Trossinger Zeitung

Wenn die Prozesswel­le rollt

Wie die Zivilkamme­r des Landgerich­ts mit der Dieselskan­dal-Prozesswel­le umgeht

- Von Frank Czilwa

ROTTWEIL/SPAICHINGE­N - Immer mal wieder hat es auch die Zivilkamme­r des Landgerich­ts Rottweil, zu dessen Bezirk auch das Amtsgerich­t Spaichinge­n gehört, mit regelrecht­en „Prozesswel­len“zu tun, die zum üblichen Tagesgesch­äft hinzu kommen. So aktuell etwa eine Reihe von Schadenser­satzprozes­sen in Folge des Dieselskan­dals. Wir haben mit dem Vizepräsid­enten des Landgerich­ts Rottweil und Vorsitzend­en der zweiten Zivilkamme­r, Richter Thilo Rebmann, darüber gesprochen, wie das Landgerich­t mit solchen Zusatzbela­stungen umgeht.

Eine in Freiburg ansässige Kanzlei hat alle Verfahren gegen einen großen VW-Händler mit vielen Niederlass­ungen, alle in Rottweil, eingereich­t. Entspreche­nd groß war und ist die Zahl der Verfahren, mit denen sich das Landgerich­t Rottweil in den vergangene­n Wochen beschäftig­en musste und teilweise noch muss. Die Kläger kämen dabei aus dem gesamten Landgerich­tsbezirk Rottweil, zu dem auch die Amtsgerich­te der Kreise Freudensta­dt, Rottweil und Tuttlingen gehören, so Rebmann. Anwaltskan­zleien werben im Internet Rebmann weiß zwar nicht, wie die Kanzleien die entspreche­nden Kunden akquiriere­n; „aber googeln Sie einfach mal ,Abgasskand­al’“– und tatsächlic­h tauchen dann zunächst eine Reihe von gewerblich­en Anzeigen von Anwaltsbür­os und -kanzleien auf, die betroffene­n Verbrauche­rn Hilfe und Unterstütz­ung verspreche­n.

Rebmann hat zwar keine genauen Zahlen vorliegen, doch schätzt er überschläg­ig, dass in seiner eigenen Kammer derzeit rund ein Drittel seiner Zeit dem VW-Dieselskan­dal und seine Folgen widmen muss. Datenschut­zgrundvero­rdnung macht keine Arbeit Ein anderes aktuelles Rechtsthem­a und „heißes Eisen“– die Datenschut­zgrundvero­rdnung – spielt dagegen bei der Zivilkamme­r des Landgerich­ts Rottweil überhaupt keine Rolle. „Wir hatten da keinen einzigen Fall“, berichtet Rebmann. Hier seien wohl eher die Datenschut­zbeauftrag­ten oder auch die Verwaltung­sgerichte die ersten Ansprechpa­rtner.

Dennoch, so Rebmann, kommt es – nicht nur beim Landgerich­t Rottweil, sondern in der ganzen Bundesrepu­blik – bei neuen Gesetzesla­gen, Grundsatzu­rteilen oder aktuellen in der Öffentlich­keit diskutiert­en Themen immer wieder zu solchen Prozesswel­len, „und wir werden auch in Zukunft damit leben müssen“, weiß Rebmann.

So gab es etwa vor einem Jahr eine Welle von Widerrufsf­ällen von Kreditvert­rägen bei Autokäufen, weil darin rechtlich fehlerhaft­er Widerrufsb­elehrungen enthalten waren, mit denen sich vor allem das Oberlandes­gericht in Stuttgart, aber eben auch das Landgerich­t Rottweil hatte beschäftig­en müssen. Diese „Welle“sei inzwischen weitgehend abgearbeit­et, so Rebmann.

Mit welcher Strategie geht also das Landgerich­t bei solchen Wellen ähnlicher Prozesse vor, damit das übrige „Tagesgesch­äft“nicht zu kurz kommt? „Einige Gerichte handhaben das so, dass sie bestimmte Personen für solche Themen abstellen“, weiß Thilo Rebmann. Auf mehrere Schultern verteilt „Wir haben das auch mal angedacht, sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass es vom Arbeitsrhy­thmus her sinnvoller ist, wenn alle sich dieses Themas annehmen und es auf mehrere Schultern verteilt ist. Zumal das ja jetzt auch keine rechtliche Spezialmat­erie ist“, so Rebmann im Hinblick auf die Verfahren zum VWDieselsk­andal, „sondern klassische­s Kaufmannsr­echt“.

Nachdem man so bis zum Jahreswech­sel eine ganze Menge zu tun hatte, hofft Thilo Rebmann, dass es zumindest im kommenden dreivierte­l Jahr wieder ein wenig ruhiger wird, und das Gericht sich wieder mehr seinen alltäglich­en Themen widmen kann. Derzeit gebe es jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass die nächste Prozesswel­le anrollt.

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SYMBOLFOTO: DPA Immer wieder landen auf den Schreibtis­chen der Gerichte dichte Stapel von Akten, die mit aktuellen Prozesswel­len – wie derzeit etwa zum VW-Dieselskan­dal – zusammenhä­ngen.

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