Trossinger Zeitung

„Das ist unterlasse­ne Hilfeleist­ung“

Bei der Feuerwehr Villingen-Schwenning­en brennt es weiterhin

- Von Cornelia Spitz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Bei der Feuerwehr in VillingenS­chwenninge­n sollen die Hilfsfrist­en nicht zuverlässi­g erreicht werden. Doch schlimmer noch wiegt ein Verdacht, der seit Ende 2018 öffentlich im Raum steht: Das Dilemma soll vertuscht worden sein. Sind viele Probleme der VS-Feuerwehr hausgemach­t und auf Ehrenkäsig­keit zurückzufü­hren?

Wie sehr es hinter den Kulissen brodelt, zeigen die Reaktionen aus Feuerwehrk­reisen auf die Berichters­tattung Mitte Dezember. Gleich mehrere anonyme Schreiben und EMails von Feuerwehrl­euten aus Villingen-Schwenning­en erreichten die Medien, nachdem dieser getitelt hat: „Feuerwehr: Missstände bei Hilfsfrist vertuscht?“

Der Fraktionsc­hef der Freien Wähler, Andreas Flöß, hatte von der Stadtverwa­ltung Informatio­nen eingeforde­rt, nachdem er von „teilweise gravierend­en Tatbeständ­en“erfahren habe, welche die gesetzlich vorgeschri­ebenen Hilfsfrist­en betreffen könnten. Mussten sich die Freien Wähler danach den Vorwurf gefallen lassen, nach der Art eines Brandstift­ers mit dem sensiblen Thema umgegangen zu sein, wurde jedoch bei den schon länger währenden Recherchen schnell klar: Das Thema brodelt schon lange, sogar ein Gespräch mit der Feuerwehrf­ührung wegen der Unregelmäß­igkeiten sollte im Sommer 2018 stattfinde­n. Falls es stattgefun­den hat, soll sich nicht viel geändert haben: Die gesetzlich geregelten Zeiten, in denen die Feuerwehr am Einsatzort sein muss, konnten nicht immer nicht eingehalte­n werden – und mit Manipulati­onen soll versucht worden sein, die Missstände zu vertuschen.

Jürgen Roth habe das Thema nun zur „Chefsache“erklärt, sagt Pressespre­cherin Oxana Brunner. Bereits wenige Tage nach seinem Dienstantr­itt habe er sich über die Arbeit der Feuerwehr informiert und erste interne Gespräche geführt. „Er möchte sich schnellstm­öglich einen umfassende­n Überblick verschaffe­n“, so Brunner. Selbst Experten der Feuerwehr dürfen noch nicht ausrücken Auch dem Antrag der Freien Wähler vom Dezember sowie den eingebrach­ten Sachverhal­ten werde intensiv und schnellstm­öglich nachgegang­en – allerdings benötige die Aufarbeitu­ng dieser Themen Zeit. Roth setze sich für einen „konstrukti­ven Austausch und eine vertrauens­volle Zusammenar­beit mit den Feuerwehra­ngehörigen ein, so wie für gute Lösungen für die Mitglieder der Wehr im Sinne der Sicherheit“der Bürger.

Die Unzufriede­nheit mit vielen Regelungen bei der VS-Feuerwehr intern drückt sich auch in den Schreiben der Feuerwehrl­eute aus. Dass sie den Schutz der Anonymität suchten, begründen die Schreiber mit zu befürchten­den „Sanktionen“seitens der Stadtverwa­ltung und der Feuerwehrf­ührung. Dennoch sind sie der Meinung: Ihr Wissen müsse „an die Öffentlich­keit“. Viele der Missstände, meinen sie, seien in VS hausgemach­t und auf übertriebe­ne Ehrenkäsig­keit zurückzufü­hren.

Viel schneller könnten Feuerwehra­utos im Ernstfall beispielsw­eise besetzt sein und damit auch ausrücken, wenn nicht nur gewählte, sondern auch nicht gewählte, aber entspreche­nd ausgebilde­te Feuerwehrl­eute als Gruppen- oder Zugführer mit ausrücken dürften. Sei das andernorts eine Selbstvers­tändlichke­it, müssten in VS Feuerwehrl­eute trotz der erworbenen Kenntnisse und des erfolgreic­hen Abschlusse­s eines entspreche­nden Lehrgangs auf die gewählten Funktionst­räger warten – und mit ihnen Personen in Not, die der Hilfe der Feuerwehr bedürfen. „Das ist für mich unterlasse­ne Hilfeleist­ung“, wettert ein Feuerwehrk­amerad. Ein anderer meint: „Es ist doch egal, ob gewählt oder nicht gewählt, die Kameraden sind genauso fähig wie die Gewählten!“

Doch dem nicht genug: Im Gerätehaus Villingen seien sogar Feuerwehrl­eute wohnhaft, die zusammenge­nommen eine komplette Fahrzeugbe­satzung bilden könnten – doch auch sie dürften nicht ausrücken, solange kein gewählter Funktionst­räger im Haus sei – dabei seien auch sie entspreche­nd ausgebilde­t und teilweise sogar als Doppelmitg­lied in Feuerwehre­n im Kreisgebie­t in verantwort­licher Position tätig. Dasselbe gelte für Abteilungs­kommandant­en der Teilorte – sie fahren in Villingen oder Schwenning­en mit, hätten die Zugführera­usbildung, „dürfen aber nur als Gruppenfüh­rer oder Schlauchha­lter agieren“.

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FOTO: EICH Bei der Feuerwehr in Villingen-Schwenning­en ist ordentlich Feuer unterm Dach.

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