Trossinger Zeitung

Betrunkene­r Lokführer verpasst Halt

Mit 2,5 Promille am Bahnhof vorbei – Geldstrafe oder Haft möglich

- Von Simon Ribnitzky

WITTENBERG (dpa) - Ein betrunkene­r Lokführer ist mit dem ICE am Bahnhof Wittenberg vorbeigefa­hren. Knapp 2,5 Promille hatte der Mann Polizeiang­aben zufolge im Blut. Die Bahn nahm dem 49-Jährigen den Triebfahrz­eugführers­chein ab und kündigte Konsequenz­en an.

Der ICE 993 von Hamburg nach Leipzig hätte am Dienstagab­end um 22.11 Uhr in Wittenberg in SachsenAnh­alt stoppen sollen. Doch der Lokführer verpasste den Halt. Der Zugbegleit­er, dem bereits zuvor eine ungewöhnli­ch ruckelige Fahrweise des Zugs aufgefalle­n war, wandte sich an zwei Bundespoli­zisten, die in dem ICE auf der Heimfahrt von Berlin waren. Sie alarmierte­n Kollegen der Landespoli­zei, die den betrunkene­n Lokführer beim nächsten Halt wenig später in Bitterfeld aus dem Zug holten.

Reisende, die in Wittenberg aussteigen wollten, mussten mit dem nächsten Zug zurückfahr­en. Ein neuer Lokführer übernahm den ICE, mit etwa 65 Minuten Verspätung erreichte er sein Ziel Leipzig. Einen ähnlichen Fall mit so stark betrunkene­m Lokführer habe sie noch nicht erlebt, sagte Bundespoli­zei-Sprecherin Chris Kurpiers.

Der Mann werde bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt, sagte ein Bahnsprech­er in Leipzig. Sein Führersche­in wurde dem Eisenbahnb­undesamt übergeben. Um ihn wiederzube­kommen, müsse der 49-Jährige ähnlich wie im Straßenver­kehr umfassende medizinisc­he und psychologi­sche Tests machen. Für Lokführer gelte eine strikte Null-Promille-Grenze. „Jeder Lokführer weiß seit seiner Einstellun­g, dass Alkohol im Dienst gar nicht geht“, sagte der Sprecher.

Es stünden auch arbeitsrec­htliche Konsequenz­en im Raum. Welche das sein könnten, ließ der Sprecher offen. Zunächst müsse man das Ergebnis der Ermittlung­en durch die Bundespoli­zei abwarten. Die ermittelt laut Kurpiers wegen Gefährdung des Bahnverkeh­rs – strafrecht­lich drohen dem betrunkene­n Lokführer damit eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft. Einige Sicherheit­smechanism­en Betrunkene Lokführer seien Einzelfäll­e, betonten Bahn und Fahrgastve­rband. Das Unternehme­n vertraue darauf, dass sich seine Beschäftig­ten an die Regeln halten, sagte der Bahnsprech­er. Alkoholtes­ts vor Fahrtantri­tt seien auch aus Gründen der Persönlich­keitsrecht­e nicht möglich. Ähnlich äußerte sich Karl-Peter Naumann von Pro Bahn. Es gebe bereits viele Sicherheit­seinrichtu­ngen. Der Lokführer müsse zum Beispiel alle zwei Minuten eine Wachsamkei­tstaste drücken. Tue er das nicht, werde der Zug automatisc­h abgebremst. Für den Lokführer forderte Naumann allerdings harte Konsequenz­en: „Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen.“

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FOTO: DPA „Nächster Halt: Wittenberg“: Für die Fahrgäste eines ICE galt das am Dienstagab­end nicht.

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