Trossinger Zeitung

Drazen D.: Entscheidu­ngen stehen aus

Dreifachmo­rd von Villingend­orf: Akten sind noch nicht geschlosse­n – Mutter des getöteten Jungen will Klarheit

- Von Corinne Otto

ROTTWEIL (sbo) - Das Urteil für den Dreifachmo­rd von Villingend­orf ist im Juni gefallen: Lebensläng­lich für Drazen D.. Doch noch immer sind nicht alle Akten geschlosse­n. Die Mutter des getöteten Jungen wartet auf wichtige Entscheidu­ngen der Staatsanwa­ltschaften in Rottweil und Konstanz – bislang vergeblich.

Die grausame Tat des 14. September 2017, bei der Drazen D. seinen sechsjähri­gen Sohn, den neuen Lebensgefä­hrten seiner Ex-Partnerin und dessen Verwandte erschoss, und der monatelang­e Prozess am Landgerich­t Rottweil im vergangene­n Jahr rücken im öffentlich­en Gedächtnis langsam in den Hintergrun­d. Die Angehörige­n, insbesonde­re die Mutter des getöteten Sechsjähri­gen, quälen jedoch weiter drängende Fragen: Hätte die Tat verhindert werden können? Hat es Versäumnis­se seitens der Behörden gegeben? Und: Wird gegen die Nichte von Drazen D. wegen Beihilfe zum Mord neu ermittelt?

Es zeigt sich, dass die Beurteilun­g dieser Fragen bei den zuständige­n Staatsanwa­ltschaften nicht unbedingt höchste Priorität hat. „Wir warten. Meine Mandantin hat sich schon mehrfach erkundigt, ob es endlich Neues gibt“, erklärt Wido Fischer, Rechtsanwa­lt der jungen Mutter. Sie hatte schon während des Prozesses Strafanzei­ge gegen Mitarbeite­r der Polizei, des Jugendamts Rottweil und der Unterhalts­vorschussk­asse Tuttlingen – dort soll Drazen D. die neue Adresse der Ex-Partnerin gesehen haben – gestellt. Der Racheakt von Drazen D. hätte ihrer Ansicht nach verhindert werden können, wenn die Polizei die Warnzeiche­n und Bedrohunge­n des Täters ernst genommen hätte und wenn Behörden schneller reagiert hätten.

Ob die Staatsanwa­ltschaft Rottweil hierfür Anhaltspun­kte sieht oder ob das Verfahren eingestell­t wird, diese Entscheidu­ng steht weiter aus. Sprecher Frank Grundke sieht unter anderem einen Grund darin, dass – bei einer ohnehin hohen Arbeitsbel­astung – Fälle mit dringliche­n Fristen Vorrang hätten. Wird Nichte angeklagt? Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz hat zu klären, ob die Nichte des Täters möglicherw­eise wegen Beihilfe zum Mord angeklagt wird. Im Prozess gegen Drazen D. hatte sich gezeigt, dass sie bei der Reise nach Kroatien zur Beschaffun­g der Waffe dabei war und über die Rachepläne des 41-Jährigen Bescheid wusste. Schon bevor Drazen D. die drei Menschen erschoss, suchte sie am Tattag im Internet nach Polizeimel­dungen über Schüsse in Villingend­orf.

Der bereits gegen die 29-Jährige verhängte – aber noch nicht rechtskräf­tige – Strafbefeh­l wegen Nichtanzei­gens einer Straftat wurde daraufhin von der Staatsanwa­ltschaft zurückgezo­gen. Man wolle den Fall prüfen und gegebenenf­alls neu bewerten, hieß es. Dazu wurde das ausführlic­he Urteil des Landgerich­ts Rottweil gegen Drazen D. nach Konstanz übersandt. Doch auch wenn ein Sprecher im September versichert­e, man wolle „auch im Sinne der Betroffene­n“zeitnah zu einer Entscheidu­ng kommen – getan hat sich bisher nichts.

Für die Angehörige­n der Getöteten geht die Zeit des Wartens weiter. Sie wollen endlich wissen, ob die Nichte Drazen D.s weitergehe­nd zur Rechenscha­ft gezogen wird. Die junge Frau war auch an der Seite des späteren Täters, als dieser seiner ExPartneri­n im August 2017 ankündigte, dass er „kommen, und alle töten“werde. Nur sie werde er am Leben lassen.

Sie hat überlebt. Drazen D. hat die Mutter seines Sohnes verschont, um sie leiden zu lassen. Wie die 31-Jährige im Dezember im Internet schreibt, gehe es ihr nach wie vor sehr schlecht. Sie wolle das Grab ihres toten Kindes nicht verlassen.

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ARCHIV-FOTO: OTTO / SBO In den Tagen nach der Tat im September 2017 werden Blumen und Kuscheltie­re am Tatort niedergele­gt. Bei der Staatsanwa­ltschaft ist man noch immer mit den Geschehnis­sen im Vorfeld der Tat befasst.

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