Betrunkener Lokführer verpasst Halt
Mit 2,5 Promille am Bahnhof vorbei – Geldstrafe oder Haft möglich
WITTENBERG (dpa) - Ein betrunkener Lokführer ist mit dem ICE am Bahnhof Wittenberg vorbeigefahren. Knapp 2,5 Promille hatte der Mann Polizeiangaben zufolge im Blut. Die Bahn nahm dem 49-Jährigen den Triebfahrzeugführerschein ab und kündigte Konsequenzen an.
Der ICE 993 von Hamburg nach Leipzig hätte am Dienstagabend um 22.11 Uhr in Wittenberg in SachsenAnhalt stoppen sollen. Doch der Lokführer verpasste den Halt. Der Zugbegleiter, dem bereits zuvor eine ungewöhnlich ruckelige Fahrweise des Zugs aufgefallen war, wandte sich an zwei Bundespolizisten, die in dem ICE auf der Heimfahrt von Berlin waren. Sie alarmierten Kollegen der Landespolizei, die den betrunkenen Lokführer beim nächsten Halt wenig später in Bitterfeld aus dem Zug holten.
Reisende, die in Wittenberg aussteigen wollten, mussten mit dem nächsten Zug zurückfahren. Ein neuer Lokführer übernahm den ICE, mit etwa 65 Minuten Verspätung erreichte er sein Ziel Leipzig. Einen ähnlichen Fall mit so stark betrunkenem Lokführer habe sie noch nicht erlebt, sagte Bundespolizei-Sprecherin Chris Kurpiers.
Der Mann werde bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt, sagte ein Bahnsprecher in Leipzig. Sein Führerschein wurde dem Eisenbahnbundesamt übergeben. Um ihn wiederzubekommen, müsse der 49-Jährige ähnlich wie im Straßenverkehr umfassende medizinische und psychologische Tests machen. Für Lokführer gelte eine strikte Null-Promille-Grenze. „Jeder Lokführer weiß seit seiner Einstellung, dass Alkohol im Dienst gar nicht geht“, sagte der Sprecher.
Es stünden auch arbeitsrechtliche Konsequenzen im Raum. Welche das sein könnten, ließ der Sprecher offen. Zunächst müsse man das Ergebnis der Ermittlungen durch die Bundespolizei abwarten. Die ermittelt laut Kurpiers wegen Gefährdung des Bahnverkehrs – strafrechtlich drohen dem betrunkenen Lokführer damit eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft. Einige Sicherheitsmechanismen Betrunkene Lokführer seien Einzelfälle, betonten Bahn und Fahrgastverband. Das Unternehmen vertraue darauf, dass sich seine Beschäftigten an die Regeln halten, sagte der Bahnsprecher. Alkoholtests vor Fahrtantritt seien auch aus Gründen der Persönlichkeitsrechte nicht möglich. Ähnlich äußerte sich Karl-Peter Naumann von Pro Bahn. Es gebe bereits viele Sicherheitseinrichtungen. Der Lokführer müsse zum Beispiel alle zwei Minuten eine Wachsamkeitstaste drücken. Tue er das nicht, werde der Zug automatisch abgebremst. Für den Lokführer forderte Naumann allerdings harte Konsequenzen: „Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen.“