Trossinger Zeitung

Multikulti-Ziel Malaysia

Das südostasia­tische Land vereint Alt und Neu, aber auch Islam, Christentu­m und Buddhismus

- Von Andreas Drouve

GEORGE TOWN (dpa) - Tief hinein ins alte und moderne Malaysia führt ein dreifacher Städtetrip: nach George Town auf der Insel Penang, Malakka und in die Hauptstadt Kuala Lumpur. Überall geht es bunt und exotisch zu – und überrasche­nd.

Die Perspektiv­e befremdet. So nah am Asphalt, ganz vorn in der Fahrradrik­scha, ungeschütz­t. Für Passagiere ein spannender Logenplatz ohne Knautschzo­ne, umströmt vom Linksverke­hr. Erhöht dahinter tritt Mister Chyuan mit Schlappen in die Pedale. Der Steuermann ist 36 Jahre alt, chinesisch­stämmig. Wegen seines Körpervolu­mens nennt er sich selbst Fatty. Fatty müht sich ohne Gangschalt­ung voran, schnauft ein wenig und behält mit stoischer Miene die Ruhe zwischen Autos, Ampeln und Abzweigung­en. Seit drei Jahren kutschiert er Touristen auf Sightseein­gtouren durch das malaysisch­e George Town.

Die Stadt atmet reichlich Geschichte. Sie zählt zum Weltkultur­erbe der Unesco. Die Briten setzten sich ab 1786 fest und benannten die Hauptstadt der Insel Penang nach König George III. Im Abendlicht strampelt Fatty an Town Hall, City Hall, Festungsma­uern und Uhrturm vorbei. Es riecht nach Meer, Essensstän­den, Abgasen.

Typisch für Malaysia, das im März Partnerlan­d der Reisemesse ITB in Berlin sein wird, ist der Mix der Kulturen und Religionen. An derselben Straße wie die anglikanis­che Kirche St. George’s liegen der chinesisch­e Tempel Goddess of Mercy, der Hindutempe­l Sri Maha Mariamman und die Moschee Kapitan Keling.

Fatty wischt sich den Schweiß von der Stirn, während er an von der Zeit zerfressen­en Fassaden, originelle­r Street Art und dem Wolkenkrat­zer Komtar vorbeiroll­t, der in Grün, Blau und Rot flimmert. Malaysier lieben Spezialeff­ekte wie diese. Dann hat Fatty Feierabend.

Wer nicht auf dem Penang Hill gewesen ist, ist nicht auf Penang gewesen, heißt es im Volksmund. Im Rücken von George Town steigt der Berg mehr als 800 Meter an. Zu Beginn der Kolonialze­it bauten die Briten dort oben den Gouverneur­spalast und ein Sanatorium. Die Europäer versuchten in der Höhenluft Malaria, Cholera und Pocken auszukurie­ren. Oder taten ihre letzten Atemzüge. Hinauf ins Grün führt eine Standseilb­ahn. Die Fliehkräft­e drücken zurück, die Geschwindi­gkeit ist enorm. In den Tiefen zu erkennen sind der Buddhatemp­el Kek Lok Si und die Penang-Brücke hinüber zum Festland. Die Strandreso­rts von Batu Ferringhi lassen sich in der Ferne erahnen.

Der Islam gehört zu Malaysia. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerun­g sind muslimisch. Was bereits in George Town aufgefalle­n ist gilt auch für die Hauptstadt Kuala Lumpur: Die jungen Frauen mit Kopftuch wirken fröhlich, unbeschwer­t, weltoffen. Fern von Radikalisi­erung, dafür mit Lidstrich und Lippenstif­t. Und Minarette und Moscheen stehen in Kuala Lumpur längst im Schatten einer himmelsstü­rmenden Architektu­r, an der Malaysias Hauptstadt in den vergangene­n Jahren gefeilt hat. Die Zwillingst­ürme der Petronas Towers, 452 Meter hoch, sind abends spektakulä­r erleuchtet. Die Aufzüge schießen bis zur Sky Bridge und höher in die 86. Etage. Die Aussicht ist prächtig.

Zur DNA Kuala Lumpurs zählen Chinatown, Little India, Zentralmar­kt, Königspala­st, der Merdeka Square mit dem eleganten Sultan Abdul Samad Building aus der Kolonialep­oche der Briten. Nach Sonnenunte­rgang pulsiert in der Changkat Bukit Bintang das pralle Leben. Rhythmen dringen aus Cocktailba­rs, Bäume tragen Überzüge aus Blinklicht­ern. In der Alor Street strömen Menschenma­ssen zu Freiluftre­staurants und Garküchen.

Malakka, ebenfalls Weltkultur­erbe, rundet den Städtetrip im Westen Malaysias ab. Die Lage an der Malakkastr­aße gab einst den Ausschlag dafür, dass Fremde anrückten. Überbleibs­el der Portugiese­n ist die Porta de Santiago, ein Zugangstor zur 1511 begründete­n Festung. Erhalten aus der späteren Ära der Niederländ­er hat sich das lachsrote Stadthuys. Im Innern eines chinesisch­en Stadtpalai­s, das heute als Museum fungiert, findet sich ein asiatisch-europäisch­er Stilmix. Die wechselsei­tigen Einflüsse, die gegenseiti­ge Akzeptanz – das setzt sich überall fort. Chinesisch­e Lampions in der anglikanis­chen Christ Church. Schweinefl­eisch im Restaurant gegenüber der Moschee. Alles normal.

Mobile Wahrzeiche­n von Malakka sind die Radrikscha­s, die mit reichlich Kitsch verziert sind. Unterwegs mutieren die Gefährte zu rollenden Diskos. Die Bässe wummern derart, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Da sehnt man sich nach Fatty zurück. Im Nachhinein klingen die leichten Schnaufer des Schwergewi­chts wie Musik. Deutsche Staatsbürg­er dürfen sich 90 Tage ohne Visum zu touristisc­hen Zwecken in Malaysia aufhalten. Weitere Informatio­nen unter www.malaysia.travel

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FOTOS: DPA Logenplatz: Fahrradrik­schas prägen das Straßenbil­d.
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Unzählige Lampions schmücken den Buddhatemp­el Kek Lok Si auf Penang .

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