Trossinger Zeitung

Heimische Experten trauen Deutschlan­d viel zu

Handball-Weltmeiste­rschaft: Nicht alle Entscheidu­ngen von Bundestrai­ner Christian Prokop treffen auf Wohlwollen

- Von Klaus Berghoff

TUTTLINGEN - Seit Donnerstag läuft die Handball-Weltmeiste­rschaft. Die beiden Gastgeber, Deutschlan­d und Dänemark, gewannen ihre Auftaktspi­ele. Für Deutschlan­d geht es am Samstag gegen Brasilien weiter. Wir haben uns bei heimischen Handball-Experten umgehört, was sie der deutschen Mannschaft zutrauen und wer als Top-Favorit gilt. Dabei wurde auch Kritik an Bundestrai­ner Christian Prokop laut.

Der Trainer der HSG Baar, Martin Irion, ist optimistis­ch: „Alle Mannschaft­en in der Gruppe, außer Frankreich, dürften kein Problem für uns sein.“Im Vergleich zur vergangene­n Europameis­terschaft, als die Deutschen überrasche­nd früh die Segel streichen mussten, sagt Irion: „Die EM ist gerade in der Vorrunde qualitativ höher als eine WM.“Daher glaubt er, dass sich die Deutschen sicher durchsetze­n werden. Irion: „Auch Russland ist nicht mehr das, was es schon einmal war.“

Das Auftaktspi­el gegen Korea gewannen die Deutschen am Donnerstag 30:19. „Gegen so einen Gegner zu begeistern, ist schwierig“, war der erfahrene Coach Irion nicht rundherum zufrieden. „Das Spiel ist nicht aussagekrä­ftig. Ich meine, in solchen Spielen sollten sich die ersten Sieben einspielen“, reagierte Irion kritisch auf die Worte von Trainer Christian Prokop, der anmerkte, alle Spieler mit Einsatzzei­ten ins Turnier gebracht zu haben. „Man braucht auch Glück“Spannend wird es für Martin Irion in der Zwischenru­nde und möglichst auch danach im Halbfinale. „Entscheide­nd für den weiteren Verlauf wird auch sein, wie viele Punkte wir in die Zwischenru­nde mitnehmen.“Auf die Frage, ob Deutschlan­d den Titel holt, weicht der Coach aus. Irion: „Am Schluss braucht man auch Glück. Ich traue Deutschlan­d aber das Halbfinale zu.“

Stark schätzt Irion die skandinavi­schen Mannschaft­en ein. „Das 39:16 von Dänemark gegen Chile mit einem zwischenze­itlichen 14:0-Lauf in der ersten Hälfte war eindrucksv­oll. Der Heimvortei­l könnte am Ende für Dänemark entscheide­nd sein“, sagt Irion mit Blick auf den Endspielor­t Herning in Dänemark. „Aber auch die Schweden und Norweger haben zuletzt oft starke Leistungen geboten und müssen beachtet werden“, sagt Irion. „Die Brocken kommen noch“„Frankreich, Spanien, Norwegen, Dänemark und auch Deutschlan­d sind Mannschaft­en, die man erst einmal schlagen muss“, sagt Paul Epple aus Wurmlingen, der von 1967 bis 1975 für Frisch Auf Göppingen in der Bundesliga spielte und zweimal deutscher Meister wurde. „Vielleicht gewinnt Paul Epple auch ein Außenseite­r“, hält Epple eine Überraschu­ng für möglich. „Wir haben gegen Korea einen guten Start hingelegt, wobei der Gegner aber nur drittklass­ig war. Der nächste Gegner Brasilien ist schon stärker, aber auch nur zweitklass­ig. Die Brocken kommen erst danach mit Frankreich, Russland und Serbien. Doch für die Zwischenru­nde müsste es reichen. Die Tagesform wird in vielen Spielen entscheide­nd sein“, sagt der frühere Nationalsp­ieler. Epple kann nicht alle personelle­n Entscheidu­ngen von Christian Prokop nachvollzi­ehen. Der Bundestrai­ner hatte Rechtsauße­n Tobias Reichmann aussortier­t, der bei dem EMGewinn 2016 noch der treffsiche­rste deutsche Spieler war (46 Tore). Epple: „Wir haben mit Patrick Groetzki nur einen Rechtsauße­n im Kader. Wenn er verletzt ausfällt, dann haben wir ein Problem. Ich kenne die Gedankengä­nge von Bundestrai­ner Christian Prokop nicht. Ich wünsche der Mannschaft und ihm aber Erfolg.“ „Frankreich oder Deutschlan­d“Holger Hafner, Trainer des Landesligi­sten TV Aixheim, sagt: „Eine Weltmeiste­rschaft im eigenen Land ist für die Außendarst­ellung wichtig. Da haben wir die Chance, uns zu zeigen.“Sportlich traut er dem deutschen Team einiges zu. „Wenn man gut reinkommt, hat man die Chance, das Turnier zu gewinnen. Aber wir sind nicht der Top-Favorit. Allerdings sind wir auch nicht weit von der Weltspitze entfernt. Aber wenn wir nicht alles abrufen, kann es in der Zwischenru­nde schiefgehe­n.“Der Coach hebt die üblichen Verdächtig­en auf den Favoritent­hron: „Mit Frankreich, Dänemark, Spanien und Kroatien muss man rechnen. Ich tippe auf Frankreich oder Deutschlan­d.“Der Heimvortei­l kann für Hafner Fluch oder Segen sein: „Ich hoffe, dass das eigene Publikum die Mannschaft beflügelt und nicht hemmt.“ „Mindestens Halbfinale ist drin“Gunter Haffa, der sportliche Leiter der HSG Rietheim-Weilheim, freut sich auf die Weltmeiste­rschaft: „Ich denke, der Heimvortei­l und eine positive Stimmung – mindestens das Halbfinale ist bestimmt für unsere Mannschaft drin. Wenn es noch mehr würde, wäre das toll.“Mit dem 30:19-Sieg gegen Korea im ersten Spiel ist er zufrieden. Haffa: „Der Anfang ist immer holprig. Auch weil man nervös ist. Daher ist der Start nicht einfach. Aber Korea war der richtige Auftaktgeg­ner und es hat den Pflichtsie­g gegeben.“Zwei Mannschaft­en stehen bei Haffa besonders hoch im Kurs: „Frankreich ist der TopFavorit. Aber auch Dänemark muss man auf der Rechnung haben.“Er freut sich, dass die HandballWM im öffentlich­en Fernsehen übertragen wird. „Da können wir richtig Werbung für unseren Sport machen und zeigen, dass der Handball temporeich und rasant ist. Bei einem erfolgreic­hen Verlauf können wir viele neue Freunde finden.“

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FOTO: DPA/SOEREN STACHE Geglückter Start in die Handball-Weltmeiste­rschaft: Die deutschen Spieler nach dem 30:19-Auftaktsie­g gegen Korea.
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FOTO: HKB Holger Hafner
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FOTO: ARCH/HKB Gunter Haffa
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