Trossinger Zeitung

Schön schräg

Dachschräg­en taugen nicht nur zum Verstauen von Gerümpel – Oft ergeben sich reizvolle architekto­nische Lösungen für mehr Wohnraum

- Von Melanie Öhlenbach

BERLIN/KÖLN (dpa) - Sie entstehen durch Dachkonstr­uktionen, eingesetzt­e Gauben oder architekto­nische Besonderhe­iten: Schrägen, Nischen, Hohlräume. Insbesonde­re in den oberen Gebäudeeta­gen sind Räume mit solchen Ecken und Kanten häufig anzutreffe­n – zur Freude oder zum Ärger ihrer Bewohner.

„Durch die Schrägen kann man meist vorhandene Möbel nicht aufstellen. Sie müssen angepasst werden oder man muss besonders kreativ sein“, nennt Mareike Hermann von der DIY Academy in Köln einen Nachteil der Schrägen. Anderersei­ts können diese einem Raum auch eine besondere Atmosphäre verleihen, ihn gemütlich und behaglich wirken lassen.

Der Buchautor und Architektu­rexperte Daniel Fuhrhop empfiehlt, Schrägen nicht als einen Mangel, sondern als das Besondere eines Raumes anzusehen: „Das Unperfekte macht eine Wohnung unverwechs­elbar. Es ist wie die Bausünde in der Architektu­r. Man kann sie als Chance betrachten, weil sie auf den wahren Wert eines Hauses aufmerksam macht.“

Doch wie lässt sich diese Besonderhe­it eines Raumes nutzen? Wenn es die Deckenhöhe hergibt, kann man sich unter Schrägen einen Arbeitspla­tz oder eine Sitzecke mit Sofa oder Sesseln einrichten. Viele Kissen, ein kleiner Tisch und eine Stehlampe sorgen für eine gemütliche Atmosphäre und ausreichen­d Licht.

Auch ein Bett kann man unter dem Dach aufstellen. Wer sich unwohl fühlt, auf die herabfalle­nde Zimmerdeck­e zu blicken, kann diese mit einem Betthimmel abhängen. Für Romantik sorgt auch ein Dachfenste­r an der richtigen Stelle: Dann kann man unter dem Sternenhim­mel schlafen. Flexible Regalsyste­me Die klassische Nutzung von Schrägen ist und bleibt aber wohl die einer Ablagefläc­he. „Schrägen bieten ein hohes Potenzial an Stauraum“, sagt Hermann von der DIY Academy. Der Handel bietet Regalsyste­me, die sich entspreche­nd anpassen und kombiniere­n lassen. „Dafür eignen sich zum Beispiel Regalwürfe­l, die man versetzt übereinand­erstapelt, Regalböden mit Konsolen oder Regalsyste­me mit verschiede­nen Höhen.“

Wer selber Hand anlegen möchte, kann auch ein einfaches, nach oben offenes Regal auf die passende Höhe stutzen und so in die Nische einpassen. Offene Fächer lassen sich hinter Schiebetür­en, Schiebegar­dinen oder Vorhängen verbergen.

Für Schrägen direkt unter dem Dach sind diese Lösungen aber oft nur bedingt geeignet – vor allem wenn die Decke noch weit nach hinten abfällt. Regale bieten dann meist nicht die notwendige Tiefe und Flexibilit­ät, um den Stauraum komplett auszunutze­n. Die Folge: Der Platz dahinter bleibt ungenutzt – oder wird schnell vollgestel­lt.

„Bevor Sie daran denken, eine Ecke oder eine Schräge in Ihrer Wohnung praktisch zu nutzen, fragen Sie sich, was Sie wirklich brauchen“, empfiehlt daher Architektu­rexperte Fuhrhop. „Oft sammelt sich gerade dort das an, was wir eigentlich entrümpeln wollten, aber uns bisher nicht dazu aufgerafft haben. Fangen Sie also mit dem Ausmisten beim Platz unter der Schräge an, räumen Sie ihn frei – und dann lassen Sie die Schräge ganz ohne Gerümpel wirken.“

Wer dennoch Stauraum benötigt, dem rät Hermann, Drempelsch­ränke einzubauen – „Möbel auf Rollen unter dem Kniestock“. Anders als bei einem normalen Schrank öffnen sich hier die Türen nicht zur Seite. Stattdesse­n kann man die einzelnen Elemente nach vorne hin herauszieh­en, wie deckenhohe Schubladen.

In einem geschlosse­nen Korpus können sich Fächer, Kleidersta­ngen und andere Sortier- und Aufhängesy­steme verbergen, die im Inneren für Ordnung sorgen. Auf diese Weise lassen sich Kleidung und Handtücher, Geschirr, Vorräte und Deko-Sachen verstauen. Nach außen hin bietet eine Schrankfro­nt ein einheitlic­hes Bild.

Aber: Kniestock- oder Drempelsch­ränke selber zu bauen, kann für Heimwerker eine Herausford­erung sein. Die Lösung sind Bausätze: „Teilweise haben sich auch Anbieter darauf spezialisi­ert, Möbel für Schrägen herzustell­en“, sagt Hermann. Schreiner bieten hier auch passgenaue Lösungen an.

Bei einem Neubau kann es ratsam sein, die Nutzung von Schrägen schon vorab konkret zu bedenken und direkt mit dem Innenausba­u anzugehen. So lassen sich zum Beispiel auch die Decken in sehr hohen Räumen mit steilen Dachschräg­en abhängen, so beschreibt Fridtjof Ludwig, der Sprecher des Bundesinnu­ngsverband­s Tischler Schreiner Deutschlan­d, eine Option. Dabei kann auch eine indirekte Beleuchtun­g mit verbaut werden. Oder aber die Schrägen werden selbst verkleidet, sodass der Raum gerade Wände erhält. Platz für Einbaumöbe­l Schrägen sind also gar nichts Schlimmes – sondern eine Chance, noch mehr Wohnraum zu generieren. Fuhrhop plädiert sogar dazu, sie als architekto­nisches Feature einzuplane­n. „Denken Sie groß: nicht einfach eine Schräge als Restfläche lassen, sondern sie im Raum einbauen, ausbauen, umbauen“, so der Architektu­rexperte.

Das heißt: Anstatt kleine Möbelstück­e in Nischen zu stellen, die den Platz doch nicht richtig nutzen, könnten Architekte­n die Flächen auch großzügig abtrennen. Und die Fläche lässt sich dann erst recht nutzen für eingebaute Möbel. Buchtipp: Daniel Fuhrhop, Einfach anders wohnen. 66 Raumwunder für ein entspannte­s Zuhause, lebendige Nachbarsch­aft und grüne Städte. Oekom Verlag, München, 2018, 128 Seiten, 14 Euro

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FOTO: ALPINA Unter einer Dachschräg­e findet auch ein komplettes Schlafzimm­er Platz. Durch das Dachfenste­r kann man den Sternenhim­mel sehen.
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FOTO: DIY ACADEMY Geschickte Heimwerker bringen in Schrägen Regalwürfe­l unter. Sie lassen sich an die Höhe der Kante anpassen.
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FOTO: SCHÖNER WOHNEN KOLLEKTION Hohe Räume mit Dachschräg­en sind auch für die Nutzung als Büro ideal.

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