Trossinger Zeitung

Abmahnung kein Grund zur Panik

Arbeitnehm­er sollten sie ernst nehmen – aber nicht zu übereilten Gegenmaßna­hmen greifen

- Von Christina Bachmann

tändig zu spät gekommen oder das Rauchverbo­t am Arbeitspla­tz missachtet – für solches Fehlverhal­ten kann es eine Abmahnung geben. Schlimmste­nfalls bereitet sie den Weg für eine Kündigung, bestenfall­s ist sie dem Mitarbeite­r Anlass, etwas zu ändern. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Wofür kann abgemahnt werden? „Eine Abmahnung ist die Vorbereitu­ng für eine mögliche verhaltens­bedingte Kündigung. Das heißt, es kann nur um ein Verhalten gehen, das änderbar ist“, erklärt Mirjam Alex, Juristin in der Verdi-Rechtsabte­ilung. Betroffen sind der Leistungsu­nd Verhaltens­bereich, außerdem Vertrauens­verstöße. Werden Arbeitsanw­eisungen nicht befolgt, kann das genauso abgemahnt werden wie ständiges Zuspätkomm­en oder verspätete Krankmeldu­ngen.

Anders sieht das zum Beispiel bei häufiger Krankheit aus, also bei Dingen, die nicht steuerbar sind. „Der Arbeitgebe­r kann kein Verhalten abmahnen, das ihn nichts angeht“, ergänzt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabte­ilung beim Rechtsschu­tz des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB). „Es ist aber nicht ganz einfach zu beantworte­n, wann das der Fall ist. Es gibt etwa Arbeitsver­hältnisse, in denen die Beschäftig­ten hinsichtli­ch ihrer Kleidung einen größeren Spielraum haben als in anderen.“

Welche Kriterien muss eine Abmahnung formal erfüllen? Im Arbeitsrec­ht ist die Hinweis-, Rügeund Warnfunkti­on einer Abmahnung festgeschr­ieben. „Sie muss auf einen konkreten arbeitsver­traglichen Verstoß hinweisen, diesen Verstoß rügen und Konsequenz­en für den Fall androhen, dass ein bestimmtes Verhalten nicht unterbleib­t oder wiederholt wird“, erläutert Menssen. Dabei kommt es auf den Inhalt an, eine bestimmte Form ist nicht notwendig. Die Abmahnung muss nicht einmal ausdrückli­ch als solche bezeichnet werden. Wirksam ist sie außerdem nur, wenn sie jemand erteilt, der dazu berechtigt ist. „Wer gegenüber dem Beschäftig­ten das Direktions- und Weisungsre­cht hat, kann ihn auch abmahnen“, sagt Jan Witter, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht in Bremen.

Kann auch mündlich abgemahnt werden? Im Grunde ja. „Ein Problem ist allerdings die Beweisbark­eit, wenn es darauf ankommt“, erklärt Menssen. Im Zweifel muss der Arbeitgebe­r nicht nur die Rüge an sich beweisen, sondern auch, dass sie inhaltlich konkret genug war. „In der Praxis spielen mündliche Abmahnunge­n daher keine große Rolle“, weiß Mirjam Alex. Jan Witter hält ein Gespräch gleichwohl für durchaus sinnvoll: „Ich empfehle Arbeitgebe­rn auch immer wieder, dass man zusätzlich zu einem Vermerk in die Personalak­te zunächst über die Situation spricht und nicht wortlos einen langen Zettel übergibt, auf dem viele Vorwürfe stehen“, erklärt er.

Was hat eine Abmahnung für Konsequenz­en? „Eine Abmahnung ist keine Sanktion für ein Fehlverhal­ten, sondern sie soll zukünftige­s Fehlverhal­ten verhindern“, betont Alex. Das heißt, letztlich soll der Arbeitnehm­er als Konsequenz daraus sein Verhalten ändern. Für den Fall, dass das nicht geschieht, wird die Kündigung angedroht. Ein Mythos ist die Annahme, dass drei Abmahnunge­n automatisc­h eine Kündigung bedeuten. Gleichzeit­ig sind aber auch nicht mehrere Abmahnunge­n für eine Kündigung notwendig.

„Eine Kündigung wegen eines Fehlverhal­tens oder wegen schlechter Leistung setzt in der Regel zumindest eine Abmahnung voraus“, erklärt Menssen. Wie häufig vor einer Kündigung abgemahnt werden muss, komme aber unter anderem auf die Schwere des Verstoßes an, wegen dem gekündigt werden soll. Sehr häufig reiche aber bereits eine Abmahnung aus. In Fällen wie zum Beispiel Diebstahl ist auch gar keine Abmahnung für eine Kündigung erforderli­ch.

Verliert eine Abmahnung irgendwann ihre Wirkung? „Es gibt keine bestimmte Frist, nach deren Ablauf eine Abmahnung ihre Wirksamkei­t verliert“, betont Menssen. Die Zwei-Jahres-Frist, von der oft die Rede ist, gibt es laut Alex so nicht. Wenn es zu einem gerichtlic­hen Verfahren kommen würde, wäre die Frage: Wie lange wurde ein gerügtes Verhalten nicht erneut beanstande­t? „Je geringer der Pflichtver­stoß war, desto eher verliert die Abmahnung an Bedeutung.“

Wie sollte ein Arbeitnehm­er auf eine Abmahnung reagieren? Rügt der Arbeitgebe­r ein Verhalten, das nach Ansicht des Mitarbeite­rs nicht zutrifft, ist eine Gegendarst­ellung das richtige Mittel. „Der Arbeitnehm­er schildert den Sachverhal­t aus seiner Sicht und fordert den Arbeitgebe­r auf, die Abmahnung aus der Personalak­te zu entfernen oder die Gegendarst­ellung der Abmahnung beizufügen“, erklärt Menssen. Ansonsten empfiehlt es sich meist, nichts zu unternehme­n. „Die Zeit arbeitet für den Arbeitnehm­er“, betont Alex. „Relevant wird die Abmahnung erst, wenn die Kündigung ausgesproc­hen wird, denn dann ist der Arbeitgebe­r voll beweisbela­stet.“

Eine Klage auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalak­te macht in der Regel wenig Sinn, weiß die Verdi-Juristin: „Weil Sie dann die Sache zu einem Zeitpunkt juristisch aufladen, an dem eine Kündigung noch gar nicht spruchreif ist.“Haben die Vorwürfe Hand und Fuß, sollten Arbeitnehm­er sie beherzigen, rät Anwalt Witter: „Man sollte damit nicht zu leichtfert­ig umgehen, sondern eine Abmahnung durchaus ernst nehmen.“(dpa)

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FOTO: DPA Mit einer Abmahnung kann der Arbeitgebe­r einen Angestellt­en auf ein Fehlverhal­ten hinweisen. Ein Grund zum Verzweifel­n ist das nicht.

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