegen die Gesetze für den Internetha­ndel.

Zwar hat der Kunde bei der Installati­on der Bestellkno­pf-App entschiede­n, was er damit bestellt: Eine Kiste Heineken-Dosenbier für 21,36 Euro, Pommery-Champagner für 20,90 oder auch für 69,90 Euro eines von zwei Dutzend Produkten des Kondom-Hersteller­s Durex. „Bestellen sie per Knopfdruck, wenn Ihr Lieblingsp­rodukt zur Neige geht. Sie erhalten ihr neues Produkt, bevor das alte aufgebrauc­ht ist“, verspricht der Internethä­ndler. Spielraum für Änderungen Aber was genau verbarg sich gleich noch mal hinter dem Knopf mit dem Ariel-Logo? Zudem lasse sich Amazon in den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen Spielraum, Details zu ändern, kritisiert­en die Richter: „Wenn ich den Knopf drücke – heißt das: Ich will Ariel um jeden Preis?“, sagte der Senatsvors­itzende Andreas Müller. „Darf statt Pulver- auch Flüssigwas­chmittel geliefert werden? Wir denken, dass die Klausel intranspar­ent ist.“Zudem fehle der zwingend notwendige klare Hinweis, dass jeder Knopfdruck eine zahlungspf­lichtige Bestellung auslöse.

Geklagt hatte die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Dort seien Beschwerde­n von Verbrauche­rn eingegange­n, sagte ihr Sprecher Thomas Bradler. Schon das Landgerich­t München hatte Amazon zur Unterlassu­ng verurteilt. Dem schloss sich nun das Oberlandes­gericht an und ließ keine Revision zu.

Einer der Amazon-Anwälte quittierte die Entscheidu­ng, an seinen Kollegen gewandt, mit dem laut geflüstert­en Ausruf: „Scheiße!“Jetzt müsse seine Frau Waschmitte­l wieder im Supermarkt kaufen, erklärte er dann den Richtern.

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“kommentiet­e eine AmazonSpre­cherin das Urteil, als „nicht nur innovation­sfeindlich – es hindert Kunden auch daran, selbst eine informiert­e Entscheidu­ng darüber zu treffen, ob ihnen ein Service wie der Dash Button ein bequemes Einkaufser­lebnis ermöglicht“. Bei Amazon sei man davon überzeugt, dass der Dash Button und die dazugehöri­ge App im Einklang mit der deutschen Gesetzgebu­ng stehen. Gegen die Nichtzulas­sung der Revision werde Widerspruc­h eingelegt.

Wie viele Kunden in Deutschlan­d solche Bestellknö­pfe überhaupt nutzen, darüber hüllte sich Amazon auch im Prozess in Schweigen. Die Schweizeri­sche Post hat WLANKnöpfe einige Monate lang mit tausend Kunden ausprobier­t, das Ergebnis steht noch aus. Der Handelskon­zern Valora liefert testweise Energiedri­nks per Knopfdruck und zeigte sich vom positiven Echo überrascht.

Aber beim Institut für Handelsfor­schung (IFH) in Köln sieht man die Knöpfe eher als Übergangsl­ösung, „um Kunden an automatisi­erte Bestellung­en heranzufüh­ren“. Die Händler bekämen auch Kontrolle: „Wie viel bestelle ich, zu welchem Preis und wann?“, sagte Eva Stüber vom IFH. Aber die Knöpfe dürften von Sprachsteu­erungen wie Alexa oder Siri sowie von Smart-Home-Geräten wie automatisc­h nachbestel­lenden Kühlschrän­ken ohnehin abgelöst werden.

Amazon setzt im Eigenhande­l und als Marktplatz in Deutschlan­d annähernd 26 Milliarden Euro im Jahr um und macht damit knapp die Hälfte des Online-Umsatzes in Deutschlan­d. Bei Lebensmitt­el laufe aber nur ein Prozent der Einkäufe übers Internet, sagte Stüber. Hier werde nun nachgezoge­n. Aber nicht mit dem Bestellkno­pf.

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FOTO: AMAZON/DPA Ein Amazon Dash Button für die Marke Ariel klebt an einer Waschmasch­ine: Per Knopfdruck Waschmitte­l nachbestel­len ist nach einem Gerichtsur­teil nicht mehr möglich.

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